Die Karstlandschaft der Schrattenfluh ist mir seit meinem Geografiestudium und einer damit verbundenen Exkursionswoche ins Entlebuch ein Begriff. Die ausgedehnten Karrenfelder des Schrattenkalks, die den sanft abfallenden Südosthang der Schrattenfluh überziehen, sind ein faszinierendes Werk der Erosionskräfte und dementsprechend ein willkommenes Objekt für geomorphologische Studien. Obwohl ich mich zweitweise intensiv mit diesem beeindruckenden Gebirgsstock beschäftigt habe, bin ich nie mit den Karrenfeldern in Berührung gekommen.
Da war zum einen der Respekt vor der doch nicht ganz so easypeasy Runde über die Schrattenfluh und zum anderen viele andere, ebenso spannende Gipfel und Gebirgszüge, die sich irgendwie vorgedrängt hatten. Letzten Sonntag packte ich dann die Gunst des angekündigten herrlichen Sonnentages für eine prächtige Rundwanderung über die Südost-Flanken der Schrattenfluh zum aussichtsreichen Hengst. Ein durchwegs gelungener Wanderausflug ins Entlebuch!
Früher Start der Schrattenfluh Wanderung in Sörenberg – Salwideli
Es geht nichts über die Magie früher Morgenstunden und so peilten wir extra einen zeitigen Wanderstart an. Die Schrattenfluh ist keine Unbekannte, aber aufgrund der verschiedenen Wanderrouten, der geforderten Ausdauer und Trittfestigkeit und des fehlenden Seilbähnlis, das einem bequem auf einen Gipfel kutschiert, ist die Anzahl Wanderer hier in der Regel überschaubar. Trotzdem lohnt sich ein früher Start – pünktlich zum Abmarsch kurz vor sieben Uhr blinzeln beim Berggasthaus Salwideli gerade die ersten Sonnenstrahlen hinter den Hügelkuppen hervor. Während sich über dem Hochmoor von Sörenberg noch die letzten Nebelschwaden verflüchtigen, lässt die Morgensonne die Karrenfelder der Schrattenfluh golden schimmern.
Was für eine grossartige Stimmung! Wir folgen dem ausgeschilderten Wanderweg durch einen kurzen Waldabschnitt talwärts nach Wagliseiboden. Danach geht es einem sanft ansteigenden Fahrsträsschen entlang Richtung Alp Schlund weiter. Ein entspannter Toureneinstieg und gleichzeitig eine tolle Strecke, um sich warm zu laufen und richtig «wach» zu werden.
Nach der Alp Schlund folgen wir dem Strässchen einen weiteren Kilometer bergwärts bis zur Alpwirtschaft Silwängen. Auf halbem Weg zweigt Linkerhand ein Bergweg ab, der auf einer etwas direkteren Route zum Grat der Schrattenfluh hinaufführt. Die ausgeschilderte Wegzeit zwischen der und unserer Route via Silwängen unterscheidet sich jedoch lediglich um fünf Minuten.
Bei Silwängen verlassen auch wir das Fahrsträsschen und wagen uns in das auf einen Schlag alpine Terrain. Lange dauert es nicht, bis wir auf die ersten Karstblöcke treffen, die wahrhaftig so aussehen als hätte hier eine böse Kreatur seine Krallen im Stein gewetzt. Im sagenreichen Entlebuch wurden natürlich auch für die Schrattenfluh einige wilden Geschichten niedergeschrieben.
Durch Karstlandschaften zum Hengst
Im folgenden Abschnitt fehlt mir dann aber doch die Musse, in alten Geschichten zu schwelgen. Der Einstieg in die zerklüftete Karstlandschaft erfordert Konzentration. Hat man sich nach einigen Höhenmetern ans ungewohnte Terrain gewöhnt, gehts wieder etwas flotter voran. Dank der in regelmässigen Abständen angebrachten Wanderwegzeichen manövriere ich relativ zielgerichtet durch die Steinwüste. Es empfiehlt es sich, in diesem Abschnitt die Markierungen nicht aus den Augen zu lassen und stets vorausschauend nach dem nächst folgenden Zeichen Ausschau zu halten.
Der zackige Aufstieg wird bald einmal mit einem ersten tollen Blick Richtung Berner Alpen entschädigt. Eine Motivationsspritze, die mich überraschend leichtfüssig weiter Richtung Hengst – unser erster Gipfel dieser Tour – weiterlaufen lässt. Ich hatte mich darauf eingestellt, dass der Aufstieg da und dort tricky werden könnte und mich – bekennende Angsthäsin, wenn es um abschüssige Stellen geht – doch sehr fordern würde. Doch ich finde mich recht rasch gut auf den Karrenfelsen zurecht und erreiche das flachere und deutlich weniger zerklüftete Terrain direkt unterhalb des Grates schneller als erwartet.
