Vor mir taucht ein Schild auf: „Scenic Road to Alaska“, links abbiegen. Einen kurzen Moment zögere ich. Das wär’s jetzt. Den Blinker tätigen, in Richtung Alaska abbiegen und noch viele weitere Stunden durch die faszinierende Landschaft der kanadischen Rockies weiterzufahren. Doch die Vernunft siegt und ich bleibe auf dem Highway, der mich 300 Kilometer später am Flughafen Edmonton ausspuckt. Aus, Ende, vorbei. Jedes Abenteuer hat ein Ende. So auch mein winterlicher Roadtrip von Skigebiet zu Skigebiet quer durch Alberta. Am Anfang meiner Reise konnte ich mir nicht vorstellen, dass es zwischen Europäischen und Nordamerikanischen Skigebieten so frappante Unterschiede geben könnte. Damit ihr euch für eure Skiferien in Alberta vorbereiten könnt, habe ich mir fleissig alle Besonderheiten und Tipps von unterwegs notiert. Mit dieser Checkliste seid ihr garantiert bestens gerüstet für euren Wintertrip nach Alberta.
Für die Skiferien packen
Kalt ist nur der Vornamen. Im Januar und Februar sind Minustemperaturen um die -15° Grad an der Tagesordnung. Im Gegensatz zu unseren Skigebieten ist man in den kanadischen Rockies diesem Wetter gnadenlos ausgeliefert. Wetterhauben und Sitzheizung sucht man hier (noch) vergeblich. All diejenigen, die zwischendurch gerne kurz aufgewärmt werden, sind ab nächstem Winter in Sunshine Village gut aufgehoben. Dort wird nämlich Alberta’s erster Sessellift mit Sitzheizung zum Einsatz kommen.
Wichtigster Tipp: keine neuen Winterkleider vor der Reise kaufen. Lieber einen Tag früher nach Banff reisen und sich dort in den vielen Outdoorgeschäften zu einem Bruchteil der Schweizer Preise mit warmen Outdoorkleidern eindecken.
Ich selbst habe für das Skifahren folgende Ausrüstung in meinen Koffer eingepackt:
- Skihose und Skijacke (mit PrimaLoft Wärmeisolation)
- Leggings und Langarm-Shirt von Icebreaker
- Kapuzenjacke von Icebreaker
- Fausthandschuhe mit Innenhandschuhen
- Buff
- Skisocken aus Merino Wolle
- Skihelm
- Skibrille und Sonnenbrille
Die Skier und Skischuhe habe ich zu Hause gelassen und vor Ort (in Banff bei Ski Hub und Marmot Basin direkt an der Talstation gemietet). Selbstverständlich könnte man auch die eigene Skiausrüstung mitnehmen. Wenn man sein gesamtes Gepäck in den Skisack packt und der nicht über 23 kg wiegt, muss in der Regel auch kein Aufpreis bezahlt werden. Trotzdem ist es ziemlich mühsam. Essenziell erscheint mir, dass man in Schichten denkt und dementsprechend packt. Ich persönlich bin bei kalten Temperaturen ein grosser Fan der Icebreaker Funktionsunterwäsche.
Für die Tagesmiete von Skiern und Skischuhe muss rund 40 CAD pro Tag eingerechnet werden. Es können vor Ort auch Helme (rund 10 CAD pro Tag), Skihosen und Skijacken gemietet werden. Mir ist da dann aber meine eigene bewährte Ausrüstung definitiv lieber – zumindest wenn ich mehr als ein Tag auf der Piste bin.
Die Skigebiete in Alberta
Alberta hat insgesamt 23 Skigebiete, wobei die Mehrheit darunter Mini-Skigebiete sind und zwischen 5 bis 10 Pistenkilometern im Angebot haben. Die beliebtesten und grössten Skigebiete befinden sich im Banff und Jasper Nationalpark und sind gut miteinander kombinierbar. Während meines Roadtrips habe ich die „Ski Big 3“ im Banff Nationalpark besucht und das etwas isoliertere Marmot Basin bei Jasper. Unter „Ski Big 3“ sind die drei Skigebiet Mout Norquay, Lake Louise und Sunshine Village vereint. Wer alle drei Skigebiete besuchen möchte, der kauft sich idealerweise ein Mehrtagesskipass der Region. Zur Auswahl stehen unter anderen „3 out of 4 Days“ für 261 CAD oder „4 out of 5 Days“ für 344 CAD.
