Wie lautet das Rezept für einen gelungenen Ausflug? Wenn ihr mich fragt, dann ist es eine Mischung aus sportlicher Aktivität, Kultur und feinem Essen. Und dazu natürlich das passende Wetter. Mal abgesehen vom Wetter (dafür ist Petrus zuständig) erfüllt der in diesem Blogbeitrag vorgestellte Tipp all diese Anforderungen locker. Dazu kommt eine einzigartige Unterkunft, die einem – selbst wenn man wie wir nur für eine Nacht eincheckt – Ferienfeeling beschert. Die Rede ist vom Corippo Albergo Diffuso an einem sonnenverwöhnten Fleck im Verzascatal.
Start Sentiero Verzasca, Etappe 2
Wir nutzen den Abstecher ins einst «kleinste Dorf der Schweiz» für eine Komplettierung des Sentiero Verzasca. Im Jahr 2016 haben wir die ersten 14 Kilometer des insgesamt 35 Kilometer langen Wanderwegs, der von Sonogno bis nach Locarno führt, abgewandert. Unser damaliges Ziel: die bekannte Steinbogenbrücke «Ponte dei Salti» in Lavertezzo.
Nun starten wir die zweite Etappe am eigentlichen Ziel des Sentiero Verzasca – in Locarno – und wandern von hier die verbleibenden 21 Kilometer bis nach Lavertezzo bergwärts. Das Ganze aufgeteilt in zwei Etappen mit einem Übernachtungsstopp in Corippo. Weil, wie einleitend geschrieben, der Genuss soll ja schliesslich nicht zu kurz kommen. Und so nutzen wir zur Überwindung der ersten rund 180 Höhenmeter hinauf nach Orselina auch ohne jegliches schlechte Gewissen das «Funicolare Locarno – Madonna del Sasso». Oben angekommen, bewundern wir zuerst einmal den Panoramablick mit der markanten Wallfahrtskirche im Vordergrund. Immer wieder schön hier! Danach folgen wir den Wegweisern des ausgeschilderten Sentiero Verzasca weiter hinauf in die Anhöhen.
Der Collina Alta entlang auf die Monti di Lego
Die ersten rund 5.5 Kilometer folgt der Sentiero Verzasca dem Wegverlauf des Sentiero Collina Alta. Einer gemütlichen Panoramawanderung, die vom Monti della Trinità dem Siedlungsrand entlang nach Contra, Paese führt.
Nach einem ersten kurzen, knackigen Anstieg folgt eine mehrheitlich flach verlaufende Wegpassage durch die bewaldeten Hänge oberhalb Locarnos. Da und dort erhaschen wir einen Blick auf den Lago Maggiore, die Magadinoebene und die Riviera del Gambarogno. Ein weiterer positiver Nebeneffekt der Wintersaison: Dank der noch kahlen Bäume dringen die wärmenden Sonnenstrahlen bis zu uns durch.
Kurz vor Tendrasca wartet mit der «El Pont del Sipp» ein erstes Highlight auf. Auch dies eine alte Steinbogenbrücke aus der Römerzeit. Kurz nachdem der bisher gelb markierte Wanderweg in einen rot-weiss markierten Bergwanderweg übergeht, würde sich das etwas versteckt liegende Grotto al Ritrovo (wenn es denn offen hat) für einen Stärkungsstopp anbieten.
Wir wandern jedoch zügig weiter und nehmen direkt den steilen Aufstieg auf die Monti di Lego in Angriff. Im Zick-zack geht’s durch den Wald bergauf. Oben angekommen erwartet uns eine herrliche Weitsicht über Locarno und Ascona bis zu den dahinterliegenden Gipfeln des Valle Vigezzo. Wunderschön! Von April bis Oktober kommt man hier oben auch in den Genuss typischer Tessiner Spezialitäten.
Den anstrengendsten Part der Tour haben wir nun hinter uns gebracht. Nun geht es durch die weitläufigen Kastanienwälder hinein ins Verzascatal. Das Laub liegt gegenwärtig teils noch knöcheltief auf den Wanderwegen, was besondere Achtsamkeit erfordert.
