Mächtig schöne Berge sind ein guter Reisegrund. Und so war für mich sonnenklar, dass zu einer Georgien-Reise einen Abstecher ins Kaukasusgebirge dazugehört. Bereits aus dem Flugzeug konnte ich mich an den Gipfeln und Tälern mit wild mäandrierenden Flüssen kaum sattsehen. Brigit und Wacho hatten für ihre «Freundesreise» ein schönes, einwöchiges Programm zusammengestellt. Auf zwei Tage Sightseeing in Tiflis folgte ein Abstecher über die Georgische Heerstrasse in den Grossen Kaukasus. Danach ging die Reise weiter nach Bordschomi im ehemaligen Vulkangebiet des Kleinen Kaukasus und führte danach via Höhlenstadt Vardzia und den Parawanipass zurück nach Tiflis. Aus Zeitgründen konnten wir leider nur am ersten Teil der Rundreise über die Georgische Heerstrasse teilnehmen. Den Part des Kleinen Kaukasus holen wir irgendwann nach – es ist ja nie schlecht, gute Gründe für eine erneute Reise auf Lager zu haben.
Den Abstecher in den Grossen Kaukasus lässt sich mit einem Zeitbudget von vier bis fünf Tagen gut mit einer Städtereise nach Tiflis kombinieren. Was es unterwegs alles zu sehen gibt und welche Highlights wir nicht missen möchten, zeige ich euch in diesem Reisebericht.
Boxenstopp Mzcheta
Rund dreissig Minuten Fahrtzeit ausserhalb von Tiflis, am Zusammenfluss der Flüsse Kura und Aragwi befindet sich die «alte» Hauptstadt Mzcheta. Lange Zeit galt die Stadt als wichtiges Handelszentrum an der Seidenstrasse. Heutiger Hauptanziehungspunkt ist die als UNESCO Weltkulturerbe klassierte Swetizchoweli-Kathedrale – der Ursprungsort des Christentums in Georgien. Ebenfalls markant ist das georgisch-orthodoxe Kloster Dschwari, das hoch über Mzcheta auf einem Hügel thront und ebenfalls zum Weltkulturerbe zählt. Wir haben in Mzcheta für gut zwei Stunden einen Zwischenstopp eingelegt, um die Kirche und den Ortskern (alles fussläufig und übersichtlich) zu besichtigen.
Wein & Weitsicht
Kurz nach Mzcheta stärkten wir uns für die darauffolgende gut zwei stündige Fahrt über den Kreuzpass nach Stepanzminda auf dem Weingut der Iago’s Winery. Der Weinanbau hat in Georgien eine lange Tradition. Die Georgier pflanzen mehrheitlich autochthone Rebsorten (davon gibt es über 500) an und vinifizieren ihr Weine nach alter Tradition in «Quevri» – Tongefässen. Diese werden bis zur Ausreifung des Weines in den Boden eingelassen. Schade war, dass bei der «Weindegustation» vor allem das Essen im Zentrum stand und dazu – ohne weitere Erläuterungen – zwei verschiedene Weine des Weinguts und zum Abschluss Weinbrand gereicht wurde. Weininteressierte Reisende müssen sich die Informationen selber zusammensuchen – da besteht im Hinblick auf die «Vermarktung» des ausgezeichneten georgischen Weines Optimierungspotenzial.
Mit vollem Magen setzen wir unsere Reise am frühen Nachmittag weiter und ich bin für einmal froh, nicht selber am Steuer zu sitzen, sondern entspannt die vorbeiziehende Landschaft als Beifahrer zu betrachten. Zuerst durch staubig, flaches Gebiet, windet sich die Heerstrasse immer weiter ins bergige Gebiet hinein. Der Höhepunkt folgt kurz nach dem Wintersportort Gudauri auf über 2’000 Meter über Meer beim russisch-georgischen «Peace Monument» (gebaut 1983). Schnee, Eis, zackige Berggipfel, Schäfchenwolken und mittendrin ein Amphitheater im Brutalismus-Baustil – surreal!
Brutal aufgemöbelt
Nach der Überquerung des Kreuzpasses dauert es noch gut dreissig Minuten, bis wir Stepanzminda erreichen. Der Ort gehört aufgrund der spektakulär gelegenen Geregeti Dreifaltigkeitskirche und dem dritthöchsten Berg Georgiens, dem Kasbeg, zu den beliebtesten Touristenzielen Georgiens. Hoch über diesem bescheidenen Bergdorf thront ein rechteckiger Klotz mit unvergleichlicher Aussicht. Ursprünglich als Sanatorium für reiche Russen gebaut, wurde das heruntergekommene Gebäude 2012 komplett neu gestylt als Rooms Kazbegi (Partnerlink) eröffnet und ist jetzt der Hipster-Treffpunkt zwischen Moskau und Tiflis. Wobei sich die «Aufmöblung» auf das Hotel beschränkte. Die Anfahrt führt nach wie vor über eine abenteuerliche Zufahrtsstrasse, bei der ein 4×4 taugliches Gefährt von Vorteil ist. Die Zimmer sind für die Preisklasse bescheiden eingerichtet. Dafür überzeugt das durchdachte Design der öffentlichen Bereiche, die Sonnenterrasse direkt vis-à-vis der Geregeti Kirche und das Frühstücksbuffet.
