Trutzige Bollwerke, tiefe Schluchten und modernste Hochhausbauten, die gerade den letzten Schliff erhalten; die vielschichtige Geschichte von Luxemburg widerspiegelt sich im Potpourri an Bauwerken aus verschiedensten Epochen. Als Resultat des Wirtschaftsbooms der letzten Jahre wird zurzeit gerade die Avenue de la Liberté «umgegraben». Um die Stadt vor dem drohenden Verkehrskollaps zu bewahren, soll hier zukünftig die Strassenbahn durchführen. Doch Luxemburg ist es sich gewohnt, sich immer wieder auf neue Ausgangslagen und Bedürfnisse einzustellen und daran zu wachsen.
Die als UNESCO-Weltkulturerbe klassierte Altstadtviertel und die boomende – europaorientierte – Neustadt sowie zahlreiche kulturelle Institutionen machen die Hauptstadt des gleichnamigen Grossherzogtums zu einem spannenden Städtereiseziel. Wer 1,5 bis 2 Tage Zeit mitbringt, kann hier in die verworrenen Geschichtsstränge Zentraleuropas eintauchen.
#1 Mit dem Zug nach Luxemburg reisen
Ich habe mir zum Ziel gesetzt, bei Kurzreisen nach Möglichkeit aufs Fliegen zu verzichten und bewusst Destinationen zu wählen, die mit den öffentlichen Verkehrsmitteln gut erreichbar sind. Luxemburg entspricht diesen Kriterien. Die Hauptstadt des Grossherzogtums (das halb so gross ist, wie der Kanton Bern) ist ab Zürich im Idealfall mit einmal Umsteigen in Mulhouse in gut vier Stunden mit dem TGV zu erreichen. Und das Beste: Luxemburg findet sich auf kaum einem Top-Städtereiseziele-in-Europa Listicle. Dementsprechend entspannt geht es in der Stadt am Wochenende zu und her (so entspannt, dass am Sonntag die Mehrheit der Restaurants geschlossen bleibt). Alternative Verbindungen führen via Mannheim / Saarbrücken nach Luxemburg und dauern deutlich länger (rund 7 Stunden). Es lohnt sich somit, die passenden TGV-Verbindungen herauszusuchen. Wir hatten insofern Pech, als ausgerechnet an dem Sonntag, an dem wir zurückreisen wollten, die TGV-Strecke aufgrund Bauarbeiten gesperrt blieb. Somit führte uns die Rückreise über Deutschland.
#2 Auf dem Wenzel Weg Luxemburg kennenlernen
Im ersten Moment wirken die Topografie-Sprünge der Stadt verwirrend. Einen guten ersten Überblick bietet der ausgeschilderte Wenzel Rundweg. Dieser startet bei den «Casemates du Bock» (Bockfelsen). Hier befindet sich die Wiege der Stadt Luxemburg und gleichzeitig einer der schönsten Aussichtspunkte über das Alzette-Tal mit der «Ville Basse» (Grund). Unter uns befinden sich die imposanten Kasematten, die einst als Längste der Welt galten. Vom 1. März bis 3. November können die Bockkasematten individuell oder im Rahmen von geführten Touren besichtigt werden (Eintrittspreis 7 Euro).
Der Wenzel Rundweg führt von hier über die Schlossbrücke der Corniche entlang Richtung Grund. Dort passieren wir das Kulturzentrum der Abtei Neumünster und folgen dem Weg danach auf das gegenüberliegende Rham-Plateau.
Für den Rundgang sind gut zwei Stunden einzuplanen. Die Höhenmeter zwischen dem Alzette-Tal und den Plateaus lassen sich alternativ mittels Lift überwinden.
#3 Die süsse Seite der Stadt kosten
Luxemburg ist der einzig mir bekannte Ort, an dem man gleichzeitig eine heisse Schokolade trinken und den Wachwechsel vor einem Regierungsgebäude beobachten kann. Direkt gegenüber dem Stadtpalais befindet sich das Chocolate House, das für seine Produkte aus belgischer und französischer Schokolade sowie allerlei feiner Tortenkreationen bekannt ist. Der Besuch würde ich mir für den Sonntagmorgen aufsparen, da es eines der wenigen Lokale ist, das am Sonntag geöffnet hat.