Zwischenhalt im Corippo Albergo Diffuso
Das letzte Wegstück zwischen Mergoscia und Corippo ist besonders eindrücklich. Steile, schattige Hänge. Tiefblicke in den Stausee und vor uns – genau dort wo die Sonne am längsten hinscheint – Corippo. Aus der Ferne gleicht das kompakt angelegte Dorf einem Adlerhorst.
Das seit 1975 denkmalgeschützte Corippo litt viele Jahre unter einer starken Abwanderung. Im Jahr 2018 waren gerade mal noch eine Handvoll der rund 80 in traditioneller Bauweise erstellter Rustici bewohnt. In diesem Zusammenhang entstand die Idee, italienischen Beispielen folgend, in Corippo ein Albergo Diffuso umzusetzen. Nach langer Planungs- und Bauphase nahm das Albergo Diffuso letztes Jahr seinen Betrieb auf. Das Herzstück: Eine einstige Osteria am Hauptplatz, die nun zu Restaurant und Rezeption umfunktioniert wurde.
Hier erhalten wir den Schlüssel zu unserem Zimmer, das sich direkt neben der Osteria befindet. Ein kleines Refugium mit tief liegender Decke und gemütlich knarrendem Holzboden. Der Standard ist einfach aber zweckmässig und vor allem eins: urig.
Nach dem Einchecken spazieren wir kurz vor dem Eindunkeln durch die verwinkelten Gassen von Corippo und geniessen danach draussen vor einer lodernden Feuerschale einen Aperitif. Später probieren wir uns durch die saisonale Speisekarte des Restaurants. Küchenchef Jeremy Gehring, der das Albergo Diffuso zusammen mit seiner Partnerin Désirée Voitle führt, bringt unter anderem Erfahrung aus seiner Arbeit bei Sterneköchen mit. Und ja, das was uns serviert wird, macht Lust auf mehr. Für mich gibt’s feine, hausgemachte Tagliatelle als Primi, gefolgt von Fritto Misto aus Wintergemüse mit Bergamotte Mayonnaise. Der Freund wagt sich zur Vorspeise an den knusprigen Kalbskopf mit Blumenkohlcreme. Sein Hauptgang: Schweinebauch mit gebackenem Kürbis und Schwarzkohl. Zum Dessert teilen wir uns die Hausinterpretion eines Gianduiotto mit frischen Blutorangen-Coulis.
Fazit: Sehr fein! Zudem erwähnenswert: der freundliche und sehr aufmerksame Service.
Und weiter zur Ponte dei Salti in Lavertezzo
Ich war ja bereits am Vorabend erstaunt, wie lange Corippo noch vom Sonnenschein profitiert, während der Rest des Verzascatals bereits vom Schatten verschluckt wurde. «Vermutlich, dauert es dafür einfach am Morgen ewig, bis es die Sonnenstrahlen über die hohen Gipfel bis ins enge Tal hinunter schaffen…»
Fehlanzeige: Kurz nach acht Uhr blinzelt die Sonne hinter den Bergflanken hervor. Wer also bereits im März draussen «Zmörgälä» möchte – der ist hier am richtigen Ort. Das Frühstück ist aber unabhängig von der Wetterlage richtig toll. Ein frisches Müesli, Butter, hausgemachte Confitüre und Brot werden direkt an den Tisch serviert. Wer mag, der bekommt auch Käse, Eier oder Aufschnitt aufgetischt. Alles hübsch und ohne Plastikverpackungen angerichtet. Chapeau!
Wir drehen im Anschluss nochmals eine Runde durchs Dorf und schultern dann die Rucksäcke, um die verbleibenden 3.5 Kilometer bis nach Lavertezzo zurückzulegen. Ein kurzweiliges Wegstück, dass dem Ufer der Verzasca folgend leicht bergauf führt.
