Turku befindet sich eigentlich auf dem absteigenden Ast. Einst grösste und wichtigste Stadt Finnlands, liegt sie heute abgeschlagen auf dem fünften Platz. Turku trumpft heute aber mit anderen schlagkräftigen Argumenten. Die Stadt ist wunderbar klein und fein, bietet ein reiches Kulturangebot und bildet das Tor zum schönsten Archipel der Welt (das behaupte ich jetzt einfach mal). Da ich grundsätzlich auf „Kleinstädte“ und Burgen stehe, konnte ich mir natürlich einen Besuch von Turku nicht einfach so entgehen lassen.
Gereist
Turku befindet sich rund 170 km nordwestlich von Helsinki im südwestlichsten Zipfel vom finnischen Festland. Wir sind in Finnland mit der Bahn herumgereist, da das Streckennetz zwischen den grösseren Städten top ausgebaut ist und man schnell von A nach B kommt. Auf der Webseite der finnischen Bahn findet man problemlos alle Informationen zu den Fahrzeiten und Ticketpreisen. Eigentlich könnte man das Ticket auch online kaufen, aber da wollten wir dann doch lieber auf Nummer sicher gehen und kauften es am Hauptbahnhof Helsinki direkt am Schalter. Das Ticket für die Strecke kostet rund 30 Euro (Hinweg). Je nach Tageszeit gibt es jedoch Preisunterschiede. Bei einem Ticketkauf werden automatisch und ohne Extrakosten Sitzplätze reserviert.
So lassen wir morgens um 9:00 Uhr Helsinki hinter uns und flitzen durch die finnische Landschaft. Viel sehen wir unterwegs jedoch leider nicht, da der zähe Grauschleier ab einer Distanz von über 20 Meter alles nur noch schummerig erscheinen lässt. Zwei Stunden später erreichen wir ausgeruht den Bahnhof von Turku, der etwas ausserhalb des Stadtzentrums liegt.
Geschlafen
Sokos Hotel Hamburger Börs – Kauppiaskatu 6 | Markplatz
Da in Turku alles ziemlich nah beieinander ist, ist die Distanz von Bahnhof bis zum Marktplatz problemlos zu Fuss machbar. Der Marktplatz selbst ist eine riesige leere, quadratische Fläche um die sich mehrheitlich wenig schmucke Bauten aus den 60er und 70er Jahren reihen. Rund um den Markplatz sind die Haltestellen der lokalen Buslinien angeordnet. Hier ist der Dreh- und Angelpunkt des regionalen Verkehrs. Gleich angrenzend zum Markplatz befindet sich der Eingang zum Original Sokos Hotel Hamburger Börs, wo wir übernachten.
So wenig einladend das Hotel von aussen aussieht, so überraschend hübsch präsentiert es sich von innen. Wir haben ein grosszügiges Zimmer in der obersten Etage mit einmaligem Blick über den Markplatz. Ebenfalls auf der obersten Etage befindet sich die in finnischen Hotels quasi obligatorische Saunalandschaft. Baden mit Ausblick garantiert.
Dank der zentralen Lage bildet das Hotel einen idealen Ausgangspunkt, um Turku zu Fuss zu entdecken.
Getan
Flanieren | dem Fluss entlang
Der Aura Fluss ist das Herz und die Seele von Turku. Im Sommer bilden die Ufer sozusagen das Wohnzimmer des Stadtlebens. Aber auch in den kalten Wintermonaten lohnt sich ein Spaziergang, denn viele Sehenswürdigkeiten, Cafés und Restaurant befinden sich in unmittelbarer Flussnähe. Wer von der Domkirche im historischen Zentrum der Aura entlang 4 Kilometer stromabwärts durch die Geschichte und Moderne von Turku spaziert, der erreicht am Schluss die monumentale Burg zu Turku.
Erleben | Kunst und Kultur
Turku ist eine wahre Fundgrube für Kunst- und Architekturliebhaber. Bei einigen Bauten wurden gekonnt historische Gebäudeteile mit modernen Anbauten kombiniert – Beispiel hierfür ist die Bibliothek und das Kunstmuseum. Andere Gebäude wurden auf kreative Art und Weise umgenutzt.
Das Aboa Vetus & Ars Nova ist eines der Museen, die man auf keinen Fall verpassen sollte. Im Untergeschoss wird man durch die historischen Mauern von Turku geschleust. Auf interaktive Art und Weise wird die Geschichte des mittelalterlichen Lebens im Klosterviertel am Aura Fluss erzählt. In den oberen Etagen ist dagegen moderne Kunst ausgestellt.
Wie Turku vor dem grossen Feuer von 1827 ausgesehen hat, lässt sich im Handwerksmuseum Luostarinmäki erleben. Das Viertel blieb vom Feuer verschont und wirkt heute so, als sei die Zeit stehen geblieben. In den Wintermonaten hat das Museum nur über die Weihnachtstage offen (Montag immer geschlossen, Eintritt 6 Euro)
Wenn ihr gerne Museen besucht und auch den öffentlichen Verkehr für kleinere Ausflüge benützen wollt, dann lohnt sich der Kauf der Turku Card (24 Stunden 21 Euro / 48 Stunden 28 Euro).
