Es gibt Städte, die stehen schon seit Ewigkeiten auf meiner Bucket List. Marseille ist eine davon. Die südfranzösische Hafenstadt hat sich ihrem schlechten Ruf zum Trotz in den letzten Jahren zum angesagten Reiseziel gemausert. Höchste Zeit also, Frankreichs zweitgrösster und ältester Metropole einen Besuch abzustatten.
Wir haben uns hierfür ein eher unkonventionelles Zeitfenster für eine Städtereise ausgesucht – die Weihnachtsfeiertage. Marseille diente uns als Start- und Endpunkt einer zweiwöchigen Südfrankreichreise. Insgesamt verbrachten wir in zwei verschiedenen Hotels vier Nächte und fünf Tage in Marseille. Zu kurz, um alle Sehenswürdigkeiten abzuklappern – aber definitiv ausreichend Zeit, um sich einen guten Überblick zu verschaffen und ein paar Highlights rauszupicken.
1. Im Le Petit Nice Passedat einchecken
Eines ist das Le Petit Nice Passedat. Zugegeben, ein Schnäppchen ist der Aufenthalt im in der Bucht von Maldormé gelegenen 5-Sterne-Hotel auch über die Weihnachtsfeiertage nicht. Aber dennoch deutlich erschwinglicher als in den Sommermonaten. Das Le Petit Nice (Partnerlink) ist eine Institution! Seine Geschichte reicht über 100 Jahre zurück. Im Jahr 1917 erworb Germaine Passedat das weiss getünchte Gebäude im griechischen Stil mit Blick auf die Frioul-Inseln, um darin ein Hotel-Restaurant zu eröffnen. Sein Sohn Jean-Paul Passedat übernahm den Betrieb und wurde 1977 mit dem ersten Michelin Stern ausgezeichnet. Zehn Jahre später übernahm mit Gerald die dritte Generation der «Passedats» das Zepter. Er erkochte sich im Jahr 2008 den dritten Stern und konnte sich seither an der kulinarischen Spitze behaupten.
Meiner Meinung nach spricht aber für einmal weniger die gastronomische Komponente, sondern vielmehr die sensationelle Lage für einen Aufenthalt im Le Petit Nice. Wir haben Nebensaison sei Dank ein kostenloses Zimmerupgrade erhalten und kamen in den Genuss eines Doppelzimmers mit grosszügiger Terrasse und prächtigstem Meerblick (sogar direkt vom Bett aus). Und da das Wetter auch richtig toll mitspielte, ein definitiv unvergessliches Erlebnis!
2. Der Corniche Kennedy entlang spazieren
Das Le Petit Nice liegt wenige Meter von der Corniche Kennedy entfernt. Die fast vier Kilometer lange Küstenstrasse führt vom Plage des Catalans im Stadtzentrum bis kurz vor den Plage du Prado im 8. Arrondissement. Die Corniche ist eine beliebte Joggingstrecke der «Marseillais». Zudem wurde in den letzten Jahren auch ein durchgehender Radweg erstellt. Wer sich bei schönem Wetter einen halben Tag Zeit nimmt, der kann beim Spaziergang entlang der Corniche einige richtig schöne Orte entdecken. So zum Beispiel das «Vallon des Auffes». Obwohl das einstige Fischerdorf von der Metropole «verschluckt» worden ist, versprüht der kleine Hafen noch einen Hauch des Charmes vergangener Tage.
Nebst dem Le Petit Nice Passedat befinden sich noch weitere kulinarische Institutionen an der Corniche. So etwa das mit einem Michelin-Stern ausgezeichnete Restaurant L’Épuisette, das uns sehr positiv überrascht hat. Wer mag, der bekommt hier ein ganzes Menü rund um die Bouillabaisse. Ebenfalls bekannt für das provenzalisches Fischgericht ist das Restaurant Chez Fonfon. Wie die dortige Bouillabaisse im Quervergleich abschneidet, kann ich aber nicht beurteilen, da uns das Lokal zu wenig «amächelig» schien. Stattdessen landeten wir mit dem Restaurant Peron einen Zufallstreffer.
Während das günstigste Menü im Restaurant L’Épuisette mit 98 Euro zu Buche schlägt, bezahlt man auf der Sonnenterrasse des Restaurants Peron für Entrée und Plat rund 65 Euro. Den begehrten Meerblick lassen sich die Restaurants etwas kosten. Alternativ gibt es auf der «Stadtseite» aber noch einige günstigere Alternativen. Mein Tipp: Die Brasserie O’Canotier, in der man für eine Vorspeise zwischen 10 und 15 Euro und für einen Hauptgang zwischen 15 und 25 Euro bezahlt.
