Eigentlich ist der Titel etwas irreführend – ein «Kurztrip» im klassischen Sinne war unser dreitägiger Abstecher ins Val d’Orcia in der Toskana nämlich nicht. Vielmehr diente uns das wunderschöne Landgut «Lupaia» unweit von Montepulciano als erster Etappenstopp einer insgesamt knapp zweiwöchigen Italienreise. Wer jetzt aber nicht gerade zwei Wochen Zeit auf Reserve hat, dem kann ich jetzt im Frühling/Frühsommer einen Abstecher in die südöstlich von Siena gelegene Provinz definitiv ans Herz legen. Die Toskana zeigt sich hier von ihrer schönsten Seite! Wie und wo genau – zeige ich euch in den nachfolgenden Zeilen!
Das Val d’Orcia im Überblick
Das zur Provinz Siena gehörende Val d’Orcia umfasst die liebliche Hügellandschaft zwischen den Städten Montepulciano bis Montalcino (in Ost-West Richtung) und geht in südliche Richtung bis nach Radicofani runter. Namensgeber ist der 70 Kilometer lange Fluss «Orcia», der sich von Casciano dei Bagni herkommend von Osten nach Westen durch die Region schlängelt. Seit 2004 gehört das Val d’Orcia zu den UNESCO Welterbestätten und hat sich damit auch zu den top Reisezielen der Toskana gemausert.
Die Distanzen zwischen den einzelnen Ortschaften sind – zumindest für italienische Verhältnisse – überschaubar. Um von Montepulciano nach Montalcino sind rund 45 Fahrminuten (ca. 40 Kilometer) einzurechnen. Und von San Quirico d’Orca bis nach Radicofani dauert es ca. 30 Fahrminuten (30 Kilometer). Das bedeutet, dass man mit einem Zeitbudget von zwei bis drei Tagen problemlos die Highlights des Val d’Orcia «abklappern» kann. Wer aber nebst dem Sightseeing auch die eine oder andere entspannte Stunde am Hotelpool verbringen möchte, der pickt sich die Sehenswürdigkeiten besser wohldosiert heraus.
Val d’Orcia in 3 Tagen: Reiseroute & Sehenswürdigkeiten
Genau das haben wir gemacht und uns auf die Achse Montepulciano – Pienza – Montalcino konzentriert. Zusätzlich haben wir einen Abstecher nach Cortona in unser Reiseprogramm eingebaut. Cortona befindet sich 30 Kilometer nordöstlich von Montepulciano und liegt streng genommen nicht mehr im Val d’Orcia, sondern gehört zur toskanischen Provinz Arezzo.
1. Lupaia – das pittoreske Boutiquehotel im Herzen der Toskana
Als «Basislager» für die Sightseeingtour durchs Val d’Orcia diente uns das zwischen Montepulciano und Pienza gelegene historische Landgut Lupaia (Partnerlink). Die im Stil eines Boutiquehotels geführte Unterkunft war ein genialer Zufallstreffer.
Die Auswahl an interessanten Übernachtungsmöglichkeiten droht einem bei der Unterkunftsrecherche nämlich fast zu erschlagen – zumindest mir erging es so. Weingüter, Agriturismo, Ferienwohnungen, Bed & Breakfast; da ist definitiv für jeden Geschmack etwas mit dabei. Aus all dieser Fülle ist mir das Lupaia aber sofort ins Auge gestochen. Und als sich herausstellte, dass es sich entlang unserer anvisierten Route Richtung Süden befand und noch freie Zimmer zum gewünschten Datum vorhanden sind, überlegte ich nicht mehr lange hin und her, sondern drückte auf «Reservieren».
Zurückblickend ein guter Entscheid. Das Lupaia vermochte meine hohen Erwartungen vollumfänglich zu erfüllen! Das Landgut befindet sich knappe 15 Fahrminuten über eine Kiesstrasse von Montepulciano entfernt auf einer Anhöhe mit einem prächtigen Panoramablick über die für diese Region typische Kulturlandschaft, bestehend aus Olivenhainen, Zypressen, Weinreben und Buchenwälder. Die insgesamt 11 Zimmer und Suiten verteilen sich auf das Hauptgebäude und verschiedene kleinere Nebengebäude. Wir hatten das Standardzimmer «Aurora» gebucht, zu dem ein «privater» Garten gehört und das sich direkt neben dem Pool befindet.
