«Was für eine komische Truppe», mag sich manch ein Wandergast beim Anblick unseres Grüppchens gedacht haben. Leicht naserümpfend stehen wir am Sonntagmorgen beim Parkplatz Merlen herum. «Heute ist leider kein Fotowetter», sind sich die rund 20 Teilnehmenden einig. «Kein Fotowetter?!». Die Sonne strahlt doch vom Himmel. Weit und breit kein Wölkchen zu sehen. «Eben». Wenn sich eine Gruppe Instagrammer zu einer Fotowanderung trifft, wünschen sich die Teilnehmenden insgeheim mystische Wolkenbilder und nebelverhangene Bergflanken. Stahlblauer Herbsthimmel, da herrscht Einigkeit, ist langweilig. Eingeladen zu diesem herbstlichen Wanderausflug hat das Heidiland, das im Vergleich zu vielen anderen Schweizer Destinationen, die erst vor Kurzem auf den Instagram-Zug gesprungen sind, schon früh mit Instameets experimentiert hat. Auch die Wanderung vom letzten Sonntag war eine Art Experiment. Lassen sich die Leute auch für eine längere Rundwanderung mit etlichen Höhenmetern begeistern? Ja, lassen sie sich. Obwohl die Murgsee Rundtour definitiv kein easypeasy Sonntagsspaziergang ist, haben sich weit mehr Personen für eine Teilnahme interessiert, als die Gruppengrösse von 20 Personen zugelassen hat.
Auch wir haben uns für die Wanderung angemeldet. Der Zufall wollte, dass wir uns für dieses Wochenende noch ein freies Zeitfenster für eine Saisonabschluss-Wanderung reserviert hatten und die Murgsee-Rundtour schon lange auf der Bucket-List stand. Wieso sich also nicht für einmal einer Gruppe gleichermassen passionierter Outdoor-Fotografen anschliessen.
Das grelle Herbstlicht und der langweilig blaue Himmel war auch uns ein Dorn im Auge. Doch wir sind es uns gewohnt, das Wetter so zu nehmen, wie es kommt. Für die Blogbeiträge steht das Zeigen der landschaftlichen Vielfalt noch vor dem perfekten Licht für den erstklassigen Shot.
Und so marschierten wir mit festem Schritt in Merlen los und folgten dem Murgbach bergwärts. Plaudernd vorwärts wandernd verging die Zeit bis zum ersten Highlight wie im Flug. Wanderguide @meyewi führte uns zielsicher einem schmalen Pfad entlang zum Ufer des Unteren Murgsee, der sich mitten in einem geschützten Arvenwald befindet. Nach weiteren 200 Höhenmetern erreichten wir das Plateau bei der Murgsee-Hütte, wo wir uns eine Mittagspause gönnten. Danach galt es weitere 200 Höhenmeter zu bewältigen, um vom Murgseefurggel mit einem Panoramablick auf den Murgsee und das märchenhafte Mürtschental mit dem markanten Mürtschenstock belohnt zu werden. Ab hier ging es relativ zügig talwärts, damit das Zeitbudget von 7 Stunden inklusive Fotostopps nicht arg überschritten wird und wir noch ohne Stirnlampen den Weg zurück zum Parkplatz finden. Das Zeitmanagement bei 20 herumschwirrenden Instagrammern einzuhalten ist keine leichte Sache. Umso erstaunlicher, dass wir kurz vor dem Eindunkeln mit nur 20 Minuten «Verspätung» unseren Ausgangspunkt erreichten.
Und wie war jetzt dieser #Instahike?
Mein Fazit ist durchzogen. Landschaftlich ohne Zweifel eine traumhafte Wanderung, die durch die geologisch interessante Tektonikarena Sardona führt. Und ob wir nun in einer Gruppe mit 20 Personen oder allein unterwegs gewesen wären, hätte an diesem Tag sowieso keine Rolle gespielt. Scheinbar strömten an diesem Sonntag nochmals alle nach draussen, um den Vitamin D Speicher für den Winter zu füllen. Anders kann ich mir die vielen Leute unterwegs nicht erklären. Zudem ist es schön, wenn man Leute, denen man schon lange auf Instagram folgt, endlich mal in «reallive» trifft und sich zu Outdoor-Themen austauschen kann. Mit dabei war unter anderen @diamondliz, der ich schon ewig folge und die wohl noch häufiger als ich in den Bergen anzutreffen ist.