Kirchen mit Aussicht
Am nächsten Morgen wandern wir gemeinsam zur Dreifaltigkeitskirche. Wer unten im Dorf startet, muss für den Aufstieg gut zwei Stunden einrechnen. Der Weg selber ist wenig spektakulär und deckt sich zum grössenteil mit der gekiesten Zufahrtsstrasse auf der Minibusse Gäste zur Kirche hinaufchauffieren. Voraussichtlich wird in naher Zukunft eine neue Strasse gebaut. Sobald diese fertiggestellt ist, wird der Wanderweg vom Zufahrtsverkehr entkoppelt. Obwohl die Wanderung mehr Pflicht als Kür ist, lohnt sich die Anstrengung. Oben bei der Kirche belohnt uns das Kaukasuspanorama – selbst der 5’000 Meter hohe Kasbek ist so freundlich, sich nicht hinter einer Wolkendecke zu verstecken (was er gemäss anderen Reiseberichten des Öfteren tut).
Vom Winde verweht
Auf dem Rückweg Richtung Tiflis machen wir einen Abstecher in die Trusso-Schlucht. Der Abzweiger befindet sich unterhalb des Kreuzpasses in gut zwanzig Minuten Fahrdistanz zu Stepanzminda. Wer dem Terek Fluss ins Hochtal folgt, stösst auf schwefelhaltige Quellen und Natur pur. Jahreszeitenmässig waren wir etwas früh dran und konnten daher nur erahnen, wie traumhaft schön sich das Hochtal im satten Grün und mit Blumen übersäten Wiesen im Juni/Juli präsentiert. Am Ende des Hochtals befinden sich zwei Klöster als «Grenzmarke» für die Russen, die nach wie vor auf subtile Art und Weise versuchen, georgisches Territorium den eigenen Reihen zuzuschlagen. Gleiches gilt für den Grenzübergang hinter Stepanzminda. Auch dort wurde kürzlich ein monumentaler Kirchenbau genau zu diesen Zwecken erstellt.
Gaumardschoss!
Mein Georgien Highlight (nebst dem Bergpanorama) war der Abend, wo wir in der Wohnung von Lela und Mari (Besitzer eines Guesthouses in Stepanzminda) eine georgische Tafelrunde erleben durften. In einer mini-Küche zauberte die Gastgeberfamilie ein köstliches Abendessen, das mengenmässig kein Ende nehmen wollte und uns bereits nach der Verköstigung der Vorspeise zum Japsen brachte. Die Rolle des «Tamada» übernahm der Hausherr gemeinsam mit Wacho. Mit den Worten «sei siegreich» begleitet der «Tamada» die Tafelrunde mit Trinksprüchen – immer mal wieder wird das Glas erhoben und auf die Familie, die Reisegruppe, das Glück und die Liebe angestossen. Ein toller Einblick in die Herzlichkeit der georgischen Gastgeberkultur.
Reisetipps für den Kaukasus-Abstecher
Allen, die mit einer Georgien-Reise liebäuglen und gerne auf eine kompetente Reisebegleitung setzen, kann ich Brigit und Wacho wärmstens empfehlen. Ihr aktuelles Tourenangebot findet ihr hier: Georgien WB Tours.
Tiflis und der Grosse Kaukasus lassen sich auch gut bei einer individuellen Reise miteinander kombinieren. Zwischen Stepanzminda und Tiflis verkehren regelmässig Marschrutka (die Fahrt kostet ca. 30 Lari). Wer lieber mit eigenem Auto unterwegs ist sollte wissen, dass die Verkehrsverhältnisse teilweise chaotisch sind und gefährliche Überholmanöver stattfinden. Es ist sicher machbar – benötigt aber Stahlnerven. Viele weitere Tipps zu Georgien findet ihr auf dem Blog von Reisezeilen.
Nach Georgien würde ich echt total gerne mal! Wenn die anreise aus schottland ein bisschen einfacher wäre… Finde es aber toll zu wissen, dass sich das auch in einer Woche machen lässt und man trotz Zeitdruck in die Berge kommt!!
Hallo Kathi – ja auch von uns aus geht es nur mit minimal 1x Umsteigen. Ich wäre gerne länger geblieben, fand es aber auch super, dass wir mit insgesamt fünf Tagen doch einiges vom Lang gesehen haben :)
Ich bin total begeistert… dein Blog hat jetzt erreicht, das meine Vorfreude noch mehr wächst :-) Auch deine Fotos gefallen mir sehr! Irgendwie war es noch ziemlich kalt bei dir, du siehst so dick angezogen aus. Hoffentlich ist es bei uns etwas wärmer. Wenn nicht, auch egal, Hauptsache die Sonne zeigt sich und die Berge verstecken sich nicht hinter Wolken…. LG
Liebe Kerstin, das freut mich! Wir waren im April unterwegs, und da präsentierte sich die Landschaft in den höheren Lagen noch ziemlich winterlich – bei euch ist es jetzt aber bestimmt angenehm warm :)
Hi Anita,
Vielen Dank für Deinen tollen Artikel und die super Bilder. Vor allem jene vom Essen finde ich sensationell. Leider kriege ich das nie so gut hin. Mit welcher Kamera hast Du die Bilder gemacht? Merci für Deinen Tipp.
Liebe Grüsse,
Simon
Hoi Philipp Infos zu meiner Fotoausrüstung findest du u.a. hier: https://www.travelita.ch/fototipps-teil1-meine-fotoausruestung-fuer-outdoor-fotografie/ – bei der Food-Fotografie spielen meiner Meinung nach weniger die Kamera, sondern viel meher die Objektive sowie der richtige Weissabgleich eine entscheidende Rolle. Wir machen alle Fotos im RAW-Format und korrigieren nachträglich den Weissabgleich in Lightroom.