Empfehlenswert ist auch das zum Hotel gehörende Restaurant. Hier wird täglich in einer offenen Küche ein frisches toskanisches 4-Gang-Menü gekocht. Nach Möglichkeit wird dabei saisonales Bio-Gemüse aus dem hoteleigenen Anbau verwendet. Das Frühstück wird à la carte serviert, was uns ebenfalls zugesagt hat. Anzumerken ist einzig, dass die Frühstückskarte den internationalen Gästemix widerspiegelt. French Toast und Porridge sind für italienische Verhältnisse nämlich doch eher unübliche Frühstückskomponenten.
Das Lupaia (Partnerlink) bietet 5-Sterne Komfort. Das zeigt sich auch in den Zimmerpreisen, die bei rund 700 Euro für zwei Nächte im Doppelzimmer mit Frühstück starten. Beachtet zudem, dass Einzelnächte lediglich kurzfristig buchbar sind und in der Regel ein Mindestaufenthalt von 2 Nächten vorausgesetzt wird. Das Abendmenü kostet 65 Euro pro Person.
2. Der Rathausturm in Montepulciano
Wir liessen uns nicht mit dem Postkartenblick auf das stolz auf einem Hügel thronenden Montepulciano begnügen, sondern statteten dem hübschen toskanischen Kleinstädtchen natürlich auch einen Besuch ab. Montepulciano lässt sich vom Lupaia aus zu Fuss (ca. 5 Kilometer – 75 Minuten Gehzeit) mit dem Fahrrad (es stehen Leihräder zur Verfügung) oder mit dem Auto erreichen.
Topografisch bedingt kommt man bei einem Bummel durch die mittelalterlichen Altstadtgassen von Montepulciano nicht um den einen oder anderen Höhenmeter herum. Mit der repräsentativen «Piazza Grande» befindet sich das Herzstück der Altstadt nämlich an ihrem höchsten Punkt. Die Piazza Grande wird vom Dom, eleganten Palastbauten aus dem 16. Jahrhundert (dem Palazzo Nobili-Tarugi und Contucci) sowie dem repräsentativen Rathaus (einer Miniatur-Version des Palazzo Vecchio in Florenz) gesäumt.
Für den schönsten Blick auf die Dächerlandschaft von Montepulciano lohnt es sich an dieser Stelle noch einige zusätzliche Höhenmeter in Kauf zu nehmen. Und zwar ist der Rathausturm vom April bis November jeweils von 10:00 Uhr bis 18:00 Uhr zugänglich (Eintrittspreis: 5 Euro).
Die öffentlichen (kostenpflichtigen) Parkierungsanlagen sind über die Via dell’Oriolo erschlossen und auch entsprechend ausgeschildert. Besonders viele Stellplätze finden sich auf Höhe P6 an der Via delle Case Nuove. Die Zu- und Wegfahrt führt über ein schmales und nur bedingt im Gegenverkehr funktionierendes Strassenstück. Es lohnt sich daher, Stosszeiten zu vermeiden und den Abstecher nach Montepulciano am Vormittag (vor 11 Uhr) einzuplanen.
3. Die Panoramastrasse SP 146
Das Val d’Orcia ist ein beliebtes Reiseziel von Landschaftsfotografen. Wer im Vorfeld seiner Reise im Internet nach Reisetipps und Sehenswürdigkeiten recherchiert, wird auf diversen Seiten auf dieselben Fotospots stossen. Die Mehrheit davon befindet sich entlang der Strada Provinciale (SP) 146. Die SP 146 führt von Montepulciano via Pienza nach San Quirico d’Orcia und gilt als eine der schönsten Panoramastrassen Italiens.
Real Talk: Es ist durchaus eine nett zu fahrende Überlandstrecke, die schöne Landschaftsblicke bereithält. Und ihr werdet sie so oder so abfahren, wenn ihr vorhabt, von Montepulciano nach Pienza (oder umgekehrt) zu fahren. Da sie aber zwischen diesen Ortschaften auch die Hauptverbindung darstellt und dementsprechend nicht nur «Sonntagsfahrer» unterwegs sind, sind zügige Fahrweisen und abenteuerliche Überholmanöver gang und gäbe. Einfach mal kurz seitlich für ein Foto anhalten ist – meiner Meinung nach – aus Gründen der Verkehrssicherheit nicht empfehlenswert (zumindest nicht während der Hauptverkehrszeiten). Daher mein Tipp: geniesst das Panorama, vergesst aber nicht, das Geschehen auf der Strasse im Auge zu behalten.