Mount Norquay ist das Kleinste unter den drei Skigebieten im Banff Nationalpark und liegt nur 15 Minuten von Banff entfernt. Trotz seiner Kleinheit sollte man das Skigebiet nicht unterschätzen. Der North America Chairlift erschliesst ultra steile Hänge mit Buckelpisten, die selbst Profis herausfordern. Meine Empfehlung: Bei Neuschnee früh morgens nach Mount Norquay fahren und gegen den frühen Nachmittag frisch und munter nach Banff zurückkehren, um dort gemütlich zu shoppen oder in den Hot Springs zu relaxen.
Mehr als 100 Pistenkilometern bieten Sunshine Village und Lake Louise. Sunshine Village wirbt dabei mit Kanadas bestem Schnee – bis zu 9 m Pulverschnee gibt’s hier jeweils pro Saison – und Lake Louise zieht aufgrund seiner Bekanntheit als Ski World Cup Austragungsort Gäste aus aller Welt an. Snowboarder bevorzugen tendenziell Lake Louise, aufgrund des steileren Terrains. Freeskier dagegen werden in Sunshine Village auf der Delirium Dive das ultimative Schneevergnügen erleben. Mir persönlich hat Sunshine etwas besser gefallen. Das liegt aber vielleicht auch daran, dass dort zwei Tage – Nomen et Omen – nonstop die Sonne vom Himmel gestrahlt hat.
Marmot Basin liegt 230 Kilometer nördlich von Lake Louise im Jasper Nationalpark. Dieses Skigebiet trumpft mit breiten, leeren Pisten und einer schönen Aussicht auf die umliegenden Berggipfel. Mein persönlicher Favorit unter den vier Destinationen, die ich besucht habe.
Double Black Diamond und andere Fallen
Per Shuttle von Skigebiet zu Skigebiet
Das Ski Big 3 Skiticket inkludiert die kostenlose Mitfahrt im Ski Shuttle zwischen Banff, Mount Norquay, Sunshine Village und Lake Louise. Je nach Skigebiet gibt’s vormittags zwischen drei bis fünf Abfahrtszeiten in Banff und am Nachmittag analog drei bis fünf Busse zurück in Richtung Banff. Das bedeutet, man braucht nicht zwingend ein eigenes Auto. Wer mit dem Mietwagen unterwegs ist, der muss mit einem Parks Canada Pass ausgestattet sein (es wird kontrolliert). Die Parkplätze bei den Skigebieten können kostenlos benützt werden.
Die Lifttickets
«Waiver» ein ganz wichtiges Wort in Kanada. Wer ein Liftticket kauft, der muss gleichzeitig auch eine sogenannte Verzichtserklärung ausfüllen. Ich unterschreibe, dass ich Kenntnis davon habe, dass Skifahren gewisse Risiken beinhaltet und man allenfalls dabei sterben könnte. Ähm ja. Ich bin mir das zwar durchaus bewusst, aber wenn man seine Unterschrift unter so ein Dokument setzen muss, regt das schon kurz zum Nachdenken an.
Eine weitere Challenge: die Befestigung des Lifttickets an meiner Skijacke. Beim allerersten Mal stelle ich mich so ungeschickt an, dass mir eine Mitarbeiterin helfen muss. Die Klebefolie will nämlich nicht so wie ich. Magnetische Keycards sucht man hier vergeblich. Scheinbar gab’s die früher mal aber sie führten zu Problemen, weil sie zu oft weiterverkauft wurden. Drehkreuze hat es übrigens auch nicht. Die Skitickets werden per Handarbeit von den „Lifties“ gescannt.
Die Sessellifte
„Wie das hat’s keine Fussstützen?“. Im ersten Moment war ich irritiert, ab den relativ bescheiden ausgebauten Sesselliften. Bei uns würde man das abschätzig als „alt“ bezeichnen. In Kanada dagegen finden Sie es komisch, dass wir bei uns so viel Wert auf für sie unnütze Details wie Fussstützen legen. Bei der Infrastruktur wurde bisher auf teure Ausbauten verzichtet. Hauptsache, der Lift fährt zuverlässig auf den Berg hoch.
