Björn hat mir den Floh ins Ohr gesetzt! Seit dem Tag, wo ich einem verständnislos dreinblickenden Hostel-Rezeptionisten versucht habe zu erklären, dass ich zusammen mit drei mir unbekannten Menschen ein Viererzimmer gebucht habe und nicht wisse, ob die schon angereist seien, weil ich ja nicht wisse, wie die aussehen (ähm, bist du nun auch verwirrt?), sind nahezu zwei Jahre vergangen. Das Zimmer hatten wir zusammen gebucht, weil wir gemeinsam an einer Sommer School in London teilnahmen. Nachhaltiger Eindruck hat bei mir aber weniger die School sondern vielmehr der unterhaltsame belgische Kerl hinterlassen. Nein, nein nicht so, wie ihr denkt. Vielmehr hat er mir in den zehn Tagen Flandern und insbesondere seine Studentenstadt Gent schmackhaft gemacht. Davor wäre ich wohl nie auf die Idee gekommen, nach Gent zu verreisen.
Zwei Jahre später ist es endlich soweit. Unser Zug fährt in Gent-Dampoort ein. Einige Mitreisende werden unruhig. „Ist das der Hauptbahnhof“, werden wir gefragt? Diese Frage ist durchaus berechtigt, denn Gent hat komischerweise zwei dezentrale Bahnhöfe (Dampoort und Sint-Pieters) und ohne Ortskenntnis versteht man nicht wirklich, welches der beiden der eigentliche Hauptbahnhof ist. Später erfahren wir, dass Sint-Pieters den Status „Hauptbahnhof“ innehält, aber wir mit unserem Aussteigen beim Bahnhof Dampoort alles richtig gemacht haben, da dieser näher beim historischen Kern liegt.
Mit den nächsten Bildern entführe ich euch auf einen virtuellen Rundgang durch Flanderns schönste Stadt. Soviel sei vorweg verraten: Björn hat mir zu Recht von Gent vorgeschwärmt!
Zu viel Sehenswürdigkeiten für einen Tag
Mittelalterliche Perlenkette
Einen ersten Überblick über die beeindruckende mittelalterliche Skyline bestehend aus diversen Türmen, bekommt man entlang der Limburgstraat. Wir starten mit dem Klassiker in der St. Bavo-Kathedrale. In ihrem Innern befindet sich mit der „Anbetung des Lamm Gottes“ ein Meisterwerk der mittelalterlichen Malerei. Der Flügelalter ist mit seinen leuchtenden Farben und der herausragenden Präzision der einzelnen Pinselstriche wahrlich beeindruckend.
Gleich gegenüber stehen das Rathaus mit seiner beeindruckenden gotischen Fassade und der mächtige Belfried, von dessen Turm man die Türmchen-Parade aus der Vogelperspektive bestaunen kann. Mit der neuen Stadthalle hat Gent einen auffälligen architektonischen Akzent gesetzt. Die eigenwillige Architektur ist einigen immer noch ein Dorn im Auge. Dennoch, der Platz wird rege für Feste, Märkte, Konzerte und als allgemeiner Treffpunkt genutzt. Die einzelnen Bauwerke sind wie Perlen aufgereiht. Unser Spaziergang endet zu Füssen der mächtigen Grafenburg.
Vorzeigefassaden
Auf der St. Michael-Brücke passiert es. Gent wickelt mich mit dem Panoramablick über die Häuserfassaden entlang der Graslei, dem mittelterlichen Hafen, endgültig um den Finger. Aber wer kann diesem Charme schon widerstehen? Ich hätte hier stundenlang auf der Kaimauer sitzen, gemütlich meine Beine über der leise dahinfliessenden Leie baummeln lassen und das bunte Treiben rundherum beobachten können. Ein Ort, der mir auch im Nachhinein, beim Betrachten der Bilder, noch immer ein Lächeln ins Gesicht zaubert.
Detailliebe
Gent lässt sich prima zu Fuss erkunden. Zwischen Vrijdagmarkt, Kouter und Grafenburg gibt es aber nicht nur alte mächtige Bauten, sondern auch hippe, bunte Strassen und ganz viele kleine Deteils zu entdecken. Mein Tipp: sich ganz viel Zeit lassen und planlos durch die Gassen flanieren.
