Der Jura-Höhenweg war hier auf dem Blog bereits mehrmals ein Thema. In den letzten Jahren haben wir sieben der insgesamt 16 Etappen des Fernwanderweges (Route Nr. 5), der von Dielsdorf im Kanton Zürich über die Höhen des Schweizer Juras bis an den Genfersee nach Nyon führt, absolviert. Im vergangenen Herbst kamen zwei weitere Strecken hinzu. Bei prächtigstem Herbstwetter erklommen wir den höchsten aller Schweizer Jura Gipfel: den Mont Tendre.
Etappe 14 von Le Pont auf den Mont Tendre
Der Himmel präsentierte sich bei unserer Ankunft in Le Pont im Vallée de Joux noch ziemlich grau und verhangen – typisches Jurawetter. Aber das sollte sich bald ändern. Für unsere geplante zweitägige Wanderung entlang der Etappen 14 und 15 des Jura-Höhenwegs hat sich nämlich bestes Herbstwetter angekündigt. Nach der verregneten Wandertetappe vom Chasseral auf den Vue des Alpes knapp einen Monat zuvor hatten wir uns das aber auch absolut verdient.
Nach einem kurzen Kaffeestopp im direkt neben dem Bahnhof gelegenen Hôtel de la Truite starten wir mit dem langen Aufstieg Richtung Höhepunkt der heutigen Tour. Wenn die Wetterprognose hält, was sie verspricht, erwartet uns auf dem Mont Tendre eine herrliche Fernsicht.
Wir wandern der Uferpromenade des Lac de Joux entlang und folgen danach einem Waldweg bergauf Richtung Col du Mollendruz. Ab hier lassen wir die Zivilisation gefühlt hinter uns und tauchen in die Weite der Jura Weiden ein. Da und dort eingestreute Höfe, verschlungene Kieswege, Weitblicke über Tannenwälder – der Jura begeistert mich immer wieder! Ach, und wie von Zauberhand wurden zwischenzeitlich die grauen Wolken weggeschoben. Die letzten Höhenmeter zum Gipfelkreuz des Mont Tendre legen wir unter einem strahlend blauen Herbsthimmel zurück.
Auf dieser Etappe des Jura-Höhenwegs treten die Trockensteinmauern als steter Wegbegleiter in Erscheinung. Sie folgen den Hügelzügen und bilden kilometerlange imposante Steinstrukturen, die mich schon fast ein wenig an die Chinesische Mauer erinnern.
Die Aussicht vom höchsten Gipfel des Schweizer Juras
Auf den letzten Metern hinauf auf den 1’679 m ü. M. gelegenen Mont Tendre eröffnet sich uns der beeindruckende Blick Richtung Genfersee. Wow! Das Panorama ist einfach grossartig und reicht von den Waadtländer und Walliser Alpen über das Mont-Blanc-Massiv und den Genfer Jet d’eau bis zu den Vogesen. Diese Rundsicht begleitet uns auch auf den nun noch verbleibenden sieben Kilometer, die in leichten Auf und Ab ans Etappenziel auf dem Col du Marchairuz führen.
Direkt auf der Passhöhe befindet sich das gleichnamige Hotel (Hôtel du Marchairuz), wo wir übernachten. Das Hotel überrascht uns mit grosszügigen und hübsch ausgestatteten Hotelzimmern (vor allem im Quervergleich zu anderen Jura Unterkünften). Und auch das kulinarische Angebot ist absolut solid. Im Gegensatz zu einer Übernachtung auf dem Chasseral oder Chasseron ist die Aussicht hier aufgrund der Lage mitten in den weitläufigen Tannenwäldern eingeschränkt. Immerhin erhaschen wir von unserem Zimmer aus einen Blick auf den schneebedeckten Mont Blanc.
Eckdaten der Wanderung Le Pont – Mont Tendre – Col du Marchairuz
Nachfolgender Karte könnt ihr den Routenverlauf der Wanderung von Le Pont auf den Monte Tendre und weiter bis auf den Col du Marchairuz entnehmen. Es handelt sich um einen gelb markierten Wanderweg der Schwierigkeitsstufe T1/T2. Der Weg ist technisch nicht anspruchsvoll und verläuft mehrheitlich auf Waldpfaden, über Weiden und auf Kieswegen. Die Streckenlänge (> 20 Kilometer) und die Anzahl Höhenmeter erfordern jedoch eine gewisse Grundkondition.
Die Etappe 14 endet auf dem Col du Marchairuz, wo sich auch das Hôtel du Marchairuz sowie die Postautohaltestelle Le Marchairuz, col befindet. Die Strecke wird ganzjährig bedient. Wer die Wanderung auf den Mont Tendre als Tageswanderung plant, dem empfehle ich, im Vorfeld die Postautoverbindungen zu checken (unregelmässiger Takt/im Schnitt alle zwei Stunden ein Kurs).
Die Postautoverbindung vom Col du Marchairuz führt übrigens nach Le Brassus im Vallée de Joux. Ihr könntet die Wanderung über den Mont Tendre somit alternativ auch mit einem Aufenthalt im schicken Hôtel des Horlogers verbinden.
