Erster Stopp Banff. Nach einer quasi schlaflosen Nacht – Jetlag sei Dank – in Calgary mache ich mich mit der einsetzenden Dämmerung auf den Weg in Richtung Banff-Nationalpark. Interessant zu wissen ist, dass dieser Nationalpark 1885 aufgrund der Entdeckung von heissen Quellen im Zuge des Baus der Canadian Pacific Railway gegründet wurde und damit der älteste Nationalpark Kanadas ist. Für die knappen 125 Kilometer von Banff nach Calgary benötige ich rund 1.5 Stunden. Zwischenzeitlich bedaure ich, dass ich ohne Co-Pilot unterwegs bin, denn die Kulisse der sich im Licht der Morgensonne vor mir auftürmenden Rocky Mountains wäre schon das eine oder andere Bild wert. Leider gibt es entlang dieses Teilstücks des Trans-Canada-Highways nur wenige Raststellen und so entscheide ich mich zugunsten der Verkehrssicherheit gegen ein Experimentieren mit der Kamera. Kurz nach Canmore, das übrigens auch einen Stopp wert ist, beginnt der Nationalpark. Wer hinein will, der muss zuerst ein „Eintrittsticket“ lösen. Pro Erwachsener und Tag kostet das 9.80 Kanadische Dollars (CAD). Wer länger als sechs Tage im Park unterwegs ist, löst ein sogenannter Annual Discovery Pass (67.70 CAD). Dieser inkludiert den Eintritt zu insgesamt 27 Nationalparks und 77 sogenannten National Historic Sites. Banff selbst ist die grösste Ortschaft innerhalb des Banff-Nationalparks und darf sich selbst seit 1990 Kleinstadt „town“ nennen. Als Hauptstrasse führt die Banff Avenue mit dem mächtigen Cascade Mountain im Hintergrund durch die Kleinstadt.
Aktiv im Schnee
Banff ist nicht nur im Sommer ein Touristenmagnet, sondern zieht auch im Winter Outdoorfans aus aller Welt an. Die Kleinstadt ist ein idealer Ausgangspunkt, um die zahlreichen Wintersportaktivitäten und die drei Skigebiete im Banff-Nationalpark – Ski Big 3 – zu erkunden. Mein Aufenthalt überschneidet sich mit der sogenannten Reading Week, die kanadische Version von Spring Break und dementsprechend wimmelt es in Banff von jungen Leuten. Gute Stimmung garantiert.
Sulphur Mountain – Spazieren mit Aussicht
Um eine Gesamtschau über die Region zu bekommen, steure ich als erstes die Banff Gondola an, die sich etwas oberhalb der Stadt befindet. In Banff kann man das eigene Auto übrigens getrost stehen lassen. Das öffentliche Verkehrssystem besteht hier aus hybrid betriebenen Bussen (roam banff local service), die alle wichtigen Sehenswürdigkeiten ansteuern. Eine Einzelfahrt kostet 2 CAD, das Tagesticket 5 CAD. Wer die Kanadischen Rockies im Winter besucht, profitiert massgeblich von den weit geringeren Besucherzahlen im Gegensatz zu den Sommermonaten. Muss man sich bei der Banff Gondola im Sommer durch zahlreiche Touristenmassen aus Tourbussen kämpfen, herrscht hier im Winter gähnende Leere. Von oben gibt’s einen tollen Ausblick über Banff, und das Bow Valley bis hin zum Minnewanka See.
