„Wie du warst noch nie auf dem Jungfraujoch?“ „Aber du bist doch dort quasi ums Eck aufgewachsen!“ Die meisten wollen mir nicht glauben, dass ich trotz einigen Ausflügen in die Jungfrau Region und Skiwochen in Grindelwald noch nie auf dem Jungfraujoch – dem Touristenmagnet im Berner Oberland – gewesen bin. Schuld daran sind meine Eltern. Ausgerechnet in denjenigen Schulferien, wo ich das Gymnasium in Thun besuchte und daher zwei Wochen später Skiferien hatte als meine Geschwister in der Grundschule, nutzten sie ein Spezialangebot und krönten ihre Ferien mit einem spontanen Höhenflug. Währenddessen brütete ich wohl über einem äusserst spassigen Mathetest.
Höchste Zeit also, dies endlich einmal zu ändern und den – meiner Meinung nach – bestvermarkteten Berg zu besuchen. Um ehrlich zu sein, mit dem Slogan „Top of Europe“ wird der Gast ein klitzekleines bisschen in die Irre geführt. In der Schweiz beispielsweise übertrumpft das Klein Matterhorn mit 3‘883 m ü. M. (erreichbar mit der Seilbahn ab Zermatt) das Jungfraujoch um über 400 Meter. Zudem liegt das Jungfraujoch nicht – wie der Name Top of Europe suggeriert – auf einem Gipfel, sondern in einer Kuhle zwischen Mönch und Jungfrau.
Was genau liegt also hinter der Faszination Jungfraujoch und wieso pilgern jeden Tag unzählige Touristen auf den Berg?
Früh am Morgen ist Lauterbrunnen in eine mystische Stimmung gehüllt. „Hoffentlich verschwindet der Nebel, bis wir oben sind“, meint Annemarie, die uns auf dem Ausflug begleitet. Noch bevor der Zug den Bahnhof Lauterbrunnen verlässt, weiht sie uns in die spannende Geschichte zum Bau der Jungfraubahn ein. Der Schweizer Adolf Guyer-Zeller hat vor etwas mehr als 100 Jahren viel Fantasie, Mut und Unternehmergeist bewiesen, als er seine Vision, eine Bahnstrecke hoch hinauf in den alpinen Olymp zu bauen, umsetzte. Die Faszination an diesem äusserst waghalsigen Bauwerk hat bis heute angehalten. „Nirgendwo sonst kommt man so bequem in knapp zwei Stunden von 700 m ü. M. auf über 3‘400 m ü. M.“, begründet Annemarie das Erfolgsrezept von Top of Europe. Nebst spannenden Anekdoten aus der über hundertjährigen Geschichte der Jungfraubahnen, kennt Annemarie aber auch jeden Aussichtspunkt, den man fotografisch festhalten sollte. „Nach der nächsten Kurve gibt’s den schönsten Blick auf Wengen und das Lauterbrunnental“, meint sie und prompt öffnet sich ein Panorama, wo selbst mir der Mund offen bleibt. Die Fenster lassen sich zum Glück öffnen, so kann ungehindert wild drauflos geknipst werden.
Mit der Höhe lassen wir den Nebel langsam hinter uns und wie bestellt löst sich die Nebelwand bei der Wengernalp komplett auf und gibt den beeindruckenden Blick auf Eiger, Mönch und Jungfrau frei. Frisch eingeschneit geben sie vor der sattgrünen Wiese die perfekte Kulisse ab.
Mit der Jungfraujochbahn von Lauterbrunnen aufs Jungfraujoch
Gemächlich von Lauterbrunnen durch den Wengwald, vorbei an Wengen, über die Allmend mit vielen «ah’s» und «oh’s» zur Wengernalp
Zugwechsel auf der Kleinen Scheidegg
Auf der Kleinen Scheidegg müssen wir umsteigen. Die zweite Etappe von der Kleinen Scheidegg bis zum Jungfraujoch verläuft nach der Station Eigergletscher mehrheitlich im Tunnel. Unterwegs gibt es zwei Stopps, wo man rund fünf Minuten Zeit hat, die Aussicht zu bestaunen. Der erste Stopp liegt unmittelbar hinter der Eigernordwand. Mit ganz viel Glück, kann man hier sogar waghalsige Kletterer erspähen. Der zweite Stopp liegt beim sogenannten Eismeer und bietet einen atemberaubend schönen Blick auf das ewige Eis. Und dann, schwupps, erreicht man die Endstation auf dem Jungfraujoch, die gleichzeitig die höchste Bahnstation Europas ist. Aha, also doch Top of Europe.