Shoppen | Markt, Warenhaus, Bruchbude
Rund um den Markplatz befinden sich die grossen Warenhäuser wie Stockmann und Konsorte. Es lohnt sich jedoch, nicht einfach naserümpfend an den Einkaufsgiganten vorbeizulaufen, sondern einen Blick hineinzuwerfen. Zu entdecken gibt es beispielsweise die finnische Kultmarke Marimekko (bekannt unter anderem Dank Sex and the City) sowie finnische Designstücke in der Haushaltswarenabteilung. Ihr seht, selbst finnische Warenhäuser haben Stil.
Ausgefallenere Stücke von Jungdesigner gibt es dagegen in der kleinen Holzhütte von “Turku Design Now“. Der Laden bietet echt einige Hingucker und ich konnte es nicht über mich bringen, den Laden ohne „unnütze“ Anschaffung zu verlassen. Ich wählte ein Reflektor mit Eichhörnchen Motiv vom Designer mit dem wohlklingenden Namen „Klo Design“. Die Reflektoren sind übrigens in Finnland das Accessoire des Winters. Fast jeder hat eines dieser Dinger an seinen Taschen oder Mäntel angemacht (dient der Sicherheit bei Dunkelheit). Nun bin ich also bestens für den finnischen Winter gerüstet.
Einen Pflichtbesuch ist an dieser Stelle noch zu erwähnen. Selbst wenn man kein Elchfleisch kaufen möchte, sollte man einen Blick in die alte Markthalle werfen. Hier gibt es über Brot, Fleisch und Fisch alles zu kaufen, was Finnland so an kulinarischen Spezialitäten hervorbringt. Es gibt auch Sitzplätze, wo man die Einkäufe direkt wieder vertilgen kann.
Auszeit | Schäreninseln
Gleich vor Turku befindet sich ein einzigartiges Naturparadies – die unzähligen kleinen Schäreninseln. Im Winter ist hier nicht unbedingt Hochsaison. Wir haben uns auf Ruissalo trotzdem schon vorsorglich nach einem möglichen Sommerhäuschen umgesehen.
Gegessen
In Kleinstädten muss längst nicht alles bieder und langweilig sein. Turkus kulinarische Landschaft bietet ausgefallene Geschmackserlebnisse fürs kleine und grosse Budget. Wer ohne grosses Suche direkt zu den Hotspots geführt werden möchte, der ist mit der Turku Food Walk Karte gut bedient. Ansonsten kann ich euch folgende Lokale ans Herz legen:
Mittagsstopp mit Locals | Blanko Aurakatu 1
Das Restaurant Blanko befindet sich unmittelbar neben der Aura. Das gemütliche Lokal ist bei der Bevölkerung von Turku ein beliebter Ort zum Mittagessen. Gleich beim Eingang stehen auf einer Schiefertafel drei Tagesmenus zur Auswahl (Preis pro Menu um die 10 Euro). Ich wählte den Tagessalatteller mit Ziegenkäse, der vorzüglich schmeckte.
Süsse Pause | Café Art Läntinen Rantakatu 5
Das Café Art sahnt regelmässig Barista-Preise ab. Hier wird allerhöchste Kaffee-Kunst zelebriert. Nebst den Kaffeevariationen gibt es auch ganz tolle Kuchen und Muffins. Uns hat es hier so gut gefallen, dass wir es gleich zweimal in zwei Tagen besucht haben.
Hohe Küchenkunst | Smör Läntinen rantakatu 3
Das Restaurant Smör befindet sich in einem historischen Kellergewölbe, das ganz toll renoviert wurde und bietet ein gemütliches Ambiente für ein Abendessen zu zweit oder mit Freunden. Hier wird saisonal gekocht und allerbeste Qualität angeboten. Wenn euch gutes Essen und dazu passenden Wein etwas Wert sind, dann solltet ihr dieses Restaurant auf keinen Fall verpassen. Ich hatte hier endlich die Gelegenheit, die sogenannten Blinis (kommen ursprünglich aus Russland) zu probieren.
Wicki lässt grüssen | Harald Aurakatu 3
Das Winkinger-Restaurant Harald gibt es in verschiedenen finnischen Städten. Ich hatte ja einmal erwähnt, dass Themenrestaurant nicht so mein Fall sind, aber wenn man sich einmal durch die für uns exotisch anmutende Fleisch- und Fischauswahl der finnischen Küche (Elch etc.) durchprobieren möchte, dann lohnt sich ein Abendessen im Harald.
Getrunken
Bier im Klassenzimmer | Koulu Eerikinkatu 18
Eine Schule, wo Bier gebraut wird? Sowas, gibt es wohl nur in Turku. Ein ehemaliges Schulgebäude wurde zu einer Brauerei, Restaurant und Bar umgenutzt. Die Inneneinrichtung der Räume wurde aber praktisch wie zu Schulzeiten belassen und so kann man hausgebrautes Bier zwischen hin gekritzelten Matheformeln und Biologieplakaten trinken. Unbedingt nach dem Abendessen einen Abstecher hierhin einplanen – meiner Ansicht nach einer der tollsten Orte in Turku.
Hinweis: Mein Aufenthalt in Turku wurde von Turku Touring unterstützt. Meine Leser dürfen wie immer sicher sein, dass ich hier stets meine Ansichten und Begeisterung vertrete.
Wunderschöne Fotos; waren vor 10 Tagen ebenfalls in Turku und bin nun am Foto sortieren