Mount Norquay – das lokale Skigebiet
Nur 15 min von Banff entfernt befindet sich Mount Norquay, das kleinste Skigebiet von Ski Big 3. Wer ohne eigenes Auto unterwegs ist, erreicht das Skigebiet mit dem Skibus, der rund stündlich fährt. Das Skigebiet selbst ist mit insgesamt vier Sesselliften relativ klein und deshalb ideal geeignet, um den Morgen am Berg zu verbringen und den Nachmittag anderen Aktivitäten zu widmen. Speziell ist, dass in Mount Norquay die Pistenschwierigkeit an die Lifte gebunden ist. Das bedeutet rund um die beiden Lifte „Spirit“ und „Cascade“ befinden sich die Anfängerpisten. Der „Mystic Express“ erschliesst die Pisten für fortgeschrittene Skifahrer und der „North America Chairlift“ ist für Experten only. Nun ja, ich liess mich vom Schild mit exakt diesem Hinweis nicht abschrecken, da es von der Bergstation dieses Sessellifts die schönste Aussicht gibt, musste danach aber feststellen, dass vereiste Buckelpisten definitiv nicht zu meinen Stärken gehören. Nach einer gefühlten Ewigkeit und mit einer Style-Note weit unter Null, habe ich es aber immerhin heil hinunter geschafft. Der All Inclusive Tagespass kostet für Erwachsene 75 CAD, was ich für die Grösse des Skigebiets doch einen erheblichen Preis finde. Erwähnenswert ist jedoch, dass auch 2-, 3- und 4-Stunden Tickets für einen ermässigten Preis (2 Stunden ab 43 CAD) gelöst werden können. Im All Inclusive Pass ist Tubing inkludiert. Das auszuprobieren, kann ich auch nachdrücklich empfehlen. Macht super Spass. Jauchzfaktor hoch!
Johnston Canyon – Walking on ice
Der Johnston Canyon liegt am Bow Valley Highway nordwestlich von Banff. Den Canyon kann man entweder selbst erkunden (kostenlos) oder aber mit einem lokalen Touranbieter wie zum Beispiel Discover Banff Tours besuchen. Wichtig zu wissen ist, der Canyon ist im Winter vereist. Das bedeutet, gutes Schuhwerk inklusive Eisstollen sind Pflicht. Höhepunkte im Canyon sind die beiden gefrorenen Wasserfälle – lower und upper falls. Ich selbst war mit Discover Banff Tours unterwegs, wo wir zu elft mit einem Wanderguide die rund 3 km zu den upper falls hoch gewandert sind. Die Eisstollen werden hier direkt vom Touranbieter zur Verfügung gestellt und unterwegs erzählen die Guides lustige Anekdoten und interessante Facts zum Canyon. Für alle, die es gerne Extrem mögen: bei den 30 m hohen upper falls kann man auch Eisklettern. Entsprechende Touren werden ebenfalls angeboten.
Mit sechs Hundestärken durchs Spray Valley
Nicht alle Wintersportaktivitäten sind innerhalb des Nationalparks zugelassen. Heliskiing und Schneemobil-Touren kann man zum Beispiel nur ausserhalb vom Nationalpark machen. Hundeschlittenfahrten werden mehrheitlich in den Randgebieten zum Nationalpark durchgeführt. Ein beliebter Ort für Hundeschlittenfahrten ist das Spray Valley, das sich südlich von Banff bei Canmore befindet und den Status „Provincial Park“ hat. Das Tal erfreut sich grosser Beliebtheit als Kulisse für Hollywood-Filme. Brokeback Mountain wurde hier gefilmt und aktuell kann man auf der Fahrt zu den Seen einen Blick auf das Filmset von Leonardo DiCaprio’s „The Revenant“ erhaschen. Für mich selbst geht hier ein kleiner Traum in Erfüllung: Eine Hundeschlittenfahrt durch die verschneite Landschaft der Rockies. Was für ein Erlebnis! Aufgrund der für diese Jahreszeit ungewöhnlich warmen Temperaturen sind von den über 100 km Trails, die für solche Touren normalerweise zur Verfügung stehen nur gerade 10 km davon nutzbar. Spass macht es trotzdem. Den Huskys und mir! Die wissen nämlich ganz genau, wann es losgeht und auf das Kommando „Hike“ geht’s ab die Post. Während der Fahrt wollen die Hunde aber auch regelmässig motiviert werden und immer mal wieder dreht einer von ihnen den Kopf kritisch zu uns und wartet auf eine enthusiastisches „Good dog! Good puppie!“. Es gibt verschiedene Hundeschlittenanbieter. Ich selbst war für zwei Stunden mit Snowy Owl Sled Dog Tour unterwegs. Auf Twitter hat mir Martin zudem Mad Dog empfohlen.