3. Corbusiers Cité Radieuse besichtigen
Wir mögen bekanntlich Stadtspaziergänge. Und so dehnten wir unseren Streifzug entlang der Corniche Kennedy kurzerhand zu einem gut halbtägigen Stadtrundgang durchs 8. Arrondissement aus. Neben einem positiven Schrittsaldo und interessanten Einblicken in Wohnquartiere, kann man so nämlich zwei weitere Sehenswürdigkeiten «mitnehmen». Darunter die unter Denkmalschutz stehende «Cité Radieuse» vom Le Corbusier. Sie ist die erste von insgesamt fünf sogenannten «Unités d’Habitation (Wohnmaschinen), die der Schweizer Architekt als Antwort auf den Wohnungsmangel in den Nachkriegsjahren zwischen 1947 und 1965 in Frankreich und Deutschland (Berlin) realisiert hat. Bei den Bauten wurde eine neuartige Idee der inneren Organisation verfolgt – und zwar wurden verschiedene Nutzungen – nach Stockwerken getrennt – miteinander kombiniert. Wohnen, einkaufen, einkehren, Schule, Sport und Freizeit – alles unter dem Dach der Wohnmaschine vereint. Im Jahr 2016 wurde die Cité Radieuse mit weiteren Werken von Corbusier in die Liste des UNESCO-Weltkulturerbes aufgenommen.
In der Cité Radieuse wird bis heute «normal» gewohnt. Für Besucherinnen und Besucher sind aber das Einkaufsgeschoss sowie das Dachgeschoss inkl. der Dachterrasse kostenfrei zugänglich. Hierfür muss man sich an der Loge lediglich anmelden und seine Kontaktangaben in eine Liste eintragen. In den Sommermonaten bespielt jeweils das temporäre Museum «MAMO» die Dachterrasse – dann ist es etwas weniger karg als im Winter.
Übrigens: In der Cité Radieuse befindet sich auch ein Hotel (Partnerlink). Die Übernachtungspreise starten bei rund 110 Euro. Mehr Infos für deinen Besuch der Cité Radieuse findest du hier: citeradieuse-marseille
Wer von der Cité Radieuse gut zwanzig Minuten weiter durch Wohnquartiere spaziert, der erreicht das Musée d’Art Contemporain [mac]. Die Sammlung kann kostenlos besichtigt werden. Wenn man schon in der Gegend ist definitiv einen kurzen Zwischenstopp wert!
Öffnungszeiten mac: Täglich ausser dienstags 09:00 – 18:00 Uhr | Eintritt in Sammlung kostenlos | Weitere Infos: musees.marseille.fr
4. Den Aufstieg zur Notre-Dame de la Garde auf sich nehmen
Die hoch über Marseille thronende Basilique Notre-Dame de la Garde ist eines der einprägsamsten Wahrzeichen der Hafenstadt. Kein Wunder, gehört sie auch zu den meistbesuchten Sehenswürdigkeiten. Ein Ausflug hierher lohnt sich aber trotz aller Popularität! Nirgends sonst gibt’s einen so grossartigen Rundblick über Marseille. Ein besonderes Highlight ist es, den Sonnenuntergang von hier oben zu erleben.
Von der Metrostation «Vieux Port» dauert der Aufstieg ca. 30 Minuten. Dabei sind auch fast 140 Höhenmeter zu überwinden. Alternativ gibt es auch die Möglichkeit, mit Stadtrundfahrtbussen bis zur Basilika hochzufahren.
Wer nicht nur das Panorama bewundern, sondern auch einen Blick ins Innere der Basilika werfen möchte, der kann dies täglich zwischen 07:00 bis 18:00 Uhr kostenlos tun.
5. Die Gegend zwischen Cours Julien und Altem Hafen erkunden
Wer von der Notre-Dame de la Garde wieder ins Stadtgetümmel absteigt, der wird zwischen dem Alten Hafen, den dahinterliegenden Einkaufsstrassen und dem Cours Julien von einem multikulturellen Flair empfangen. Einerseits die noblen Einkaufsstrassen – andererseits die engen, teils schmuddeligen Gassen des Viertels Noailles. 2018 schaffte es das Viertel mit einem tragischen Einsturz baufälliger Wohnhäuser in die internationalen Schlagzeilen. Der schmale Grat zwischen hipper alternativer Szene und offensichtlicher Armut ist hier ein ganz schmaler – und das mitten in der Innenstadt von Marseille. Über die bunten bemalten Treppenstufen der Escalier du Cours Julien geht’s auf den langgezogenen, autofreien und von zahlreichen Cafés gesäumten Platz. Jeden dritten Sonntag im Montag findet hier ein beliebter Flohmarkt statt.
In den Gassen hinter dem Cours Julien gibt’s noch mehr Street Art zu entdecken. Der Streifzug durchs «Dreieck» Vieux Port, Cours Julien und den Marché Noailles nimmt rund zwei bis drei Stunden in Anspruch und lohnt sich meiner Meinung nach. Wer sich unterwegs mit Kaffee stärken möchte, dem kann ich einen Stopp bei Deep Coffee Roasters (15 Rue Glandeves) empfehlen.