Wir haben im Vorfeld einige nette Kaffee-Lokale recherchiert und sind praktisch überall an den falsch kommunizierten Öffnungszeiten gescheitert. Am besten überprüft ihr die auf Google und Tripadvisor hinterlegten Öffnungszeiten direkt vor Ort.
Ein Lokal, das sich nach einem Bummel durch die Altstadt für eine Pause anbietet, ist das Kaale Kaffi. Hier findet ihr gemütliche Fauteuils und feine hausgemachte Kuchen – ein wenig wie bei Oma.
#4 Das Europaviertel erkunden
Das Europaviertel befindet sich im Nordosten der Stadt auf dem Kirchberg-Plateau. Hier haben sich einige europäische Institutionen wie der Europäische Gerichtshof niedergelassen. Bei unserem Besuch war das Europaviertel gefühlt eine riesige Baustelle – überall stehen Baukräne herum. Der Abstecher ins Europaviertel lohnt sich zur Besichtigung der architektonisch herausragenden Philharmonie Luxemburg sowie des MUDAM – des Museums für moderne Kunst – und des Festungsmuseums Musée Dräi Eechelen. Letzteres haben wir uns nur von aussen angeschaut.
Spannend finde ich, dass das Festungsmuseum seinen Ursprung in den Protesten gegen den ursprünglich geplanten MUDAM-Bau hat. Das anfangs der 1990er-Jahren vorgestellte Konzept sah vor, nahezu die gesamte Bausubstanz des Fort Thüngen zugunsten des Museums für moderne Kunst zu zerstören. Später wurde das Projekt so überarbeitet, dass nun die modernen und historischen Strukturen der beiden Museen fliessend ineinander übergehen.
Das Europaviertel erreicht man von der Altstadt mit einem Spaziergang über die Großherzogin-Charlotte-Brücke oder mit dem Tram (oder Bus). Gut zu wissen: alle städtischen Verkehrsmittel können am Samstag kostenlos benutzt werden. An den übrigen Tagen kostet die Tageskarte 4 Euro (Einzelfahrt 2 Euro). Wer Zeit sparen möchte, der kann sich die App mobiliteit.lu herunterladen und die Tickets unkompliziert dort drüber beziehen. Ab März 2020 soll der gesamte Nahverkehr in Luxemburg generell kostenlos werden. Der Eintritt ins MUDAM kostet für Erwachsene 8 Euro.
#5 Mehr über die Geschichte des Kleinstaates erfahren
Ein Museum, für das ihr euch in jedem Fall zwei Stunden Zeit einplanen solltet, ist das Historische Museum der Stadt Luxemburg. Dieses führt über drei Stockwerke anschaulich durch die Entstehungsgeschichte der Stadt bis zu ihrem heutigen Status als Kleinstaat mit Sitz einzelner Organe der Europäischen Union. Der Eintritt ins Museum kostet 5 Euro. Jeweils am Donnerstagabend ab 18:00 Uhr ist der Eintritt gratis. Interessant ist auch der Blick in die Räume, die sich mit der zukünftigen Entwicklung von Luxemburg befassen. Die Stadt boomt, ächzt aber gleichzeitig unter ihrem wirtschaftlichen Erfolg.
Wenn das Wetter bei eurem Besuch ebenso durchzogen ist, wie bei unserem, lohnt sich der Blick ins Nationalmuseum für Geschichte und Kunst. Einen Teil der Dauerausstellung (die von der Steinzeit in die Neuzeit führt) kann kostenlos besichtigt werden. Das Pendant hierzu ist das Nationalmuseum für Naturgeschichte, das sich in einem historischen Gebäude im Stadtteil Grund befindet. Dieses wurde 2017 komplett neu gestaltet. Wer mit Kindern unterwegs ist, dem empfehle ich einen Abstecher dorthin (kostenloser Eintritt < 21 Jahre).