Après-Ski Programm
Es lohnt sich, etwas „Freizeit“ für Banff selbst einzuplanen. Zum einen locken da die zahlreichen Outdoor-Shops entlang der Banff Avenue zum intensiven Kaufrausch. Ja keine Outdoorkleider kurz vorher in der Schweiz kaufen. Das schmerzt das Portemonnaie in Anbetracht der kanadischen Preise zu sehr. Um nur ein Beispiel zu nennen: Meine North Face Jacke, die ich mir anfangs Saison in Laax gekauft habe, hätte ich im The North Face Store an der Banff Avenue 50% günstiger haben können. Tja. Alberta hat im Gegensatz zu den anderen kanadischen Provinzen keine Provincial Sales Tax und so wird dem ausgeschilderten Preis nur 5% Goods and Service Tax draufgeschlagen. Schnäppchen sind hier also durchaus möglich.
Nebst Shopping gehört ein Besuch im Cave & Basin National Historic Site zum Pflichtprogramm. Das ist die Geburtsstätte der kanadischen Nationalparks. Hier haben Angestellte der Canadian Pacific Railway heisse Thermalquellen entdeckt, um die im Anschluss ein Nutzungskonflikt enstanden ist, der zur Gründung des Banff-Nationalparks geführt hat. Gebadet wird in der mit Schwefeldämpfen gefüllten Grotte nicht mehr, stattdessen wird auf interaktive Art und Weise die Geschichte und Entwicklung der kanadischen Nationalparks vermittelt.
Der Badetreffpunkt befindet sich heute unweit der Banff Gondola etwas oberhalb der Stadt in den Upper Hot Springs. Bei Einheimischen und Touristen gleichermassen beliebt – besonders nach einem klirrend kalten Wintertag. Aufgewärmt wird man im fast 40° heissen Wasser definitiv. Mir persönlich war es zu überfüllt und zu miefig. Die Infrastruktur ist irgendwo in den 60er Jahren stehen geblieben und könnte eine Auffrischung gebrauchen. Der Eintritt kostet für Erwachsene 7.30 CAD und Badetücher können für 1.90 CAD gemietet werden.
Einen Abstecher wert ist das Whyte Museum of the Canadian Rockies, das sich in Gehdistanz zur Banff Avenue befindet. Das Museum präsentiert in Wechselausstellungen fotografische Arbeiten über die Kanadischen Rockies und thematisiert die Geschichte der touristischen Entwicklung. Die aktuelle Ausstellung mit Bildern von Bryon Harmon über seine Expedition zum Columbia Icefield ist absolut sehenswert.
Postkarten Fotospots
Ihr möchtet die typischen Postkartenmotive selbst ablichten? Kein Problem. Folgende zwei Fotospots solltet ihr auf keinen Fall verpassen.
Bow River Trail
Der fotogenste Teil des Bow River Trails startet auf Höhe Banff Avenue Brücke. Kurz danach folgt eine Fussgängerbrücke über den Bow River, die aufgrund ihrer architektonischen Eingliederung in die Landschaft einen Preis erhalten hat. Wer dem Bow River Trail folgen möchte, der bleibt auf der nördlichen Uferseite und steigt nun entlang einer Klippe leicht aufwärts. Nach wenigen Minuten rückt das legendäre The Fairmont Banff Springs ins Blickfeld. Die Ursprünge des Hotels datieren zurück auf die Pionierarbeit des Eisenbahnbaus. Heutzutage geniesst das Hotel unter zahlreichen Promis einen beliebten Status. Zum Promi-watching am besten geeignet ist der Spa. Auch Leonardo DiCaprio nächtigt während den Dreharbeiten hier. Ein weiteres Highlight sind die Bow Falls, die sich ebenfalls auf Höhe des Banff Spring Hotels befinden.
Vermilion Lakes
Ein magischer Ort, besonders zu den Abendstunden, sind die Vermilion Lakes, die sich nordwestlich von Banff befinden. Mit dem Auto dauert die Fahrt keine fünf Minuten. Mit etwas Wetterglück können hier wunderschöne Spieglungen des imposanten Mount Rundle eingefangen werden. Gleichzeitig besteht auch die Chance, einen Elch oder Bär (in den Sommermonaten) zu erspähen.