Gent Smaakt – Waffeln
Ein weiterer Tipp: bring den Hunger mit! Gent bietet für Feinschmecker, Geniesser, Schleckmäuler und Bierliebhaber alles, was das Herz begehrt. Für den kleinen „Gluscht“ zwischendurch kann ich euch beispielsweise das Moochie Frozen Yogurt an zentraler Lage direkt hinter der St. Niklauskirche empfehlen. Überall trifft man auch auf Stände, die die sogenannten „Gentse Neuzen“ verkaufen. Die kegelförmige belgische Süssigkeit trifft mit ihrer klebrig-geleeartigen Konsistenz nicht ganz meinen Geschmack. Dafür habe ich in Gent die beste Waffel meines Lebens gegessen. Kein Wunder, man erzählt, dass im Waffelhaus Max inmitten von Gent die berühmten Brüsseler Waffeln erfunden wurden. Ich habe meine Waffel aber direkt bei der Graslei an einem einfachen Verkaufsstand gekauft. Wer es lieber deftig, salzig mag, der ist mit belgischen Fritten bestens versorgt.
Süsse Verfühung
Im Waffelhimmel
Fantastische Fritten
Fleischerhalle und Galgenhuisje
In der ehemaligen Fleischerhalle wird heute immer noch Schinken getrocknet. Gleich daneben befindet sich das schnuckelige ‹t Galgenhuisje, eines der kleinsten Lokale der Stadt mit einer grossen Terrasse. Perfekt für eine feucht-fröhlich-entspannte Bierpause (ach ja, und wenn ihr nicht Bier bestellt, dann werdet ihr von der Bedienung ziemlich komisch angeschaut…)
Einfach gut | Du Progrès | Korenmarkt 10
Beim Nachtessen hat man die Qual der Wahl. Gent hat viele tolle Lokale. Gutes und preiswertes Essen gibt es im „Du Progrès“ an zentraler Lage. Das Bier kostet 3.80 Euro, die Vorspeise rund 12 Euro und der Hauptgang rund 25 Euro. Hier trifft man auch viele Einheimische beim gemütlichen Beisammensein.
Brasserie-Chic | Pakhuis | Schuurkenstraat 4
Exklusivere Kost bietet die Brasserie Pakhuis. Mir persönlich hat das Lokal alleine aufgrund seiner eigenwilligen Architektur Eindruck gemacht. Hier wir viel Wert auf saisonale und lokale Produkte gesetzt. Fantastisch zusammengesetzte Gerichte, die geschmacklich in allen Facetten überzeugten. Zu zweit zahlten wir für je eine Vorspeise, einen Hauptgang und ein geteiltes sündhaft leckeres Schokoladen-Dessert (belgische Schokolade what else?) rund 100 Euro.
Feenhafte Dämmerung
Gent entzückt nicht nur bei Tageslicht, sondern bietet auch nach dem Eindunkeln einzigartige Augenblicke. Die Stadt wurde für ihr Lichtkonzept mehrfach international ausgezeichnet. Wer das fein abgestimmte und durchdachte Lichtspektakel selbst erleben möchte, der begibt sich nach der Abenddämmerung auf einen rund zweistündigen Spaziergang entlang der beleuchteten Gebäuden, Strassen und Monumenten. Aber Achtung, nach Mitternacht wird von Stimmungs- auf funktionale Beleuchtung umgeschaltet.
und sonst so?
- Übernachtet haben wir im Novotel Gent Zentrum (zentrale Lage)
- Am Sonntag den Blumenmark auf dem Kouter besuchen
- oder einen Abstecher zu einem der Beginenhöfe machen
- Das Stam besichtigen
- Einen Tagesausflug nach Brügge unternehmen (möglichst unter der Woche)
… und sich dabei Hals über Kopf in die gemütlichste Stadt Flanderns verlieben. Tot ziens!
Hinweis: Diese Reise wurde von Tourismus Flandern und Visit Gent unterstützt. Vielen Dank hierfür! Meine Leser dürfen wie immer sicher sein, dass ich stets meine Ansichten und Begeisterung vertrete.
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