Wie klein die Welt doch ist, stellten wir letztens im Pustertal fest. Bereits zum zweiten Mal besuchten wir dieses ruhige Südtiroler Tal, das ab Bruneck Richtung Osttirol führt. Dieses Mal führt uns die Reise ins sogenannte Hochpustertal, das auf Höhe Toblach beginnt. Auf uns wartet an einem beinah frühlingshaft anmutenden Samstag auf dem Markplatz in Innichen der Bergführer Paul Sapelza. Wir sind angemeldet für eine Wild-Wald-Wiesen Schneeschuhtour, die jeweils samstags durchgeführt wird. Zielgruppe sind in erster Linie Anfänger, die gerade angereist sind und die ersten Schritte im Schnee wagen möchten. Mir schwebte ja ursprünglich die Idee durch den Kopf, eine Schneeschuhtour Richtung der drei Zinnen, dem markanten Gebirgsstock der Sextner Dolomiten zu unternehmen. Leider wurde daraus nix. Zu gefährlich bei den vorherrschenden Schneebedingungen. Der erste Blick von Paul gilt unserem Schuhwerk. Meines hat erst gerade ein Upgrade erhalten und wird durchgewinkt. Das vom Freund muss einem zweiten kritischen Blick standhalten. Nachdem diese Hürde gemeistert ist, setzen wir uns zu den Mitwanderern – einem älteren Ehepaar und einer älteren robusten Dame – in den Bus. Auf Geheiss von Paul nehme ich vorne Platz. Schliesslich will er mir was über seine Heimat erzählen. Unsere Mitwanderer interpretieren das so, dass ich eine Art Schneeschuhwanderleiter-Lehrling sei. Eine amüsante Verwechslung. Die ältere Dame meint dazu wohlwollend „gut, dass sich auch junge Leute dafür interessieren. Wir brauchen Nachwuchs“. Ich verzichte darauf, den Irrtum aufzuklären und beginne auf der Fahrt in Richtung Toblach mit Paul zu plaudern.
Auf meinen Erzählschwall, dass wir im letzten Winter bereits einmal die Region erkundet und dabei in Welsberg auf dem Tiefentalhof übernachtet haben, schaut mich Paul mit grossen Augen an. „Auf dem Tiefentalhof?!“ „Das ist mein Bruder Peter Sapelza.“ „Ich bin dort aufgewachsen.“ Was für ein Zufall!.
Paul parkt das Auto oberhalb von Aufkirchen am Südhang ob Toblach. Von hier oben blickt man geradeaus in die faszinierende Kette der Sextner Dolomiten, die sich hinter dem Hochpustertal auftürmen. Interessantes Detail, durch das Pustertal verläuft die sogenannte Periadriatische Naht, die die Zentralalpen von den Südalpen trennt. Während wir nun auf einer sanften Anhöhe stehen, befinden sich vis-à-vis von uns die schroffen Gipfel der Südalpen. Schnee hat es hier oben gerade noch ausreichend, um mit den Schneeschuhen eine weitere Spur durch den harschen Schnee zu stapfen. Die Gegend hier oben ist frei von irgendwelchen Highlights – abgesehen vom Panoramablick in Richtung Dolomiten. Was hier oben zählt, ist die Ruhe und Natur. Einmal tief eine Portion frische Luft ein- und ausatmen und dem eigenen Herzschlag zuhören. Genau das ist es auch, was ich im Pustertal mag. Hier zählen die kleinen Dinge. Spektakel gibt’s anderswo.
Rund zwei Stunden sind wir mit Paul über Feld, Wald und Wiesen unterwegs und lernen dabei viel über Tannen, die eigentlich gar keine Tannen sind, über den Holzschlag, über Tierspuren und über Baumbärte aka Flechten. Und auch, dass es sowohl Schneeschuhspaziergänge gibt – das was wir jetzt machen – Schneeschuhwanderungen und Schneeschuhtouren. Vielleicht werde ich doch noch irgendwann Schneeschuhwanderguide. Für Paul’s liebstes Sportgerät hat es leider zu wenig Schnee. Normalerweise gibt’s nach einem schweisstreibenden Aufstieg eine rasante Böckl-Fahrt talwärts. Der Kinderski mit drauf geschraubtem Hocker und Griffen sorgt jeweils für ausglassenes Treiben im Tiefschnee. Er selbst sei übrigens auch Trainer des Böckl-Weltmeisterteams, meint Paul mit einem verschmitzten Lachen.