Die Pistenbezeichnung
Es gibt grüne (Anfänger), blaue (Fortgeschrittene), schwarze (Experten) und sogenannte Double Black Diamond (Pro) Pisten. Auffällig ist, dass schwarze Pisten meist Synonym zu Buckelpisten verwendet werden. Da man in der Schweiz nur selten auf Buckelpisten stösst, bin ich ziemlich ungeübt, diese elegant zu meistern. Deshalb sind für mich die schwarzen Pisten in Alberta definitiv schwieriger zu fahren, als diejenigen schwarzen Pisten, die ich von der Schweiz und Österreich kenne. Nehmt euch bei Ticketkauf auch einen Pistenplan mit und schaut zwischendurch drauf. Es gibt Skigebiete mit Sesselliften, die ausschliesslich Expertengebiet erschliessen und so kann es passieren, dass man plötzlich eine Buckelpiste schlichtweg runter muss, weil es keine andere Alternative gibt. Wer ohne Pistenplan unterwegs ist, findet die entsprechenden Informationen bei fast jeder Bergstation auf einer grossen Übersichtstafel.
Ein weiterer Unterschied zu unserem Pistensystem ist, dass innerhalb der Ski area boundaries – ein Zaun, der das kontrollierte Skigebiet vom unkontrollierten Backcountry trennt – alles befahren werden darf. Es gibt keine Wildschutzzonen. Jede Strecke, auch solche durch dichte Waldabschnitte, darf befahren werden. Gerade für die Variantenfahrer ein wahres Mekka!
Wild versus Gepflegt
Bei uns wird von den Pistenfahrzeugen durch die Nacht alles platt gewalzt. Der Gast soll am nächsten Tag wieder auf picobello präparierten Pisten unterwegs sein dürfen. „Wenn wir das bei uns machen würden, dann gäbe das ein riesen Gezeter“, mein Jason Connell, Director of Sales in Lake Louise. In Alberta wird über die Nacht jeweils nur ein Teil der Pisten mit Pistenfahrzeugen präpariert. Jeden Morgen gibt’s in den Skigebieten eine Info, welche Pisten geräumt sind und wo der frische Pulverschnee unangetastet blieb. Für mich eine dieser Besonderheiten, die das Skifahren in Alberta so speziell machen. Die Qualität liegt hier darin, dass eben gerade nicht so viel gemacht wird und so einen Hauch Abenteuergeist und Herausforderungen bewahrt werden.
Natur Pur
Gipfelrestaurants und Alphütten sucht man in den Nationalpärken vergeblich. Rund um die Pisten besteht Wald, soweit das Auge reicht. Sunshine Village ist das einzige Skigebiet innerhalb des Banff Nationalparks, wo man direkt am Pistenrand übernachten kann. Ansonsten befinden sich die Lodges mit Restaurants und Toiletten im unmittelbaren Bereich der Talstationen.
Wer sollte unbedingt Skiferien in Kanada machen?
Die Schneefreaks unter euch, die sich auf den europäischen Pisten unterfordert fühlen und gerne abseits der Pisten unterwegs sind. Selbstverständlich kann auch jeder Pistenskifahrer Skiferien in Kanada machen – ich bin ja schliesslich auch einer. Doch der grosse Unterschied zwischen den Skigebieten in den Alpen und denjenigen in den Rocky Mountains zeigt sich in der Pistenvielfalt, dem grösseren Angebot an schwierigen Pisten, den gesicherten Backcountry Abfahrten und der Möglichkeit zwischen präparierten und unpräparierten Pisten auszuwählen.
Diese Reise wurde von Travel Alberta und Canusa unterstützt – vielen Dank hierfür! Meine Leser dürfen wie immer sicher sein, dass ich stets meine Ansichten und Begeisterung vertrete.
Jetzt da ich aus eigener Erfahrung, mit schlechteren Wetterverhältnissen, berichten kann wie Banff, Sunshine-Village und Lake Louise sind habe ich deinen Bericht nochmals angeschaut :)
Mein Tipp: Mit dem Flieger nach Calgary, Automiete in Calgary und im SportsRent noch in Calgary die Wintersportausrüstung zu mieten. 30CAD pro Tag und eine grosse Auswahl.
Übernachten in Banff und von dort aus in die Skigebiete lohnt sich definitiv. Lake Louise ist lockere 45 Minuten entfernt und früh aufstehen für einen guten Parkplatz lohnt sich übrigens bei allen Skigebieten.
In Sunshine und Lake Louise ist mir aufgefallen, dass ab jedem Lift ein vielfaches an Varianten zur Talfahrt zur Auswahl gegenüber in Schweizer Skigebieten. In Lake Louise waren aber häufiger unsichere resp. Anfänger-Fahrer auf den einfachen und mittelschweren Pisten unterwegs. In Sunshine waren überaus mehr gute Fahrer anzutreffen.
In beiden Orten ist es ein einfaches Kanadier über die Pistenverhältnisse oder wo man beginnen soll mit dem Fahren zu fragen. Die Kanadier helfen gerne und sind ein überaus freundliches und höfliches Volk.