Ein weiteres Highlight ist der täglich im Alten Hafen von Marseille auf dem «Quai des Belges» stattfindende Fischmarkt. Das gesamte Hafenareal wurde vor gut zehn Jahren fussgängerfreundlicher gestaltet und ladet heute zum gemütlichen Flanieren inklusive exklusiven «Yacht-Spotting» ein. Ein Blickfang ist zudem der auf dünnen Stützen stehende filigrane Pavillon von Norman Forster über dem Zugang zur Metrostation Vieux Port, in dem sich die Umgebung spiegelt.
6. In die Altstadtgassen von Marseille eintauchen
Der Stadtrundgang bringt uns vom Alten Hafen erneut über einige Treppenstufen ins oberhalb vom «Quai du Port» liegende Altstadtviertel le Panier. Die hübschesten Gassen befinden sich zwischen der Rue de Lorette und der Rue du Panier. Hier wirkt die Grossstadt Marseille schon fast dörflich.
Am besten einfach der «Nase nach» durch die schmalen Gassen schlendern. So kommt ihr, ohne gross zu suchen, an inhabergeführten, kleinen Geschäften und Restaurants vorbei. Auch hier könnt ihr zudem einige interessante Street Art Motive entdecken.
Extratipp: Im einstigen architektonisch eindrücklichen Krankenpflegebau «Hôtel Dieu» hat sich die Luxushotelkette Intercontinental niedergelassen. Die zum Hotel gehörende «The Capian Bar» eignet sich prima, um abseits des Trubels eine kurze Verschnaufpause einzulegen.
7. Einen Blick in die Kathedrale von Marseille werfen
Am westlichen Ende des Stadtteils Le Panier an etwas isolierter Lage befindet sich die Kathedrale von Marseille. Der monumentale Bau im neoromanisch-byzantinische Stil ist eindrücklich. Ein kurzer Blick ins Innere lohnt sich meiner Meinung nach! Zumal man sich hier im Vergleich zu Basilika selten mit einem Menschenauflauf konfrontiert sieht.
Extratipp: Von der Kathedrale ist es zu Fuss nicht mehr weit bis zum Besuchermagnet «MuCEM» (vgl. nachfolgender Absatz). Bevor ihr euch aber diesem widmet, empfehle ich eine 30-minütige Zusatzschlaufe durchs neue Hafenviertel «La Joliette» bis zum «Frac Sud – Cité de l’art contemporain». Das Zentrum für zeitgenössische Kunst befindet sich in einem vom japanischen Architekten Kengo Kuma entworfenen Neubau. Beeindruckt hat mich hier insbesondere die Ausstellung «Invisible» von Martha Wilson, die sich mit dem Alterungsprozess auseinandersetzt.
Öffnungszeiten Frac Sud: Mittwoch bis Samstag 12:00 bis 19:00 Uhr, Sonntag 14:00 – 18:00 Uhr, Montag/Dienstag geschlossen | Einzelticket Erwachsene 5 Euro | Sonntag Eintritt frei | Weitere Infos: fracsud.org
8. Das MuCEM und das Fort Saint-Jean besuchen
Von der Kathedrale ist es zu Fuss nicht mehr weit bis zum Besuchermagnet «MuCEM». Das Museum der Zivilisationen Europas und des Mittelmeers wurde 2013 eingeweiht – im selben Jahr, als Marseille zur Europäischen Kulturhauptstadt ernannt wurde. Das Museum besteht aus einem riesigen Gebäudekomplex, der neben dem auffälligen Neubau auch das Fort Saint-Jean umfasst. Von den zahlreichen schönen Aussichtspunkten mit Blick über den Vieux Port konnten wir leider nur beschränkt profitieren, da wir uns für den Museumsbesuch einen Regentag aussuchten. Für den Besuch des MuCEM inklusive der weitläufigen Aussenanlagen des Forts ist am besten ein halber Tag einzurechnen.
Öffnungszeiten MuCEM: In den Sommermonaten ab Mai täglich ausser dienstags 10:00 – 19:00 Uhr | Einzelticket Erwachsene 11 Euro | Familientickets (für max. 2 Erwachsene und 5 Kinder) 18 Euro | Weitere Infos: mucem.org
9. Einen Fotostopp beim Palais Longchamp einlegen
Nach diesem Rundgang durch das historische Marseille und die neugestalteten Hafenviertel bietet der Palais Longchamp im Quartier des Cinq-Avenues ein regelrechtes Kontrastprogramm. Der palastartige Bau wurde Ende des 19. Jahrhunderts im Stil des Historismus errichtet. Sein Hauptzweck: ein Wasserspeicher für das Wasser der Durance – die Haupttrinkwasserquelle von Marseille. Zudem beherbergt der Palais Longchamp das Musée des Beaux Arts sowie das Naturkundemuseum. Der Blick ins Erstere lohnt sich – das haben wir überprüft. Zumal der Eintritt gratis ist!