Mit was ich Mühe hatte, war die Tatsache, dass alle mehr oder weniger das gleiche Motiv ablichten. Das heisst nicht, dass die Fotos danach exakt gleich aussehen – gerade die Vielseitigkeit an resultierenden Bildern wurde als spannendes Phänomen von Instameets hervorgeben – dennoch fühle ich mich in meiner Inspiration gebremst. Ich denke mir dann immer «das wurde ja schon dreimal aus dieser Perspektive fotografiert, dann muss ich das nicht auch noch knipsen». Deshalb kann ich es überhaupt nicht verstehen, dass einige Teilnehmer direkt hinter dir warten, um danach den exakt gleichen Shot zu machen. Oder noch ätzender: dich während dem du am Fotografieren bist bitten, ob du nicht mal aus dem Weg gehen könntest. Hat das nicht mit Respekt zu tun, dass man in einer solchen Situation wartet, bis derjenige, der zuerst dort war, sein Bild im Kasten hat?
Wenn wir jetzt grosszügig über das ungünstige Herbstlicht (da kann niemand was dafür), x-fach gleich geschossener Bilder (das war zu erwarten), Inspirationsblockade (mein Problem) und fehlendem Respekt (jugendliche Unwissenheit) hinwegsehen, dann war das insgesamt ein toller Wandertag mit netten Leuten, die alle unsere Passion teilen. Die Bilder der anderen Teilnehmern könnt ihr euch unter diesem Hashtag anschauen #InstAutumnHike.
Praktische Infos und Tipps zur Murgsee Rundtour
Der Routenverlauf kann nachfolgender Karte entnommen werden. Die Rundwanderung, die beim Parkplatz in Merlen startet, ist rund 14.5 Kilometer lang, beinhaltet eine Steigung von 900 Höhenmetern und ein Gefälle von 900 Höhenmetern. Die reine Laufzeit beträgt rund 5.5 bis 6 Stunden. Den Ausgangspunkt erreicht man mit dem PKW (Parkgebühr 10 CHF) oder mit dem Sammeltaxi (Taxi Walser, telefonische Voranmeldung nötig) ab Murg. Ich empfehle, die Wanderung im Gegenuhrzeigersinn abzuwandern und den Aufstieg via Mürtschental in Angriff zu nehmen. Es geht so zwar etwas länger, bis man die Murgseen erreicht, dafür hat man bei den Seen alle Höhenmeter bewältigt.
Eckpunkte der Wanderung zu den Murgseen
Ausgangspunkt | Parkplatz in Merlen (Murgtalbus –Anmeldung für Busfahrten bei Taxi Walensee) |
Länge | 14.5 Kilometer |
Höhenmeter | ↗ 936 m ↘ 936 m |
Dauer | 5:10 h |
Zielort | Parkplatz in Merlen |
Einkehrmöglichkeit | Murgseehütte |
Ich muss ja sagen, dass ich ein großer Fan von blauem Himmel bin. Die meisten fotografieren ja lieber, wenn es bewölkt ist oder wenn die Sonne untergeht. Ich liebe einfach den Kontrast, das intensive Blau und die harschen Schatten.
Ich finde es kommt auf die Umgebung darauf an. Harte Schatten / grelles, wolkenloses Licht finde ich in den Bergen sehr schwierig. In Städten und auch Küsten- / Wüstenlandschaften dagegen kann es sehr interessante Bilder geben. Ist aber ganz klar auch Geschmacksache :)
Sieht toll aus, die Tour kommt definitiv auch auf meine Bucketlist!
Ist auch ne echt tolle, sportliche Wanderung :)
Hallo Anita
Habe erst jetzt deinen tollen Bericht gesehen und mit Interesse gelesen. Ist ein super Feedback. Ich bin im Moment am schreiben meiner Abschlussarbeit mit dem Thema «Social Media und Wandern» . Und dein Blogeintrag bestätigt das was ich bis jetzt geschrieben habe. Ich mache im Juni übrigens mit 2 Kolleginnen diese Wanderung als Abschlussprüfungswanderung mit Gästen und 2 Experten. Und wie du geschrieben hast in der anderen Richtung. Es gefällt mir so auch besser.
Gruess Willy