Ausgangspunkt | Bahnhof Le Pont (1’000 m ü. M.) |
Erreichbarkeit | Ausgangspunkt und Ziel Mit dem öffentlichen Verkehr erreichbar |
Länge | 21,4 Kilometer |
Höhenmeter | ↗ 1’017 m ↘ 579 m |
Dauer | ca. 6:00 h |
Zielort | Le Marchairuz, col (Bushaltestelle) (1’450 m ü. M.) |
Verpflegung | Keine Einkehrmöglichkeiten unterwegs (Picknick mitnehmen) |
Etappe 15 vom Col du Marchairuz nach St-Cergue
Nach einer ruhigen Nacht auf dem Col du Marchairuz und einem feinen Frühstück mit einer schönen Auswahl an regionalen und hausgemachten Produkten starten wir in den zweiten Wandertag. Das Wetter ist uns erneut wohlgesinnt; die perfekten Bedingungen für eine weitere aussichtsreiche Etappe auf dem Jura-Höhenweg. Die heutige Strecke ist mit 17 Kilometern etwas kürzer als diejenige des Vortages, deren 22 Kilometer noch in meinen Oberschenkel nachhallen.
Sowohl die gestrige Etappe des Jura-Höhenwegs als auch die heutige Strecke verlaufen innerhalb des Regionalen Naturparks «Jura Vaudoise». Wir folgen den Trockensteinmauern zuerst einer lauschigen, rund dreieinhalb Kilometer langen Waldlichtung entlang nach «La Neuve». Hier geht’s zum ersten Mal an diesem Tag kurz aber knackig 100 Höhenmeter bergauf auf die sogenannte «Crêt de la Neuve», wo sich uns wieder der Blick Richtung Genfersee und Mont-Blanc-Massiv öffnet. Definitiv der schönste Aussichtspunkt auf dieser Etappe. Doch die folgenden Kilometer halten noch weitere schöne Fernblicke bereit.
Die prächtigen Herbstwälder des Waadtländer Juras
Je näher wir dem Etappenziel St-Cergue kommen, desto bunter werden die Wälder. Nebst der Farbenpracht wartet auf dieser Wegstrecke mit den Ruinen des Couvent d’Oujon auch noch ein kultureller Zeitzeuge aus dem Mittelalter auf. An das im 12. Jahrhundert gegründete und im 16. Jahrhundert im Zuge der Reformation aufgelöste Kartäuserkloster erinnern heute nur noch Mauerresten – das Kulturgut von nationaler Bedeutung liegt aber direkt am Wanderweg und kann gratis besichtigt werden. Ein lohnender kurzer Stopp.
Der letzte verbleibende Kilometer ans Etappenziel St-Cergue punktet nochmals mit einem fantastischen Fernblick. In St-Cergue checken wir mangels Alternativen (wir sind zu acht unterwegs) im Hotel de la Poste ein. Die Zimmer (im 90er-Jahre Charme) waren soweit in Ordnung – ansonsten ein eher zwielichtiger Betrieb. Anderenfalls gibt es in der Gegend noch zwei, drei Bed & Breakfasts. Die Auswahl an Übernachtungsmöglichkeiten ist aber leider generell nicht gerade üppig.
Eckdaten der Wanderung Col du Marchairuz – Crêt de la Neuve – St-Cergue
Nachfolgender Karte könnt ihr den Routenverlauf der Wanderung vom Col du Marchairuz nach St-Cergue entnehmen. Es handelt sich hier wiederum um einen gelb markierten Wanderweg der Schwierigkeitsstufe T1/T2. Diese Etappe ist mit 16.5 Kilometer ebenfalls lange, aber beinhaltet deutlich weniger Höhenmeter. Somit ist sie etwas weniger streng als die erste Etappe auf den Chasseral.
Ausgangspunkt | Le Marchairuz, col (Bushaltestelle) (1’450 m ü. M.) |
Erreichbarkeit | Ausgangspunkt und Ziel mit dem öffentlichen Verkehr erreichbar |
Länge | 16,7 Kilometer |
Höhenmeter | ↗ 423 m ↘ 823 m |
Dauer | 4:30 h |
Zielort | Bahnhof St-Cergue (1’050 m ü. M.) |
Verpflegung | Keine Einkehrmöglichkeiten unterwegs (Picknick mitnehmen) |
Praktische Tipps für deine Wanderung über den Mont Tendre (Jura-Höhenweg Etappen14/15)
- Die Wandersaison im Schweizer Jura startet ab Ende April/Anfangs Mai und dauert – bei milden Herbstwetter – bis in den November.
- Die Einkehrmöglichkeiten sind entlang dieser beiden Etappen – insbesondere in der Nebensaison – leider rar. Ich empfehle daher für beide Strecken, ein Picknick einzupacken.
- Von St-Cergue bis ans «anderen Ende» des Jura Höhenwegs – nach Nyon – verbleibt übrigens nur noch eine Etappe, die man direkt anhängen könnte. Leider ist die verbleibende Wegstrecke aber nicht unbedingt das Filetstück des Jura-Höhenwegs und enttäuscht insbesondere auf den letzten acht Kilometern mit einem hohen Teerstrassen-Anteil. Alternativ – und das ist das, was wir gemacht haben – kann man von St-Cergue aus auch den 15 Kilometer langen Chemin de la Dôle in Angriff nehmen. Eine herrliche Panoramawanderung, die über typische Juraweiden auf den Gipfel des La Dôle (1’677 m ü. M.) führt. Der Gipfel des La Dôle liegt übrigens nur zwei Meter tiefer als diejenige des Mont Tendre. Damit ist der La Dôle der zweithöchste Berg im Schweizer Jura.