In 52 Minuten von 2’061 m ü. M. auf 3’454 m ü. M. – inklusive Boxenstopp in der Eigernordwand
Top of Europe
geschafft! Dünne Luft und Schneespass auf dem Jungfraujoch
Das Jungfraujoch selbst bietet für seine Gäste eine breite Bandbreite an Aktivitäten. Der neuste Coup: ein Lindt-Schoggi-Geschäft. Das Panorama auf den Aletschgletscher, den Mönch, die Jungfrau und die Kleine Scheidegg (die sich bei uns unter einer dicken Nebeldecke versteckt) ist nur ein Teil der Attraktion. Bei schlechtem Wetter können sich die Gäste den Eispalast und die „Alpine Sensation“ Ausstellung ansehen. Sowieso, mindesten zwei Stunden Aufenthalt sollte man einplanen, meint Annemarie. Die Begeisterung der Touristen auf der Aussichtsplattform wirkt ansteckend. Die Kamera ist im Dauereinsatz und selbstverständlich wird das Erlebnis auch mit Selfies festgehalten. „Wir waren da“, als Botschaft für die Freunde zu Hause.
eingeklemmt zwischen Mönch….
… und Jungfrau
Eispalast Jungfraujoch
Wortwörtliche kulinarische Höhenflüge im Restaurant Crystal
Idyllische Fahrt nach Grindelwald
Bei uns ist es nach zwei Stunden inklusive einer wohlverdienten Stärkung auch an der Zeit, ins Tal zurückzukehren. Die Höhe hat uns zum Glück nichts ausgemacht. Je nach Wetterlage kann es aber schon vorkommen, dass später im Tal der Schädel etwas brummt. Wir wählen für den Rückweg die Variante Kleine Scheidegg – Grindelwald, damit wir noch etwas mehr von der Region sehen.
Ein Ausflug auf das Jungfraujoch ist ein besonderes Erlebnis und bietet sich zum Beispiel dann an, wenn man ausländische Gäste zu Besuch hat oder der dicken Nebelsuppe entfliehen möchte. Da die Tickets relativ teuer sind, lohnt es sich, Spezialangebote abzuwarten, oder auf der Webseite der Jungfraubahnen nach saisonalen Ticketaktionen Ausschau zu halten. Zurzeit gibt es beispielsweise das „Good Morning“ und „Good Afternoon“ Ticket, für das man ab Grindelwald/Lauterbrunnen 135 CHF (Hin- und Rückfahrt) zahlt.
Hinweis: Mein Besuch auf dem Jungfraujoch wurde von der Jungfrau Region unterstützt. Vielen Dank hierfür! Meine Leser dürfen wie immer sicher sein, dass ich stets meine Ansichten und Begeisterung vertrete.
Hallo, vielen dank für die tollen Eindrücke, die du uns hinterlassen hast. Es ist wirklich ein Traum..
Freunde von uns wohnen seit ein paar Jahren in der Schweiz und wenn wir sie dann ab und zu über’s Wochenende besuchen kommen, versuchen wir immer viel zu unternehmen!
Bisher bin ich leider nur bis zur kleinen Scheidegg gekommen. Der erste Besuch war geplant bis zur Station ‹kleine Scheidegg›, beim zweiten Besuch waren wir schon zu spät und hätten nur eine halbe Stunde Aufenthalt am Jungfraujoch gehabt.. Von daher, sind wir dann noch mal zur kleinen Scheidegg gefahren und haben uns fest vorgenommen, beim nächsten Besuch früher nach Grindelwald zu fahren und dann bis hoch und die Aussicht genießen! Und natürlich… Viele, viele Fotos machen ;-)
Liebe Susanne Danke für deinen Kommentar! Ich hoffe, dass es bei dir beim nächsten Mal klappt und auch das Wetter mitmacht :)
Top of Europe triffts eben schon. Teuer genug ist es ja dafür.
Schlussendlich hat aber jede Bergbahn in der Schweiz seinen Preis. Zum Glück. So können sie ja auch erhalten bleiben wenn mal ein paar Touristen weniger kommen wegen schlechtem Sommerwetter.
Das stimmt. Aber es gibt auch sehr preiswerte Alternativen wie z.B die Bahn auf die Riederalp oder die Seilbahn nach Rigi Kaltbad – bei beiden ist die Fahrt mit GA ohne Zusatzkosten :)