Nun trennen mich nur noch wenige Höhenmeter vom Hengst – der höchsten Erhebung der Schrattenfluh. Gut zwei Stunden nach dem Start in Salwideli erreiche ich den Gipfel und lasse das prächtige Panorama auf mich wirken. Der Rundblick vom Mittelland über die Hügelzüge des Emmentals bis hin zu den schneebedeckten Alpen ist schlicht gigantisch. Sehr toll ist auch die Aussicht auf den benachbarten Hohgant.
Dem Gratweg entlang Richtung Schibegütsch
Nach einer kurzen Pause geht es für uns dem Gratweg entlang weiter Richtung Schibegütsch. Während die Flanken der Schrattenfluh im Südosten sanft ansteigen, fallen sie gegen Nordwesten steil ab – ein imposanter Kontrast. In diversen Wanderbeschrieben steht, dass man auf dem Gratweg aufpassen muss, damit man abseits des Weges nicht in die tiefen Karstlöcher fällt. Das ist meiner Meinung nach etwas übertrieben und trifft in diesem Ausmass bei dieser Tourenvariante nur für den Part zwischen Silwängen und Hengst (Aufstieg) zu.
Direkt nach dem Hengst folgt ein kurzes, relatives steiles Teilstück, wo ich meine Hände zu Hilfe nehme. Danach verläuft der Weg nahezu durchgehend als gut begehbarer, schmaler Naturpfad über den mehrheitlich grasbewachsenen (und nicht steinigen) Grat.
Zwei Gipfel auf einen Schlag
Eigentlich hatte ich die Tour im Vorfeld ohne Schibegütsch geplant. Doch als wir das Ende des Gratweges erreichen und feststellen, dass der Aufstieg zum zweiten Gipfel dieser Tour uns nur noch zehn zusätzliche Minuten abverlangt, fackeln wir nicht lange.
Auf dem Schibegütsch ist man den Berner Alpen schon ein gutes Stück näher und gleichzeitig gibt es einen tollen Blick zurück Richtung Hengst. Wer bei der Wegverzweigung unterhalb des Schibegütsch noch Energiereserven übrig hat, sollte sich diesen Zusatzgipfel definitiv nicht entgehen lassen.
Danach folgen wir einem steilen, aber gut ausgebauten Zick-Zack-Weglein talwärts Richtung Ober Imbärgli. Im Gegensatz zum Aufstieg ist hier keinerlei Schratten-Kraxlerei erforderlich – mit ein Grund, wieso es sich empfiehlt, die Rundwanderung wie wir im Gegenuhrzeigersinn zu absolvieren. Auf dem letzten Teilstück gehts über Alpweiden gemütlich retour nach Wagliseiboden.
Zum Abschluss sind uns dann nochmals ein paar Höhenmeter durch den Wald hinauf nach Salwideli vergönnt. Dank frühem Start sind wir noch vor dem Mittag zurück am Ausgangspunkt und können nun den Rest des Nachmittags gemütlich die Beine hochlagern.
Praktische Tipps für deine Schrattenfluh Rundwanderung
Der Routenverlauf unserer Schrattenfluh-Rundwanderung kann nachfolgender Karte entnommen werden. Wir haben uns für die Route Salwideli – Alp Schlund – Silwängen – Hengst – Gratweg – Schibengütsch – Oberwisstanne – Schneeberg – Salewideli entschieden. Die Distanz dieser Tourenvariante beträgt 14.2 Kilometer. Vom Salwideli bis auf den Hengst sind knapp 850 Höhenmeter zu überwinden. Weitere knapp 200 Höhemeter fallen beim Aufstieg auf den Schibegütsch sowie beim Rückweg zwischen Schneeberg und Salwideli an. Wir benötigten für die Rundwanderung inklusive zwei kürzeren Pausen auf dem Hengst sowie auf dem Schibegütsch fünf Stunden. Ausgeschildert ist diese Tour mit einer Gehzeit von 5.30 Stunden.
Beachtet, dass es sich bei den Wanderwegen rund um die Schrattenfluh um Bergwanderwege (T2) handelt. Der Abschnitt Silwängen – Hengst führt zudem direkt über die Karrenfelsen. Abschnittsweise ist die Schwierigkeit hier im T3-Bereich (kein Weg direkt ersichtlich, exponierte Stellen). Hier ist Trittsicherheit erforderlich.