Am Berg schlemmen
Ich mag das Pustertal nicht nur wegen der Ruhe sondern auch wegen dem guten Essen. Eines dieser Hideaways für Gourmets ist die Jora Hütte am Haunold in Innichen. Jeden Samstag zaubert Küchencheck Markus Holzner und sein Team ein 6-gängies Menü (62 Euro) mit Zutaten von lokalen Bauernhöfen – Mountain Dining genannt. Aber Achtung, für die Anfahrt ist ein robuster Magen von Vorteil. Punkt halb sieben werden die Gäste an der Talstation des Haunold-Lifts mit dem Schneemobil abgeholt. Jesses! In der ersten Kurve kann ich mir ein Kreischen nicht verkneifen. So rasant bin ich noch nie den Berg hochgefahren. In der Hütte dagegen geht es gemütlich zu und her. Das aufgetischte Menü überzeugt vom selbst gebackenen Randen-Brot bis hin zum Fichtenspitz-Halbgefrorenes. Dazu stehen erstklassige Südtiroler Weine zur Auswahl. Wer saisonale, regionale Küche schätzt, ist hier am richtigen Fleck. Zum Glück habe ich richtig viel Appetit mitgebracht.
Ein weiteres Hüttenevent ist der Pasta-Abend, der jeweils donnerstags stattfindet. Hier kann sich der Gast für 42 Euro durch sechs hausgemachte Pastagerichte schlemmen. Da das Pustertal leider nicht ums Eck liegt, gibt mir Markus Holzner zum Abschied sein Kochbuch „Pasta on the rocks“ mit. Jetzt kann ich mich zuhause in der Kunst der Südtiroler Küche austoben.
Schlafen mit Tradition
Geschlafen haben wir dieses Mal im schick hergemachten traditionsreichen Posthotel Dolce Vita Alpina. Die Besitzerfamilie Wachtler hat das Vier-Sterne-Hotel im Rahmen von umfassenden Renovierungsarbeiten letzten Sommer auf Vordermann gebracht. Das Resultat überzeugt. Die Zimmer kommen mit einem urbanen Touch schlicht und gemütlich daher. Das Hotel selbst liegt inmitten von Innichen in Fussdistanz zum Skigebiet Haunold (Teil von Dolomiti Superski). Das etwas grössere Skigebiet Helm-Rotwand ist ebenfalls in wenigen Minuten mit dem Öffentlichen Verkehr erreichbar (Skibusdienst).
Wer mit der Familie unterwegs ist oder lieber etwas abgelegenen, dafür mit einmaligem Panoramablick nächtigt, dem empfehle ich den Tiefentalhof in Welsberg.
Hinweis: Ich wurde von Südtirol Marketing nach Südtirol eingeladen. Vielen Dank hierfür! Meine Leser dürfen wie immer sicher sein, dass ich stets meine Ansichten und Begeisterung vertrete.
Hach! Wandern und Genießen und das auch noch in Südtirol!!!! Was gibt es Schöneres??? Das ist genau unser Ding! Vielen Dank für den Tipp zu dieser Wanderung! Der geht auf jeden Fall auf die Bucket List!!!!
Super! :)
Hallo Anita,
toller Artikel und sehr schöne Fotos, da bekomme ich gleich wieder Fernweh. Ich werde vermutlich auch am Wochenende nochmal in die Berge starten und hoffe das Wetter spielt mit. Das Pustertal kommt auf jeden Fall auch auf meine To-Do-List :-)
Viele Grüße
Mathias