Öffnungszeiten Musée des Beaux Arts: Täglich ausser dienstags 10:00 – 18:00 Uhr | Eintritt in Sammlung kostenlos | Weitere Infos: musees.marseille.fr
10. Durch das Kulturzentrum Friche la Belle de Mai flanieren
Der Fotostopp beim Palais Longchamp lässt sich gut mit einer Besichtigung des Kulturzentrums Friche la Belle de Mai kombinieren. Das Gelände einer Tabakfabrik wurde in zu einem Medien-, Kultur- und Kreativzentrum umgenutzt. Skatertreff, Café, Restaurants, Ateliers, Theater – hier erwartet euch ein bunter und spannender Mix.
Eine besondere Attraktion bildet dabei die Ausstellungsfläche «La Tour – Panorama», zu der auch eine grosse Dachterrasse mit Aussicht über die Stadt gehört. Da diese gemäss regulärer Öffnungszeiten jedoch erst am Nachmittag ab 13:00 Uhr bzw. 14:00 Uhr zugänglich ist, vertagten wir dies auf einen zukünftigen Marseille-Besuch.
Für euch habe ich aber folgenden Tipp mitgebracht: Plant euren Abstecher zur Friche la Belle de Mai am späteren Nachmittag ein! Mehr praktische Infos findest du hier lafriche.org.
11. Vom Strand aus den Sonnenuntergang bewundern
Um einen Sightseeing-Tag in Marseille gelungen ausklingen zu lassen, gibt es zwei Möglichkeiten. Entweder ihr besorgt euch in einem Laden Getränke und ein paar Snacks und sucht euch ein schönes Plätzchen am Strand. Mein Favorit für den Sonnenuntergang in den Wintermonaten ist der Plage de la Pointe d’Endoume.
12. Über den Dächern von Marseille den Abend einläuten
Oder ihr reserviert euch hoch über den Dächern des Alten Hafens einen Tisch in der hippen Bar Julis. Hier gibt’s kreative Cocktails und feine Tapas. Definitiv ein Lieblingsplatz für den Sundowner.
Weitere Tipps für deinen Aufenthalt in Marseille
- Zentral am Rand des Alten Hafens gelegen, schläft es sich im Hotel C2 (Partnerlink). Im schicken 5-Sterne-Haus haben wir am Ende unserer zweiwöchigen Südfrankreichferien für weitere zwei Nächte eingecheckt.
- Mein kulinarisches Highlight erlebte ich im zweiten 3-Sterne-Restaurant in Marseille – dem AM par Alexandre Mazzia (hier geht’s zur Restaurant-Website). Ein zugegeben teurer Spass – aber ein grossartiges Erlebnis. Und wenn ich zwischen den beiden 3-Sterne-Restaurants wählen müsste, bräuchte ich keine Sekunde für meine Entscheidung!
- Eine Städtereise nach Marseille lässt sich aus der Schweiz bestens mit dem Zug unternehmen. Mit einmal Umsteigen erreicht man den in der Innenstadt gelegene Bahnhof Marseille-Saint-Charles aus der Schweiz in 6 Stunden und 11 Minuten Fahrzeit.
- Ich empfehle, für einen Besuch von Marseille mindestens zwei Nächte / drei Tage einzuplanen.
- Marseille kann ganzjährig besucht werden. Wer der Hauptreisezeit ausweichen möchte, der plant seinen Städtetrip von Oktober bis April ein. Ein Pluspunkt bei dieser Reisezeit: man kann die Sonne geniessen, ohne unter ihrer Hitze zu ächzen.
Weitere Tipps für Städtereisen nach Frankreich
Dir ist Marseille für einen Kurztrip zu weit entfernt? Wie wär’s alternativ mit einem Besuch von Annecy, Colmar, Dijon oder Strassburg? Weitere tolle Städtereiseziele in Frankreich sind meiner Meinung nach Lyon, Bordeaux sowie – ein Geheimtipp – Le Havre. Und falls du den Besuch von Marseille mit weiteren sehenswerten Reisezielen in der Umgebung kombinieren möchtest, dann findest du hier meine Tipps rund um Saint-Rémy-de-Provence und Arles.
Mit Kindern empfehle ich eine Bootsfahrt zum Chateau d’If, für Fussballfans eine Tour durch das Stadion von Olympique Marseille.
Liebe Hana vielen Dank für deine ergänzenden Tipps – Die Bootsfahrt zum Château d’if hatten wir uns auch überlegt, aber aufgrund des starken Windes liessen wir es dann bleiben :)