Nein die Provinzstrasse ist nicht mautpflichtig.
4. Das Renaissance-Städtchen Pienza
Pienza liegt 20 Fahrminuten von Montepulciano entfernt im Zentrum des Val d’Orcia. Sie gilt nicht nur als Hauptstadt des Pecorinos, sondern auch als Musterbeispiel für die Renaissancearchitektur und wurde bereits 1996 (und damit acht Jahre vor dem gesamten Val d’Orcia) in die Liste der Welterbestätten aufgenommen. Spannend finde ich, dass das heutige Erscheinungsbild von Pienza das Ergebnis einer geplanten «Idealstadt» ist. Die Initiative hierfür ging von Papst Pius II aus, der nach seiner Wahl zum Papst im Jahr 1458 seine bis dahin unbedeutende Heimatstadt zu einer Stadt mit Vorbildcharakter umgestalten wollte.
Der Altstadtkern von Pienza präsentiert sich kompakt und herausgeputzt. Der Rundgang entlang dem Corso il Rossellino via Pizza Pio II und über die aussichtsreiche Stadtmauer «Via del Casello» nimmt de facto keine dreissig Minuten in Anspruch. Ich empfehle daher, den Zwischenstopp in Pienza mit einem Mittagessen in der Trattoria Latte di Luna zu kombinieren oder für den abendlichen «Aperitivo» in der Bar Idyllum einzukehren.
Die beste Parkmöglichkeit in Pienza befindet sich in kurzer Gehdistanz zur Altstadt an der Via S. Gregorio. Am besten markiert ihr euch auf Google den Location Tag «Parking Pienza». Es gibt dort einige wenige kostenlose Parkfelder (weiss markiert). Der Rest ist kostenpflichtig (blau markiert).
5. Die Brunello-Hochburg Montalcino
Alle, die sich für toskanische Weine interessieren, sollten bei einem Aufenthalt im Val d’Orcia selbstverständlich auch einen Abstecher nach Montalcino einplanen. Der Brunello di Montalcino (bestehend aus 100% Sangiovese Trauben) zählt zu den renommiertesten italienischen Weinen mit geschützter Herkunftsbezeichnung (DOC). Degustieren lässt sich dieser auf diversen Weingütern oder direkt beim Ortseingang in der Enoteca la Fortezza di Montalcino.
Hier lassen sich sogar zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen: Die Enoteca fungiert gleichzeitig auch als Eintrittspforte zum Rundgang über die Festungsmauer. Das Eintrittsticket (Kostenpunkt: 4 Euro) kann direkt in der Enoteca gekauft werden und danach geht’s über Treppenstufen hinauf zum Wehrgang, der eine fantastische Aussicht über die Dächer von Montalcino bietet.
Wie in Montepulciano und Pienza lohnt es sich auch hier, der Nase nach durch die Altstadtgassen zu flanieren. Die meisten Touristen bleiben im vordersten Drittel bzw. spätestens auf der Höhe der Via Boldrini hängen – je weiter man in Richtung Porta Burelli spaziert, desto weniger Leute trifft man an.
Montalcino verfügt über eine relativ grosse (kostenpflichtige) Parkierungsanlage direkt unterhalb des Altstadtkern auf Höhe der Strasse Via Aldo Moro. Von hier aus ist man in wenigen Minuten zu Fuss beim Fort. Sehr gut zugänglich und in der Regel sollte man hier problemlos einen Platz finden.
6. Das von den Etruskern gegründete Cortona
Streng genommen liegt Cortona nicht mehr im Val d’Orcia (Provinz Siena), sondern in der benachbarten Provinz Arezzo. Bei mir ist die geschichtsträchtige Stadt, die als eine der bedeutendsten und ältesten Stätten der Etrusker gilt, bei der Recherche nach interessanten Restaurants im Umkreis von Montepulciano auf den Radar gerückt. Cortona verfügt im Vergleich zu Pienza, Montalcino oder auch Montepulciano einen vergleichsweise grossen Altstadtkern, der auf drei Seiten von hohen Mauern umgeben ist. Im Innern pulsiert das Leben – insbesondere nach Feierabend.
