Sanft geschwungene Hügelzüge, wo Olivenhaine fliessend in Rebberge übergehen und am Horizont das Meer in der Abendsonne golden glitzert. Die Aussicht von Motovun über das Hinterland von Istrien lässt uns einen Moment innehalten. Bezaubernd! Istrien bietet nicht nur traumhafte Postkartenmotive, sondern begeistert auch mit seiner hervorragenden Küche. Hier trifft Meer auf Binnenland und Tradition auf junge innovative Gastronomen. Eine gelungene Mischung, wie wir finden. Von unserem dreitägigen Kurztrip durch Istrien haben wir euch sieben kulinarische Tipps mitgebracht, die ihr auf keinen Fall verpassen solltet.
#1 Abenteuer Trüffelsuche
Der Herbst ist die Saison, wo in den Wäldern rund um Motovun und Buzet nach dem weissen und schwarzen Gold im Boden geschnüffelt wird. 1999 hat Giancarlo Zigante, ein Restaurantbesitzer, in der Gegend von Livade einen 1.3 Kilogramm schweren weissen Trüffel gefunden. Ein grösserer Fund ist bis dato nicht bekannt. Die Kostbarkeit teilte er mit 100 Personen bei einem Abendessen. Auch wir wollen die wertvollen Knollen aufspüren und haben uns dafür in Buzet mit Visnja Prodan von Prodan Tartufi verabredet. Die junge Frau verkörpert perfekt, was mich an den Produktionsbetrieben in Istrien derart begeisterte: viel Herzblut für die grossartige Natur direkt vor der Haustüre und tägliches Engagement für die Herstellung qualitativ hochwertiger Produkte.
Visnja hat Maschinenbau studiert und einige Zeit als Ingenieurin gearbeitet, bis sie sich entschied, zu 100% im Trüffelbusiness ihres Elternbetriebes einzusteigen. Ihre beiden flauschigen Vierbeiner Pico und Hermès können es kaum erwarten, bis wir die Trüffeljagd eröffnen. Visnja ist mir ihren Hunden mehrmals täglich im Wald unterwegs, um Trüffel zu finden und den acht Monate alten Pico zu trainieren. Die wichtigste Voraussetzung erfüllt er locker – er liebt Trüffel über alles. Wir folgen den Hunden in den Wald, wo sie wild herumschnüffeln. Sobald einer mit Graben beginnt, rennt Visnja hin. Nicht einfach, beide Hunde gleichzeitig im Auge zu behalten. Keine zehn Minuten im Wald hat Hermès bereits einen schwarzen Trüffel erschnuppert und Pico führt uns gleich daneben zu einem weissen Exemplar. Nach einer Stunde kehren wir mit drei weissen und einem schwarzen Trüffelknollen aus dem Wald zurück. Nachdem wir sie sorgfältig mit Wasser gereinigt haben, geht’s ans Probieren. Visjna produziert aus den Trüffel verschiedene feine Brotaufstriche und ihre Mama bereitet uns die besten Rühreier ever zu. Dazu dünstet sie zuerst langsam schwarze Trüffel in einer heissen Pfanne und gibt dann die Eimasse dazu.
#2 Hochprozentiges
Nach dem üppigen Trüffelfrühstück bei Prodan Tartufi kommt ein Schnaps gerade recht. Mitten in Buzet produziert die Brennerei Aura Hochprozentiges. Das Sortiment umfasst knapp 20 verschiedene Brandys. Der Kassenschlager «Terranino» – eine Mischung aus Teran Wein und 10 verschiedenen Kräutern – ist uns eine Spur zu süss. Süffiger ist da der Honigschnaps oder die Wildbirne. Und einen Schluck Mistelschnaps «Biska», der in Istrien als Allerheilmittel gilt, müssen wir natürlich auch noch probieren.
#3 Prost Malvasia – Malvasia Wein
Die Weissweinsorte Malvasia Istriana ist die typischste Weinsorte Istriens. Eine weitere alte, autochthone Sorte ist der Terrano. Wir haben dem Weingut der Familie Cattunar nordöstlich von Novigrad einen Besuch abgestattet und dort vier spezielle Weine degustiert. In Zusammenarbeit mit der landwirtschaftlichen Fakultät der Universität Zagreb produzieren sie als Spezialedition vier unterschiedliche Malvasia-Weine «4 zemlje» mit Reben, die auf verschiedenen Bodentypen (Roterde, Weisserde, Grauerde, Schwarzerde) kultiviert werden. Spannend, wie je nach Bodenbeschaffenheit ein anderer Geschmack resultiert. Mir schmeckt derjenige der roten Erde am besten.
