Eine ordentliche Dosis frische Luft, kitzelnde Sonnenstrahlen, Weitsicht und eine köstliche Einkehr; das alles sind Zutaten, die für mich einen gelungenen Tagesausflug ausmachen. Als Zürich kürzlich unter der November-Hochnebeldecke ächzte, haben wir uns in den Zug Richtung Ostschweiz gesetzt. Dort gibt es nämlich nicht nur unzählige schöne Wanderwegkilometer, sondern auch Landgasthöfe, die mit ihrer Küche für Furore sorgen. Dazu zählt das Gasthaus zum Gupf oberhalb von Rehetobel im Kanton Appenzell Ausserrhoden. Wenn ihr das jetzt nicht direkt auf einer Landkarte verorten könnt – keine Sorge! Ich musste auch erst Google Maps zurate ziehen.
Gault Millau zeichnete das vom gebürtigen Münchner Walter Klose und seiner Frau Manuela geführte Restaurant dieses Jahr neu mit 18 Punkten aus und ernannte es gleichzeitig zum Aufsteiger des Jahres (den Titel teilt sich Klose mit Sebastian Zier und Moses Ceylan vom Einstein St. Gallen). Das hat unsere Neugier geweckt.
Auf dem Alpenpanorama-Weg durchs Appenzell
Doch so ein Gourmet-Essen soll man sich ja irgendwie auch verdienen, oder? Und daher haben wir den Gupf nicht auf direktem Weg angesteuert, sondern noch einige Höhenmeter in die Anreise integriert. Rehetobel liegt an der ersten Etappe des Alpenpanorama-Wegs, der mit insgesamt 30 Etappen den Bodensee mit dem Genfersee verbindet. Die erste Etappe startet in Rorschach und endet 17 Kilometer später in Trogen. Die gesamte Strecke schien uns für einen gemütlichen Ausflug, bei dem der Genuss im Vordergrund stehen soll, zu weit. Daher «pickten» wir uns ein Zwischenstück raus und starteten die Wanderung in Heiden. Der Wanderweg führt vom Dorfkern Richtung Spital. Bald haben wir das Dorf hinter uns gelassen und wandern dem Waldrand entlang bergwärts.
Säntis-Blick: Aussichtspunkt Kaienspitz
Zwischen Heiden und dem Gupf befindet sich der 1’121 m hohe Kaienspitz. Ein Aussichtspunkt, der einen schönen Blick vom Alpstein inklusive Säntis bis zum Bodensee bietet – sofern es das Wetter zulässt. Wir haben auf dem Kaienspitz die Gewissheit, dass sich der Ausflug zumindest aus wettertechnischen Aspekten gelohnt hat. Der Hochnebel hat nämlich an diesem Herbsttag selbst St. Gallen fest im Griff.
Restaurant zum Gupf: Gourmetküche auf dem Land
Vom Kaienspitz bis zum Gasthaus zum Gupf ist es nur noch einen Katzensprung und mein Timing ist perfekt. Ich habe im Vorfeld einen Tisch für zwei Personen reserviert und wir erreichen das Lokal pünktlich auf meine angekündigte Zeit. Im Gupf gibt es am Mittag jeweils zwei Tagesempfehlunge. Dazu gehört am Samstag traditionell das Siedfleisch. Nebst den Tagesempfehlungen besteht die Möglichkeit, à la Carte oder – ab zwei Personen – das 4- oder 5-gängige Gourmet Menu zu ordern. Wir entscheiden uns rasch fürs «volle Programm» und bestellen beide das 5-Gang Menü.
Nebst der hervorragenden Küche ist das Gasthaus zum Gupf auch für seinen umfangreichen Weinkeller mit über 3’000 gut selektionierten Positionen bekannt. Die Weinkarte hat dementsprechend das Gewicht und den Umfang einer Enzyklopädie. Ich blättere kurz durch – da wir aber sowieso lieber glasweise Wein trinken, lassen wir uns von Manuela Klose eine zum Menu passende Weinbegleitung zusammenstellen.