Praktische Tipps für deine Wanderung nach Corippo
Nachfolgenden Karten könnt ihr den Routenverlauf der zweiten Etappe des Sentiero Verzasca von Locarno bis nach Lavertezzo entnehmen. Wir haben die Wanderung mit einem Zwischenstopp in Corippo in zwei Etappen aufgeteilt. Bei den Strecken zwischen Orselina und Tendrasca sowie Mergoscia und Corippo handelt es sich um gelb markierte Wanderwege der Schwierigkeitsstufe T1/T2. Aufgrund des vielen Laubs sind gewisse Wegpartien etwas schwieriger zu laufen, als dies bei gelben markierten Wegen üblich ist (Rutschgefahr). Das Wegstück über den Monti di Lego ist als Bergwanderweg ausgeschildert, wobei euch auch hier keine besonders technisch anspruchsvollen Strecken erwarten. Einzig beim Abstieg von den Monti di Lego nach Mergoscia ist es abschnittsweise etwas abschüssig. Wer vorhat, wie wir die gesamte Strecke abzuwandern, sollte aufgrund der Distanz und der Höhenmeter eine gewisse Grundkondition mitbringen.
Im Funicolare Locarno- Madonna del Sasso sind GA/Halbtax leider nicht gültig. Erwachsene Personen bezahlen für die Bergfahrt (bzw. den Streckenpreis) 4.80 CHF.
Das Corippo Albergo diffuso hat ganzjährig geöffnet. In der Wintersaison von November bis März bleibt das Restaurant am Montag und Dienstag geschlossen. Am Mittwoch hat es nur abends geöffnet. Von Donnerstag bis Sonntag ist es am Mittag und am Abend geöffnet. Aktuell gibt es zehn im Dorf verteilte Gästezimmer. Wir haben im Zimmer «Osteria Corippo II» übernachtet (ab 180 CHF pro Nacht inkl. Frühstück).
Alle Zimmer sind auf der Website des Albergo Diffuso im Detail beschrieben und können dort auch direkt online gebucht werden. Tipp: Falls ihr vorhabt, im Restaurant zu essen, dann empfiehlt sich, dies direkt bei der Buchung im Kommentarfeld anzumerken.
Eckdaten Tag 1: Locarno – Monti di Lego – Corippo
Ausgangspunkt | Orselina Funicolare (398 m ü. M.) |
Erreichbarkeit | Ausgangspunkt mit der Standseilbahn erreichbar (alternativer Startpunkt: Bahnhof Locarno) |
Länge | 15,4 Kilometer |
Höhenmeter | ↗ 1’090 m ↘ 905 m |
Dauer | 5:30 h |
Zielort | Corippo (530 m ü. M.) |
Verpflegung | Grotto al Ritrovo und Capanna Grotto Monti di Lego (nur während der Sommersaison) |
Eckdaten Tag 2: Corippo – Lavertezzo
Ausgangspunkt | Corippo |
Erreichbarkeit | Bushaltestelle (Corippo, Bivio) in 1 km Entfernung |
Länge | 3,5 Kilometer |
Höhenmeter | ↗ 135 m ↘ 160 m |
Dauer | 1:00 h |
Zielort | Lavertezzo, Paese |
Verpflegung | Während der Hauptsaison kleiner Kiosk zwischen der Ponte dei Salti und der Bushaltestelle |
Übrigens: Den Routenbeschrieb zur Etappe 1 des Sentiero Verzasca könnt ihr hier nachlesen: Von Sonogno nach Lavertezzo
Weitere Ausflugstipps rund um Locarno-Ascona erwarten dich hier: Sehenswürdigkeiten, Ausflüge und Wanderungen im Tessin
Tolle Bilder und Text. Danke. Da will man am liebsten sofort loswandern.
Besten Dank fürs Feedback – das freut mich sehr! :)
Wunderbar Anita, Ihre schönen, bestens ausgeführten und bebilderten Vorschläge! Da muss ich doch mal meinen Freund aktivieren… Danke für die Ideen und für das «Gluschtigmachen»
Benno
Lieber Benno besten Dank fürs positive Feedback. Es freut mich zu hören, dass der Beitrag «gluschtig» macht :)