Es gibt die Dinge, die einem sofort ins Auge stechen. So weiss ich noch genau, wie ich nach der 4-Seen-Wanderung von Engelberg nach Melchsee-Frutt durchs Postautofenster diesen wunderbar in die Landschaft gesetzten sechsgeschossigen Holzbau hoch über dem Sarnersee erblickte. «wow, ist das ein Hotel?»
Der lokale Hotelpionier Franz Hess-Michel wusste 1896, was er seinen Gästen bieten muss: ein Hotel, das aus allen Zimmern eine phänomenale Aussicht bietet. Bergseitig Richtung Melchtal und das damals namensgebende Nünalphorn und talseitig auf den Sarnersee.
Als mir Obwalden Tourismus die Gelegenheit bot, ihr «Obwaldner Kombi» Pauschalangebot zu testen, fiel mir die Hotelauswahl dementsprechend leicht. Das Pauschalangebot beinhaltet im Minimum eine Hotelübernachtung mit Frühstück und zwei Tage freie Fahrt in der Zentralschweiz mit dem Tell-Pass. Mitmachen tun Hotels in Alpnach, Sachseln, Sarnen, Wilen und das Jugendstil-Hotel Paxmontana in Flüeli-Ranft. Je nach Hotelwahl variieren die Preise pro Person zwischen 210 CHF und 270 CHF für eine Übernachtung inklusive zwei Tage Tell-Pass. Selbstverständlich entschied ich mich fürs Paxmontana und freute mich irrsinnig darauf, von Flüeli-Ranft aus die Geheimtipps des Kantons Obwalden ausfindig zu machen.
Kraftort Flüeli-Ranft
1966 wurde das Kurhaus Nünalphorn zu Paxmontana – «Bergfrieden» umbenannt. Diese damalige Neuorientierung ging mit dem aufkommenden Pilgertourismus in Zusammenhang mit dem in Flüeli-Ranft geborenen heiligen Niklaus von der Flüe einher, von dem das Dorf insbesondere in den 1970er und 1980er Jahren stark profitierte. Noch heute gilt Flüeli-Ranft als Kraftort und die Einsiedlerzelle von Bruder Klaus in der Ranftschlucht ist eine der bedeutendsten Pilgerorte der Schweiz. Das Hotel Paxmontana wurde zwischen 2006 und 2011 komplett saniert und hat sich seither als Tagungsort und Rückzugsort für Ruhesuchende etabliert. Es ist ein Haus mit Charakter und Geschichte. Beim Umbau wurden sowohl moderne als auch klassische Zimmer realisiert. Von den über 80 Zimmern sind nur vier sogenannte historische Zimmer (unseres war eines davon). Das Kernstück des Hauses ist das Restaurant in der lang gestreckten Veranda, die sich über die ganze Fassadenbreite zieht. Hier starten wir mit einem feinen Nachtessen unser Obwalden-Wochenende.
Eseltrekking von Flüeli-Ranft nach Stans
Am nächsten Morgen werden wir nach dem Frühstück von drei kecken, grauen Gestalten auf der Hotelterrasse erwartet. Der Tag wird tierisch. Wir haben uns mit Madeleine und Sepp von der Asinerie Baudet du Poitou Schürmatt zum Eseltrekking verabredet. Die Asinerie bietet auf Kundenwunsch massgeschneidertes Eseltrekking. Diese Wahlfreiheit ist schön und gleichzeitig herausfordernd. Wo kann ich mit den Eseln durch, wie lange brauchen wir und wo sind die schönen, eselfreundlichen Strecken. Schlussendlich entschied ich mich für den historisch bedeutenden Bruderklausenweg von Flüeli-Ranft nach Stans im Nachbarkanton Nidwalden. Dass meine Befürchtungen nicht unbegründet waren, zeigt sich nach knapp 15 Minuten Gehzeit. Unser Weg führt vom Paxmontana in die Ranft, wo eine schmale Holzbrücke über die Grosse Melchaa führt. Speedy mit Sepp an der Spitze macht den ersten Schritt wagemutig. Rutscht auf den nassen Holzplatten, macht einen grossen Satz rückwärts Richtung festen Boden und beäugt die Brücke argwöhnisch.
Was der Esel nicht kennt, frisst er nicht – heisst es so schön. So gestaltet sich das auch mit ungewohnten Dingen am Wegrand. Wir versuchen die nächsten dreissig Minuten alle Tricks, um einer der Drei auf die Brücke zu locken. Doch nichts da. Und da sich Sepp ein kleines bisschen ärgert, dass seine Esel die Brücke kategorisch verweigern, kann ich mir ein Grinsen nicht verkneifen. Wäre ja langweilig, wenn die Esel ihrem «störrischen» Image nicht gerecht würden, oder. Statt über die Brücke, wandern wir wieder zum Paxmontana hoch und steuern danach die «Hohe Brücke» vor Kerns an. Die ist als Strasse ausgebaut und lässt die Esel unbeeindruckt.
