Unter der Woche die Bürokleidung gegen Wanderschuhe und Daunenjacke tauschen, um kurz aus der Alltagsroutine auszubrechen. Tönt verlockend, oder? Letzten Mittwoch tat ich genau das. Ich sagte meinen Bürogspänli um 15:oo Uhr «Tschüss – bis Morgen Mittag». Mit warmer Kleidung und festem Schuhwerk ausgestattet machen wir uns auf den Weg auf den Pilatus. Dass der Luzerner Hausberg (der eigentlich halb auf Nidwaldner- und halb auf Obwaldner-Boden steht) ein hervorragendes Ausflugsziel für Faule ist, stellten wir bereits im Februar fest. Doch der Pilatus offenbart noch andere wunderbare Facetten wie die Tatsache, dass hier eine Steinwildkolonie heimisch ist. Über 100 Tiere besiedeln die Kette Steiglihorn – Esel – Tomlishorn – Widderfeld – Stäfeliflue – Risetenstock. Sie sind die Hauptdarsteller unserer Kurzauszeit mitten unter der Woche.
Wir nehmen auf dem Pilatus zur frühen Morgenstunde an einer Steinbock Safari – geführt von einem erfahrenen Alt-Wildhüter – teil. Die Einstimmung zur Safari findet am Vorabend mit einem Einstimmungsapéro inklusive ausführlicher Informationen zur Geschichte des Steinwildes im Alpenraum und einem gemeinsamen Nachtessen statt. Wir hatten uns insgeheim schönes Wetter gewünscht. Logisch, wenn schon die Gelegenheit besteht, auf dem Pilatus zu übernachten und den Sonnenuntergang fotografisch festzuhalten. Nichts da! Statt das goldene Abendlicht zu bewundern, blicke ich durch die Fenster der Zahnradbahn auf dicke Regentropfen. Ganz trüb sind die Aussichten dennoch nicht. Plötzlich quert eine Herde Gämsen das Trassee und huscht an uns vorbei Richtung Felswand. Damit steigt meine Hoffnung, dass wir am nächsten Tag den König der Alpen vor die Linse kriegen.
Oben angekommen begutachten wir unser Zimmer im Hotel Pilatus-Kulm und geniessen nach der ausführlichen Information vom Wildhüter ein feines 4-Gang-Menü zusammen mit den anderen Steinbock Safari Teilnehmern. Während des Abendessens lauschen wir alle gespannt den Anekdoten von Rudolf Käch. Der ehemalige Wildhüter unterhält uns mit allerlei spannenden Geschichten und entlässt uns mit ein «Schreckmümpfeli» ins Bett.
Am nächsten Morgen treffen wir uns kurz nach sieben Uhr zu Tee und Kaffee – die Stärkung vor dem morgendlichen Marsch. Der Pilatus wurde über Nacht leicht eingezuckert und das trübe Wetter hält sich hartnäckig. Aber immerhin: Bevor uns der Nebel erneut umhüllt, bewundern wir, wie die ersten Sonnenstrahlen die Gipfel der Berner Alpen erglühen lassen. Wir folgen Rudolf Käch, der uns den Felsenweg entlang Richtung Tomlishorn führt. Ob sich die Steinböcke heute zeigen werden? Wir sind gespannt und blicken von Zeit zu Zeit suchend durch den Feldstecher. Bald zeigt uns Robert Käch die erste Steingeiss, die mit ihrem Kitz rund hundert Meter unterhalb von uns der Hangkante folgt. Kurz vor dem Tomlishorn folgt ein abrupter Stopp. Den einen Zeigefinger auf den Mund gelegt, deutet Robert Käch mit dem anderen in die Nebelschwaden vor uns. Da! Ein Steinbock, zwei Steinböcke, drei, vier, fünf… fasziniert bleiben wir stehen.
Steinwild sei «touristenfreundlich», weil es nicht sofort flieht, erzählte uns Wildhüter Robert Käch am Vortag. Dass dies stimmt, demonstriert eine Steingeiss eindrücklich. Keine drei Meter von uns entfernt kaut sie nach einem kritischen Blick in die Runde seelenruhig weiter, währenddessen wir sie munter aus allen Winkeln knipsen. Die Fotojäger sind zufriedengestellt. Aufgrund des dichter werdenden Nebels verzichten wir auf die paar Höhenmeter hinauf zum Tomlishorn – für die Aussicht müssen wir an einem anderen Tag nochmals auf den Pilatus kommen – und kehren zum Hotel Pilatus-Kulm zurück, wo wir kurz vor halb zehn Uhr eintreffen. Hier stärken wir uns am Frühstücksbuffet, bevor wir mit Blick auf eine einzigartige Licht-Wolkenstimmung mit der Seilbahn runter in den Alltag gleiten. Kurz vor dem Mittag bin ich zurück an meinem Bürotisch und kann es kaum glauben, dass keine 24 Stunden vergangen sind, seit ich diesen verlassen habe. Ein Erlebnis, das meine Woche wunderbar anreicherte.
Infos zur Steinbock Safari
Wir nahmen an der letzten Steinbock Safari der Sommersaison 2016 teil. Es besteht die Möglichkeit im Hotel Bellevue (ab 249 CHF pro Person im Doppelzimmer) oder im Pilatus-Kulm (ab 299 CHF pro Person im Doppelzimmer) zu übernachten. Im Preis inkludiert sind die Berg- und Talfahrt, Apéro, Steinwild Information und Führung, Abendessen, Morgenkaffee und Frühstücksbuffet. Sobald die Daten für die nächste Saison bekannt sind, werde ich diese im Beitrag ergänzen. Auf jeden Fall eine tolle Gelegenheit, die Flora und Fauna vom Pilatus näher kennenzulernen. Bei guten Wetterbedingungen bietet die Übernachtung zudem phänomenale Fotospot für Panoramabilder im Abend- und Morgenlicht (unser Wetterpech in Ehren, ein bisschen hat mich der Nieselregen zugegebenermassen schon gewurmt).
Die Pilatus-Bahnen AG hat uns zu diesem Erlebnis eingeladen. Vielen Dank hierfür. Alle Eindrücke / Meinungen sind wie immer die unseren.
Liebe Anita! Trotz Wetter-Pech wieder sooo schöne Fotos! Echt super!
Vielen lieben Dank für diesen Kommentar. Das freut mich :)
Was gibts besseres als die Bürokleidung gegen Wanderschuhe zu tauschen. Der Pilatus steht auch noch auf meinem Plan ;)
Gell, ich finde auch :) der Pilatus lohnt sich auf jeden Fall!
Wunderschöne Fotos bei dir – wie immer, aber ich kann es einfach nicht oft genug sagen :-) Auf dem Pilatus waren wir auch schon mal – einfach eine wunderbare Aussicht und auch bei schlechtem Wetter einfach eine Reise wert! Und natürlich Luzern auch, für uns eine der schönsten Ecken der Schweiz.
Danke dir liebe Anke! Ja der Pilatus ist ein super Ausflugsberg und bietet bei jeder Wetterstimmung schöne Fotomotive :)