Für das ich mich jahrelang vor dem Autofahren sträubte und schon Tage vor einer anstehenden Autofahrt kaum ein Auge zu tun konnte, war ich dieses Jahr verdächtig oft hinter dem Steuer. Doch wie sagt man so schön. Übung macht den Meistern. Nachdem ich den schneebedeckten Icefields Parkway sowie die Kurven auf Mallorca, Madeira und auf den Schweizer Passstrassen bravourös gemeistert hatte, standen Ende Oktober die andalusischen Strassen auf dem Fahrtenprogramm. Wir hatten insgesamt fünf Tage Zeit und orientierten uns bei der Routenplanung an der «Ruta de los Pueblos Blancos». Wettertechnisch präsentierte sich Andalusien während dieser fünf Tage von seiner wechselhaften Seite und überraschte uns auf der Autobahn mit Windböen und sintflutartigen Regengüssen. Abgesehen davon geizte Andalusien nicht mit landschaftlichen und architektonischen Reizen.
Tag 1: Malaga – Frigiliana – Granada
Der erste Roadtrip-Tag startete am Flughafen Malaga. Von dort folgten wir der Küstenstrasse Richtung Almeria und durchquerten das Gebiet der Axarquía. Kurz vor Nerja machten wir einen Abstecher ins hügelige Hinterland und stoppten in Frigiliana. Das Dorf wurde bereits mehrfach als «schönstes Dorf Andalusiens» ausgezeichnet. Obwohl es nicht zu den sogenannten «Pueblos Blancos» der Provinzen Cádiz und Málaga gehört, war es für mich das entzückendste aller weisser Dörfer, die wir während dieser fünf Tagen angesteuert haben; unfair für alle anderen Dörfer. Denn wer über das Kopfsteinpflaster schlendert und die picobello herausgeputzten weissgetünchten Häuser, grünen Buchsbäumchen und leuchtend blauen Fensterläden von Frigiliana als Massstab nimmt, setzt die Anforderungen hoch.
Den zweiten geplanten Stopp in Nerja kippten wir aufgrund Strassenumleitung und verfehltem Parkplatz kurzerhand über Bord. Dafür genossen wir auf der Strecke von Motril nach Granada den Blick auf die schneebedeckte Sierra Nevada.
Tag 2: Granada
Am zweiten Reisetag blieb das Auto in der Tiefgarage versorgt. Wer die Alhambra in Granada besuchen möchte, sollte sich für die Stadt einen vollen Tag Zeit nehmen.
Tag 3: Granada – Alhama de Granada – Ronda
Statt auf der A-92 schnurstracks Richtung Antequerra und von dort weiter nach Ronda weiter zu fahren, liessen wir uns am dritten Reisetag genügend Zeit und wählten getreu dem Motto «der Weg ist das Ziel» eine wenig frequentierte Überlandstrasse in Richtung Alhama de Granada. Mit Blick auf weite Felder, Olivenhaine und Stauseen gestaltete sich die Fahrt kurzweilig und gegen 11:00 Uhr erreichten wir die Kleinstadt Alhama de Granada gerade pünktlich für einen Espresso auf dem Dorfplatz inklusive kurzem Rundgang durch den Dorfkern. Ein authentisches Dorf mit einer wunderschönen Kirche und hübschen Plätzen.
An Klischees mangelte es auf dieser Strecke nicht. Serpentinen, dass es mir beinahe schwindlig wurde. Eine Ziegenherde, die den Verkehr zum Erlahmen brachte und drängelnde Autofahrer, die halsbrecherische Überholmanöver wagten. Ursprünglich wollten wir noch beim Caminito del Rey stoppen. Der bekannte Weg wurde restauriert und ist nun wieder für Besucher geöffnet. In Anbetracht der fortgeschrittenen Zeit und einem knurrenden Magen, der nach einer Mittagspause verlangte, fuhren wir schnurstracks nach Ronda durch, wo mich der Freund kurzerhand einmal quer durch die Kleinstadt lotste.
Die Sache mit den Parkplätzen brachte mich in Andalusien mehr als einmal an den Rand der Verzweiflung. Die Gassen sind eng und in einem verwinkelten Einbahnsystem angeordnet. Ich befürchtete, irgendwo stecken zu bleiben und nie mehr aus dem Strassenlabyrinth herauszufinden. Mit Ronda versöhnte ich mich aber schnell. Bei der beeindruckenden Kulisse der Puente Nuevo hoch über dem Tajo und den kulinarischen Kunstwerken von De Locos Tapas (Plazuela Arquitecto Francisco Pons Sorolla, 7) war das nicht weiter schwer. Was ihr in dieser Tapas Bar aufgetischt bekommt, kann locker mit jedem Gourmet-Restaurant mithalten.