Mit einem kleinen Umweg durch Kerns kommen wir nach gut zwei Stunden auf den ursprünglich geplanten Bruderklausenweg zurück und gönnen den Eseln und uns eine wohlverdiente Picknickpause. Danach wandern wir ohne nennenswerte Zwischenfälle über Stock und Stein Richtung Stans zu. Lustig ist, dass die Kühe, Schafe und Ziegen auf den Weiden am Wegrand zum Zaun kommen und die Esel neugierig beäugen.
Kurz vor dem Ziel braucht es nochmals Überzeugungsarbeit. Oberhalb von Stans führt unser Wanderweg quer über die Schienen der Standseilbahn. Mein grauer Grufti, der sowieso um viele Dinge am Wegrand einen grossen Bogen schlägt, findet das nicht lustig. Nach einigen Versuchen können wir ihm zum Glück überzeugen, dass ihm die Schienen nichts Böses wollen. Für die gut 15 Kilometer von Flüeli-Ranft nach Stans haben wir mit Umweg und Pause gut sieben Stunden benötigt. In Stans erwartet uns Madeleine mit dem Transporter. Ungern verabschieden wir uns von den sympathischen Grautieren – das Trekking war ein Heidenpass. Für alle, die mit Kindern unterwegs sind, eine tolle Alternative zur «normalen» Wanderung. Man muss zum einen feinfühlig mit dem Tier umgehen und ist gleichzeitig draussen in der Natur.
Auch wenn das Stanserhorn auf Nidwaldner Boden steht, gönnen wir uns zum Abschluss des Tages eine Fahrt mit der Cabrio-Bahn. Das Wetter sieht zwar zuerst nicht vielversprechend aus, aber dank dem Tell-Pass können wir gratis mitfahren. Pünktlich zum Sonnenuntergang reist der wolkenverhangene Himmel auf und gibt das tolle Panorama auf den Vierwaldstättersee frei. Was für ein toller Tagesabschluss.
Rund um den Giswilerstock
Das Wetter zeigt sich auch am nächsten Tag von seiner unbeständigen Seite. Heute erkunden wir die Gegend rund um den Giswilerstock. Wir fahren mit dem Postauto von Flüeli-Ranft nach Sachseln und von dort mit dem Zug nach Giswil. Von dort geht es mit im Postauto von Tony Schnider, der uns mit den Worten «Willkommen auf der touristischen Postautostrecke Giswil-Sörenberg» begrüsst, spannende Infos zur Fahrstrecke erzählt und vor jeder Kurve dem Postauto ein kräftiges «tütato» entlockt bis auf die Mörlialp.
Hier startet der 14 Kilometer lange Bärgmandlipfad, der rund um den Giswilerstock führt. Wir kürzen die Tour ab und wandern nach der Jänzimatt Richtung Furgge bergauf. Der Pfad ist steil und teilweise ausgesetzt un die phänomenale Aussicht wird komplett vom Nebel verschluckt. Etwas weiter kann sich die Sonne zumindest teilweise durchsetzen und so geniessen wir auf der Terrasse der Fluonalp ein feines Plättli und zum Dessert selbstgemachtes Mokka-Joghurt mit Schlagrahm und ein Fluonalp-Kaffee mit viel Schnaps drin. Die Alpkäserei mit Beizli ist einer der Geheimtipps der Obwaldner. Hier oben kann man nicht nur die besten Älplermagronen der Region essen, sondern auch in den neu gemachten Mehrbettzimmern hoch über dem Sarnersee übernachten. Ein herrliches Plätzchen. Mit vollen Magen wandern wir weiter Richtung Lungern-Turren. Das Gebiet ist nach drei Jahren Stilllegung seit Ende April 2016 wieder per Seilbahn erschlossen, was für viele Wanderungen praktisch ist. Und so endet unser Wochenende mit dem Postkartenblick auf den Türkis schimmernden Lungernsee.
Noch mehr Ausflugsideen für den Kanton Obwalden:
- Auf der Webseite von Obwalden Tourismus findet ihr über Feuerlaufen bis zum Klettersteig weitere Geheimtipps
- Ein Klassiker ist der Besuch der Älggi-Alp – dem Mittelpunkt der Schweiz
- Ebenfalls empfehlenswert ist das Hotel & Restaurant Kaiserstuhl am Lungernsee (für ein feines Nachtessen) und das Wellnesshotel Wilerbad am Sarnersee, das einen schönen Wellnessbereich hat
Obwalden Tourismus hat mich eingeladen, das Pauschalangebot «Obwaldner Kombi» zu testen. Alle Eindrücke / Meinungen sind wie immer meine eigenen.