Mir hat diese lockere Stimmung extrem gut gefallen und bei einem nächsten Mal würde ich mir definitiv mehr Zeit für Cortona nehmen. Markiert euch in jedem Fall den Aussichtspunkt Belvedere di Cortona – von hier aus seht ihr bis zum Lago Trasimeno.
Die Parkierungsmöglichkeiten befinden sich entlang der SP 34, welche rund um den Altstadtkern von Cortona führt. Sehr praktisch gelegen ist das Parking Porta Colonia. Dieses ist aber meist sehr gut gefüllt. Auf dem etwas versteckter liegenden Parcheggio Porta Colonia inferiore hat man daher meist etwas mehr Glück. Das Parkieren ist hier kostenlos.
7. Fine Dining Highlight: Organika Ristorante
Der eigentliche Grund für unseren Abstecher nach Cortona – das Organika Ristorante – befindet sich in zehn Minuten Fussdistanz ausserhalb des Altstadtkerns hinter der Chiesa Santa Maria Nuova. Entdeckt hatte ich das Organika unter den sorgfältig für die Gäste zusammengestellten Restaurantempfehlungen des Lupaia. Die guten Bewertungen und lobenden Worte bis hin zu «Michelin Star quality» machten uns neugierig. Das Abendessen war dann auch wirklich von A bis Z köstlich – wenn auch in den Portionen für uns teils etwas zu üppig. Das Organika hat im Innern lediglich vier Tische und bietet damit eine sehr persönliche Atmosphäre. In den Sommermonaten wird draussen im Garten aufgetischt.
Das Organika hat ein 5-Gang-Menü für 50 Euro und ein 10-Gang-Menü für 70 Euro im Angebot. Eine Weinbegleitung mit 3 Gläsern plus einem Glas hausgemachten Vinsanto kostet 20 Euro.
Praktische Tipps für eine Reise ins Val d’Orcia – Toskana Kurztrip
- Mit dem Zug dauert die Anreise von Zürich bis nach Montepulciano rund 9.5 bis 10 Stunden (je nach Verbindung). Mit dem Auto ist eine Anreisezeit von sieben Stunden einzuplanen. Wir haben uns übrigens für eine Kombi aus beidem entschieden und sind mit dem Zug bis Milano Malpensa gefahren und haben dort ein Auto angemietet.
- Zwischen den einzelnen Städtchen bestehen Busverbindungen. Vor Ort ist man aber mit einem eigenen Auto definitiv flexibler aufgestellt. Insbesondere auch deshalb, weil die Agriturismo und Landgüter meist nicht direkt mit dem öffentlichen Verkehr erschlossen sind.
- Als Reisezeitpunkt eignet sich der Frühling (April/Mai) und Herbst (Oktober/November). Dabei ist zu beachten, dass die «Saison» erst zu Ostern beginnt und meist anfangs/Mitte Oktober endet. Ausserhalb der Saison ist damit zu rechnen, dass manche Restaurants Betriebsferien haben und auch nicht alle Sehenswürdigkeiten geöffnet sind.
- Falls ihr euch für diejenigen Fotospots interessiert, die symbolisch fürs Val d’Orcia stehen, dann findet ihr im Blogbeitrag von Sommertage eine entsprechende Zusammenstellung.
- Eine Reise ins Val d’Orcia lässt sich je nach Zeitbudget mit einem Besuch von Florenz oder Siena kombinieren. Auch wenn Florenz unbestritten eine wunderschöne Stadt ist, konnte ich mich aufgrund der Touristenmassen nicht so recht mit ihr anfreunden und bevorzuge Siena.
- Weitere sehenswerte Orte sind San Gimignano (zwischen Florenz und Siena) und die umbrische Hauptstadt Perugia. Die Fahrt vom Lupaia nach Perugia dauert beispielsweise eine gute Stunde.
Hallo Anita
eine fantastische Beschreibung einer fantastischen Landschaft!
Ich durfte diese Gegend während meines Italien-Jahres als Handballspieler hautnah erleben und geniessen!
Herzlichen Dank für diesen Erinnerungsbericht an eine wundervolle Zeit!
Lieber Edi vielen Dank für deinen Kommentar. Freut mich, dass dir der Beitrag gefallen hat!