Tag 4: Ronda – Zahara – Vejer de la Frontera
Am dritten Abend unserer Reise übernachteten wir in der Nähe von Ronda im traumhaften Hotel «La Fuente de la Higuera». Das Hotel befindet sich an Hanglage in einer alten Ölmühle. Genau mein Geschmack und jammerschade, dass wir uns hier nicht gleich für eine Woche Urlaub einquartierten. Kurz bedauerte ich, dass ich bei der Reiseplanung dem Faulenzen im Liegestuhl zu wenig Beachtung geschenkt hatte. Doch das war schnell wieder vergessen. Der vierte Reisetag stand im Zeichen der weissen Dörfer und führte uns quer durch den Parque Natural Sierra de Grazalema. Wir stoppten in Grazalema, Zahara de la Sierra und Arcos de la Frontera und flanierten durch die ursprünglichen Gassen. Hätten wir nicht jede Ortschaft heimlich mit Frigiliana verglichen, hätte jede die Bezeichnung «Bijou» verdient.
Kurz vor Jerez de la Frontera empfing uns eine fiese Wetterfront mit dunklen Wolken. Wir wagten dennoch einen Abstecher nach Bonanza. Ich hatte nämlich im Reiseführer gelesen, dass uns an der Mündung des Rio Guadalquivir eine ganz besondere Stimmung empfangen würde. Vielleicht lag es am Wetter, vielleicht haben wir den richtigen Fleck verpasst… ich bin auf jeden Fall mit diesem Ort nicht warm geworden. Ebenfalls wenig begeistern konnte uns Cadiz. Die Einfallsachse erinnert an einen amerikanischen Boulevard und in puncto Restaurant erlebten wir den Reinfall par excellence. Man wüsste ja eigentlich, dass Restaurants an Touristenorten, zum Beispiel direkt vor der Kathedrale, zu meiden wären. Doch tja, – der knurrende Magen verleitete uns zu leichtsinnigem Handeln und die Bar Terraza zog uns so richtig über den Tisch. Total überteuerte Tapas in schlechter Qualität. Was für eine Enttäuschung!
Es dauerte jedoch nicht lange, bis wir uns wieder mit den andalusischen Restaurants versöhnt hatten. In unserem Etappenziel Vejer de la Frontera wurden zwar meine Nerven einmal mehr bei der Fahrt durch das enge Gassengewirr strapaziert, dafür entspannten wir uns bei einem guten Glas Wein und lokaler Küche im Restaurant Valvatida (Juan Relinque, 3). Vejer de la Frontera gilt als heimliche Foodie-Hochburg Andalusiens. Die Dichte an guten, innovativen Restaurants ist für einen solch kleinen Ort erstaunlich hoch. Wer sich nicht entscheiden kann, der steuert einfach den «Mercado» auf dem Plaza San Francisco an. Hier gibt es verschiedene Essensstände, die im typischen Street-Food Style leckere, preiswerte Gerichte anbieten.
Tag 5: Vejer de la Frontera – Tarifa – Malaga
Wäre das Wetter am letzten Tag freundlicher gewesen, hätten wir auf der letzten Etappe zurück nach Malaga wohl noch öfters gestoppt. Direkt vor Vejer de la Frontera gibt es einsame Strände, Tarifa ist für seine Surfer bekannt und Marbella gilt als das Saint-Tropez Spaniens. Doch Regen und Wind tauchten die Landschaft in ein Einheitsgrau uns so fuhren wir mit Ausnahme eines Stopps am Strand von Tarifa direkt nach Malaga zurück.
Andalusien Roadtrip Tipps:
Andalusien ist gross. Ich neigte zu Beginn der Reiseplanung dazu, die Distanzen zu unterschätzen und zu viel ins Tagesprogramm reinzupacken. Lieber zwei, drei Stopps rauspicken und dafür entspannt Reisen. Es lohnt sich, die Routen über Überlandstrassen zu planen. Landschaftlich sind diese reizvoller, als die schnurgerade verlaufenden Autobahnen. Auf den kurvenreichen Strassen ist man aber selten schneller als 50km/h unterwegs – das sollte in der Zeitplanung berücksichtigt werden. Parkleitsysteme fehlen in vielen Ortschaften. Wer möglichst nah an eine Sehenswürdigkeit heranfahren möchte, findet sich eventuell in einer Sackgasse wieder. Deshalb die Augen offenhalten, und den Tiefgaragen-Zeichen folgen.