#6 In den besten Restaurants dinieren
Die Küche Luxemburgs ist zum einen vom bäuerlich geprägten Umland als auch von seiner Lage mitten in Europa geprägt. Kulinarisch findet sich die gesamte Palette vom einfachen Burger-Schuppen bis hin zu französisch und italienisch inspirierten Gourmetküchen. Auf dem Stadtgebiet von Luxemburg gibt es ein Restaurant, das mit zwei Michelin-Sternen ausgezeichnet ist und drei Restaurants, die über je einen Michelin-Stern verfügen. Wir haben an einem Abend im Restaurant Clairefontaine (1 Michelin Stern) diniert, das als «kulinarische Institution von Luxemburg» gilt. Durchs Menü ziehen sich die französischen Wurzeln des Küchenchefs Arnaud Magnier. Ich bin französischer Küche gegenüber eher kritisch eingestellt, aber das 5-gängige Menu Gourmand (159 Euro mit Weinbegleitung) hat mich von A bis Z überzeugt. Auch die Bedienung und das Tempo waren sehr angenehm. Wer sich einen besonderen Abend gönnen möchte, der ist hier am richtigen Ort.
Modern, frisch und mit kleiner, feiner Karte präsentiert sich das Restaurant L’Annexe. Hier gibt es auch vegetarische Optionen. Verbesserungspotenzial sehe ich bei der Bedienung, die teilweise ähnlich sprachverwirrt war, wie ich. Mal werden wir auf Deutsch angesprochen, mal auf Englisch, mal auf Französisch. Aber zum Glück sind wir flexibel. Die Bevölkerung in Luxemburg ist sehr international. Nebst Luxemburgisch hört man am meisten Französisch und Englisch (Deutsch als dritte Amtssprache neben Luxemburgisch und Französisch scheint hingegen in der Stadt weniger populär zu sein). Ich habe mich mehrheitlich mit Französisch verständigt.
Spontan angesprochen hat uns das neue Lokal «Kobe» in der Altstadt. Hier wird eine japanisch-peruanisch-europäische Fusion Küche aufgetischt. Fazit: lässiges Lokal und echt leckere Sushi-Kreationen.
Gerne ausprobiert hätte ich Lux’burgers im Bahnhofsviertel. Leider hat das gut bewertete Burgerrestaurant am Samstag und Sonntag geschlossen. Als Alternative hierzu haben wir den Snooze Pub ausprobiert – empfehlenswerten für einen unkomplizierten Lunch am Wochenende (hat nebst Burgern auch lokale Biere im Angebot).
#7 In historischen Gemäuern schlafen
Wir buchten zwei Nächte im B&B la Pipistrelle (Partnerlink), das sich im Stadtteil Grund befindet. Auf den ersten Moment scheint dies aufgrund des Höhenversatzes nicht die beste Ausgangslage zu sein, doch das Hotel liegt keine 30 Meter vom Liftzugang des Ascenseur Elevator Plateau St.Esprit Grund entfernt. Dieser befördert uns in weniger als einer Minute hinauf in die Altstadt. Die Sehenswürdigkeiten und Restaurants im Zentrum sind somit allesamt gut und in wenigen Minuten zu Fuss erreichbar.
Das Bed & Breakfast befindet sich in einem alten Gebäude, das sich an die steilen Felsen des Alzette-Tals schmiegt. Über eine abenteuerliche Wendeltreppe sind die insgesamt vier Zimmer erreichbar und wer wie wir das oberste Zimmer erwischt, dem sei empfohlen, mit leichtem Gepäck zu reisen. Die Zimmer sind allesamt individuell ausgestaltet. Das oberste Zimmer ist am Günstigsten (ab 215 Euro pro Nacht). Der Nachteil ist, dass es keine Dusche, sondern nur die abgebildete Badewanne gibt (und das Duschen darin aufgrund der Dachschrägen nicht gerade spassig ist). Die anderen drei Zimmer haben eine «richtige» Dusche.
Vielen Dank für deine Tipps, das reizt wieder sehr zum nachmachen! :-) Und vier Stunden mit dem Zug ab Zürich sind wirklich machbar!
Tolle Fotos :-) Macht Lust auf mehr.
Schade, dass das Hotel so teuer ist, aber ansonsten werde ich Deinen Tipss mal nachreisen!