Das Berggasthaus Salwideli, wo wir gestartet sind, ist nicht direkt mit dem öffentlichen Verkehr erreichbar. Da wir sehr früh unterwegs waren, sind wir für einmal mit dem Mobility und nicht mit dem öV angereist. Beim Salewideli kann man kostenlos parkieren. Ein weitere Parkmöglichkeit besteht beim Wagliseiboden (damit spart man sich nochmals einige wenige Höhenmeter). Wer mit dem öffentlichen Verkehr anreist, der startet die Tour am besten bei der Bushaltestelle Sörenberg, Hirsegg. Bei dieser Tourenvariante fallen zusätzliche 250 Höhenmeter an (gut drei Stunden Aufstieg zum Hengst).
Schrattenfluh Wanderung Salwideli – Hengst – Schibengütsch – Salwideli: Eckdaten unserer Tour
Ausgangspunkt | Parkplatz Berggasthaus Salwideli |
Länge | 14,2 Kilometer |
Höhenmeter | ↗ 1’095 m ↘ 1’095 m |
Dauer | 5:30 h |
Zielort | Parkplatz Berggasthaus Salwideli |
Eine technisch weniger anspruchsvolle, aber ebenso lohnenswerte Wanderung in der Region findet ihr entlang dem Moorlandschaftspfad Entlebuch.
Eine abwechslungsreiche, schöne Wanderung. Beim Abstieg unterhalb Schiebegütsch Richtung Schneeberg gibts einen Abstieg über steile Leitern. Mit einem Hund oder kleineren Kindern nicht machbar. Auch der nachfolgende steile Abstieg erforderte gute Trittsichetheit für ca 30 Minuten.
Liebe Jacqueline – danke für deinen Kommentar und deine Ergänzung bezüglich der weiteren Abstiegsmöglichkeit. Da hast du natürlich absolut recht, aber genau deshalb habe ich in meinem Routenbeschrieb als auch in der eingezeichneten Route auf der Karte diejenige Abstiegsmöglichkeit aufgeführt, die eben nicht über jene Leitern führt, sondern die auf einem – auch für Kinder oder Hunden (die aber natürlich schon Erfahrung in den Bergen mitbringen sollten, da es generell keine easy Tour ist) passierbar ist.
Eine tolle Tour mit hervorragend gekennzeichneten Wegen. Trittsicherheit und etwas Bergerfahrung ist erforderlich. Wir haben einige komische Geh- und Klettervarianten beobachtet. Die Berge sind zwar für alle da, aber es gibt Leute, die gehören einfach nicht dahin. Im Salwideli wurden wir, trotz Corona-Einschränkungen, sehr zuvorkommend bedient. Der «Entlebucher Waldtraum» ist ein Hit. Besten Dank für den Tour-Tip und deine schöne Homepage.
Lieber Patrik, danke für deinen Kommentar und auch den kulinarischen Tipp. Stimmt – die Wege sind wirklich super ausgeschildert und leitem einem auch zielgerichtet über die Karrenfelder. Und du hast absolut recht – es ist keine Einsteiger-Wanderung und bedingt dementsprechend etwas Übung auf unebenen, steilem Terrain :)
Ich habe heute genau Deine Runde gemacht bei strahlendem Sonnenschein. Und bin am 6. Nov! im Tshirt auf dem Hengst angekommen. Einfach Hammermässig. Danke für deine tolle Beschreibung der Tour. Es ist genau so wie du beschrieben hast
Lieber Reto vielen Dank für dein Feedback – freut mich sehr, dass du eine tolle Tour erlebt hast :)
Vielen Dank für den sehr guten Beschrieb. Ich möchte noch Folgendes ergänzen. Der Hinweis, die Route im Gegenuhrzeigersinn zu machen, ist sehr wichtig, v.a. für das Karrenfelsen-Teilstück ob Silwangen. Wir haben das nämlich gestern andersrum und gegen Ende unserer Variante absolviert, also 700 steile und sehr unwegsame Distanzmeter – absolut kein „Vergnügen“ und nicht zu empfehlen. Wenn ich denke, dass wir zum Glück nicht noch von einem Regenguss erwischt wurden… Zum Schluss tröstete uns dann im Salwideli ein Moorfee Apero!
Lieber Roman danke für deinen Kommentar sowie deine Ergänzung bezüglich Gehrichtung – ja, über die Karrenfelder bergab ist nochmals eine andere «Nummer»
Liebe Anita. Danke fürs Teilen. Wir würden gerne die Wanderung in Angriff nehmen. Hast du die GPX/GPS Daten hierfür?
Besten Dank im Voraus. Dexter
Hallo Dexter danke für die Nachfrage. Ja, ich kann dir den GPX-Track zustellen.