Das Auto hatte ich bei Europcar gemietet – bereits zum dritten Mal in diesem Jahr. Meine Sympathie für Europcar beruht auf deren Buchungsseite, die für Automatik-Bucher wie mich freundlich gestaltet ist (bei Avis zum Beispiel kann ich nicht einfach nach Automatik sortieren, sondern muss direkt den Automatik-Typ auswählen). Meine Erfahrung in Mallorca hat aber auch gezeigt, dass man am Ende einer Reise die Kreditkartenabrechnungen im Auge behalten sollte. Mir haben sie damals das Buchungsgeld doppelt abgezogen und es ging ewig, bis das fälschlicherweise abgebuchte Geld wieder zurück auf meinem Konto war.
Unsere Reise endete übrigens unerwarteter Weise auf dem Jumpseat im Cockpit mit freiem Blick auf das Alpenpanorama. Das Leben hält halt immer mal wieder eine Überraschung bereit.
ach ich liebe andalusien so sehr, danke für deine schönen eindrücke und tollen bilder – da will ich gleich wieder hin…
die straßen mit plötzlich aufkommender nebelfront in der serrania de ronda haben mir auch schon einige schrecken eingejagt..aber die weißen dorfer und gässchen zu fuß zu erkunden entschädigt auch!
Andalusien ist einfach der hammer. Sevilla und Cordoba empfehle ich natürlich auch noch, aber das war nicht auf Eurer Route. In Granada hab ich einen Monat Spanisch gelernt. Ich vermisse diese Stadt je länger ich nicht dort bin umso mehr. Gracias
Wow, was für tolle Fotos! :) Bin am überlegen, ob ich im Februar 5 Wochen durch Südspanien & Portugal reise, oder auf den Kanaren Inselhopping mache, da passt dein Beitrag grad toll! ;) Magst du mir verraten, mit was für einem Objektiv die Fotos entstanden sind? Die sind ja wunderwunderwunderschön! Hut ab! :) Landschaftsfotografie fällt mir schwer, hoffentlich nicht mehr lange! :D Liebe Grüße, Phine
Danke dir! Die Bilder im Beitrag sind zum Teil mit einem Sony Zeiss 35mm f1.4 sowie Canon EF 24-105mm f4 / Canon EF 17-40mm f4 gemacht, da wir mit zwei verschiedenen Kameras unterwegs waren :)
Ganz tolle Bilder! Und auch ein sehr schöne Ecke Spaniens – auch wenn du um Sevilla anscheinend einen Bogen gemacht hast ;)
Dankeschön :) bei fünf Reisetagen waren wir gezwungen, zu selektieren. Und da ist diesmal Sevilla und Cordoba über die Klippe gesprungen. Aber das nördliche Andalusien werden wir bestimmt auch noch eines Tages bereisen.
Wunderschöne Impressionen! Da würde ich am liebsten sofort den Koffer packen und in den nächsten Flieger steigen. ❤
Hallo, erst mal vielen vielen Dank für den tollen Bericht und die Tipps! Eine Frage hätte ich: Ich würde gerne dieses Jahr noch einen Roadtrip durch Andalusien machen, jedoch würd’s aufgrund Arbeit/Krankheit/… erst Ende Oktober eher Anfang November klappen. Ist es so spät noch zu empfehlen? Wie ist es dann mit dem Wetter in dieser Gegend? Und kann man sich noch alles anschauen? Vielen Lieben Dank und schöne Grüße
Es wird in dieser Zeit sicher ruhiger sein, als die Monate zuvor und eventuell werden einige Restaurants geschlossen sein oder angepasste Öffnungszeiten haben. Das Wetter hält sich im Herbst meist ziemlich gut und auch im November sind T-Shirt-Tage nicht rar (es kann aber auch mal stürmisch sein).
Sehr spannender Blogbeitrag mit top Bildern. In welchem Dorf wurde das Headerbild aufgenommen?
Hoi Mia danke für deinen Kommentar – das Titelbild zeigt Zahara de la Sierra :)
Super, danke für die Info :)