#4 Das Beste vom Besten – Olivenöl von Ipsa
Neben Trüffel und Wein gehört Olivenöl zu den Spitzenprodukten der istrischen Gastronomie. Das Olivenöl des Familienbetriebs Ipsa unweit von Motovun wurde unlängst vom Olivenölführer Flos Olei zu den 15 besten Olivenölen weltweit gekürt. Da uns im September die Familie Roi in Ligurien ins professionelle Olivenöl-Tasting eingeführt hat, fühlen wir uns beim Degustieren der Ipsa-Olivenöle wie alte Hasen. Der Becher mit dem Öl drin in der Hand anwärmen, einen Schluck in den Mund nehmen und gleichzeitig durch den Mund ein- und ausatmen. Der rassige Abgang des reinen Istarska Bjelica Olivenöls kommt unerwartet – aber macht das Öl richtig spannend. Wir haben gerade die letzten Erntetage erwischt und dürfen das frisch gepresste Öl der Lese 2016 probieren. Wer bei der Familie Ipsa für eine Olivenöl-Degustation stoppt, wird gleichzeitig mit eingelegtem Gemüse aus dem Garten verwöhnt. Und neuerdings wird auch mit Wein experimentiert. Wir durften einen Schluck des hauseigenen Malvasia-Wein probieren. Er steht noch nicht zum Verkauf, aber ich bin überzeugt, dass dieser Wein das nächste Ipsa-Erfolgsprodukt wird. Ob Olivenöl oder Wein, ihr wichtigstes Kredo bleibt: Qualität vor Quantität.
#5 Luftgetrocknet würzig
Der «Prsut» ist die kulinarische Messlatte. Der von der «Bora» luftgetrocknete Rohschinken tischen die Einheimischen nicht ohne Stolz auf. Das Fleisch stammt von ausgewählten Schweinen und wird nach der Lufttrocknung einer Reifezeit unterzogen. Das Resultat: himmlisch würzig! Den besten Schinken hat uns Drazenka Moll in ihrem Agriturismo Stancija 1904 zum Apéro aufgetischt. Sie kocht aber nicht nur schampar gut, sondern ist seit 2015 auch Hausherrin des kleinsten Honorarkonsulats der Schweizerischen Eidgenossenschaft. Seither mischt der 170-Seelen-Weiler Smoljanci auf dem internationalen Parkett mit. Wobei mir Frau Moll erzählt, dass sie in dieser Position oft mit traurigen Geschichten konfrontiert ist. Plötzliche Todesfälle, Diebstähle oder in Not geratene Reisende, die bei ihr Unterstützung suchen. «Ob wir genug zu essen haben?», will sie von uns wissen und serviert dem Freund ungefragt eine dreifache Portion Palatschinken. Wer umsorgt ins istrische Landleben eintauchen möchte, der ist bei Frau Moll an der richtigen Adresse. Erwähnenswert ist, dass all ihre Wohneinheiten behindertengerecht ausgestaltet sind. Dafür erhielt sie 2012/2013 in der Kategorie nachhaltiger Tourismus den European Destination of Excellence Award.
#6 Hideaway für Gourmets in Istrien
Ein weiteres Hideaway für Gourmet ist das Stancija Meneghetti. Das Landgut liegt von Olivenhainen und Weinbergen umgeben in Küstennähe zwischen Rovinj und Pula. Eine schöne Basis, um Istrien zu entdecken und gleichzeitig entspannt die Seele baumeln zu lassen. Die Inneneinrichtung hat durchwegs meinen Geschmack getroffen und auch die Küchencrew macht einen hervorragenden Job. Zu unserer Überraschung begrüsst uns der Chef de Service im breitesten Bayrisch. Der Kroate hat über 20 Jahre als Saisonnier im Alpenraum gearbeitet. Wir geniessen hier ein saisonales, regionales Mittagessen mit hauseigenem Olivenöl und wären am liebsten für eine ganze Ferienwoche eingezogen.
#7 Junge, wilde am Herd
Istrien bereisen, aber keinen fangfrischen Fisch oder sonstiges Meeresgetier probieren, geht natürlich gar nicht. Nachdem wir uns auf dieser Reise vor allem aufs Hinterland konzentrierten, widmeten wir uns beim letzten Abendessen den Köstlichkeiten aus der Adria. Das Restaurant San Rocco in Brtonigla ist Mitglied der Jeunes Restaurateurs d’Europe und hat mich tatsächlich dazu gebracht, Tintenfisch zu essen. Das ist eine echte Leistung. Chapeau dafür.
Hinweis: diese Recherchereise wurde von der Kroatischen Zentrale für Tourismus und Istrien Tourismus unterstützt. Vielen Dank hierfür. Alle Eindrücke / Meinungen sind wie immer die unseren
Herrlich dein Bericht und die traumhaften Fotos. Ich wäre gerne in meiner Heimat als «Dolmetscherin» dabei gewesen. ?
Danke – freut mich, wenn wir deine Heimat schmackhaft präsentieren :D das nächste Mal wissen wir dann, an wen wir uns bei Übersetzungshilfebedarf wenden müssen ;) wobei das mit Englisch zum Glück ziemlich gut funktioniert.