Restaurants in Banff
Zu guter Letzt bleibt mir nur noch zu erwähnen, dass man in Banff auch ausgezeichnet speisen kann. Die meisten Restaurants befinden sich im Viereck zwischen Wolf, Bear, Caribou und Banff Street. Am späteren Nachmittag trifft sich die junge Garde gerne bei Eddie Burger + Bar. Nebst guten Burgers locken hier auch daily specials zu attraktiven Preisen. Ein weiterer Häppchen Hotspot ist The Block Kitchen + Bar. Mein Tipp hier: die Grilled Scallops. Die beste Pizza dagegen gibt’s in der Bear Street Tavern. Ich habe mir „The Bison“ bestellt und war hin und weg aber der Kombination mit Bisonfleisch und Edamame. Irritiert war die Dame neben mir, die mich doch tatsächlich fragte, wieso ich meine Pizza mit Gabel und Messer esse. Schwer beeindruckt flüsterte sie ihrem Freund zu «she’s from Switzerland and she eats Pizza with a fork and knife. It’s so classy». Ich muss jetzt noch grinsen. Wer lieber etwas gediegen essen möchte, der wählt gleich den Nebeneingang und landet im The Bison. Eines der besten Restaurants der Stadt.
Für einen kurzen Kaffeestopp zwischendurch schwören die Australier vor Ort (davon hat es viele) auf das Whitebark Café im Erdgeschoss der Banff Aspen Lodge. Für gefährlich gute Cheesecakes besucht man Evelyns Coffee Bar.
Übernachtet habe ich im Fox Hotel & Suites in rund 10 Minuten Gehdistanz zum Zentrum von Banff. Die Suites sind wie Ferienwohnungen mit Kochnische und Mikrowelle ausgestattet. Eine gute Ausgangslage, um entspannt in einen abenteuerlichen Tag zu starten.
Diese Reise wurde von Travel Alberta und Canusa unterstützt – vielen Dank hierfür! Meine Leser dürfen wie immer sicher sein, dass ich stets meine Ansichten und Begeisterung vertrete.
Hallo Anita,
Die Fotos sind so schön und die Landschaft einfach traumhaft! Ich möchte auch unbedingt mal nach Banff, und das, was du dort alles Schönes gemacht hast, unterstützt diesen Traum total! ;)
Liebe Grüße, Jean
Danke liebe Jean! Egal ob Sommer oder Winter – Banff ist auf jeden Fall eine Reise wert :)
Wunderbar! Was eine gigantische Kulisse! Vielen Dank fürs mitnehmen nach Alberta! Auch wenn ich irgendwann mich selbst einmal davon überzeugen muss ob es da so großartig ist wie es aussieht. Hihi. :-)
Dir noch eine tolle Reise!
Danke dir Heike :)
Atemberaubende Fotos und ein toller Artikel, danke :-)
Dankeschön!
Wow – toller Bericht und tolle Fotos. Danke! Da kommen bei mir viele Erinnerungen an schöne Urlaube in Kanada wieder hoch.
Falls Du noch etwas Zeit hast, hier noch zwei Tipps, die mir besonders gefallen haben:
Grotto Canyon: kleine Wanderung über einen zugefrorenen Bach in der Nähe von Canmore durch eine beeindruckende Schlucht mit kleinen prähistorischen Zeichnungen an den Felswänden und tollen Eisfällen (ähnlich Johnston Canyon)
Skoki Lodge: Ski- oder Schneeschuhtour zu einer ursprünglichen Berghütte mit fantastischem Essen und toller Atmosphäre, aber ohne Elektrizität (in der Nähe von Lake Louise). Das Gefühl in der echten Wildnis zu sein ist dort garantiert.
Viel Spaß noch in Kanada! Ich bin gespannt auf Deine weiteren Berichte.
Super, danke für deine Tipps!
Liebe Anita
Vielen herzlichen Dank für diesen ausführlichen Bericht. Da ich leider momentan kaum zum Reisen kommen, liebe ich es, deine Berichte zu lesen und dadurch in Gedanken in die Ferne zu reisen! Die Fotos sind natürlich auch einmal mehr HAMMER!
Herzlich, Kathrin
Merci Kathrin! Das freut mich :)
Ok. Jetzt nach dem anschauen der super Bilder bin ich erst richtig neidisch auf deinen Kanada-Skitrip :)