Gault Millau rühmt beim Restaurant zum Gupf die Bodenständigkeit der Gerichte; «gutbürgerliche Küche auf höchstem Niveau», so dass Kredo von Küchenchef Walter Klose. Und die Messlatte ist echt hoch, wie wir nach dem ersten Menu-Gang – einer raffinierten Variation vom Lachs mit Gurke, Limette und Pistazie – einstimmig ein erstes Fazit ziehen. Der Teller überzeugt sowohl optisch als auch geschmacklich. Auch die darauffolgenden Scampi mit Randen, Kerbelwurzel, Quitte und Ingwer schmeckt hervorragend und überzeugt mit saisonalen Komponenten.
Bevor uns die beiden Hauptgänge serviert werden, dürfen wir einen Blick in den Weinkeller werfen. Ich bin im ersten Moment zwar etwas irritiert, als wir gefragt werden, ob wir Interesse an einer Keller-Besichtigung hätten. Vermutlich ist aber unser dezentes Fotografieren der einzelnen Teller nicht unbeobachtet geblieben, was schlussendlich auch ein Qualitätsmerkmal des Servicepersonals ist. Der Blick in den weitläufigen Weinkeller, wo über 30’000 Flaschen lagern, ist definitiv beeindruckend. Manuela Klose zeigt uns, wie der Keller digital verwaltet wird und öffnet uns zum Schluss noch die Tore zur Weinschatzkammer, wo die edelsten Tropfen des Kellers lagern.
Danach setzen wir uns wieder an unseren Tisch in der heimeligen Bodenseestube (inklusive Kachelofen) und lassen uns vom zarten Duo vom Kalb verzaubern. Wer sich fürs 5-Gang-Menü entscheidet, erhält zwei kleine Hauptgänge. Wobei die Definition von «klein» bei Walter Klose grosszügig ausfällt, wie sich beim zweiten Hauptgang – dem Rehrücken – zeigt. Für mich wäre hier ein Stück Fleisch ausreichend gewesen. Aber im zum Gupf wird nicht gegeizt!
Einzig auf der Zielgerade verläuft nicht alles ganz so reibungslos, wie wir uns das vorstellen. Auf das Überraschungsdessert müssen wir so lange warten, dass wir das anvisierte Postauto nur mit einem Spurt vom Gupf ins Dorf hinunter erwischen. Fein ist die Mango-Passionsfrucht-Schoggi-Kombination allemal – aber wir hätten uns zum Abschluss gerne noch einen Espresso Macchiato zu den Friandise gegönnt. Das lag dann leider aufgrund der fortgeschrittenen Zeit nicht mehr drin. Vermutlich ist sich das Gupf Team aber auch keine Gäste gewohnt, die mit den öffentlichen Verkehrsmitteln zum Gourmet-Mittagessen nach Rehetobel fährt – aber ich garantiere euch, es lohnt sich!
Praktische Tipps für deinen Ausflug auf den Gupf
Der Routenverlauf unserer Kurzwanderung von Heiden nach Rehetobel kann nachfolgender Karte entnommen werden. Die Distanz vom Ausgangspunkt im Dorfkern von Heiden bis in den Dorfkern von Rehetobel beträgt 5,3 Kilometer Kilometer. Bis zum Aussichtspunkt auf dem Kaienspitz führt der Wanderweg mehrheitlich bergwärts – es sind dabei insgesamt 375 Höhenmeter zu überwinden. Die reine Wanderzeit beträgt knapp 1.5 Stunden (bei gemütlichem Tempo).
Das von uns probierte 5-Gang-Menü im Gasthaus zum Gupf kostet 132 CHF pro Person. Bei 4 Gängen beträgt der Preis 112 CHF (Stand November 2018). Ich empfehle euch, im Vorfeld telefonisch einen Tisch zu reservieren.