Ich bin ja manchmal etwas gelangweilt von den sozialen Medien. Scheinbar tummeln sich alle an den gleichen Hotspots rum, als gäbe es rundherum nichts Spannendes zu entdecken. Um dem entgegenzuwirken, habe ich mich Mitte Juli auf dem Kärpf Trek auf noch nicht derart ausgelatschte Pfade begeben und bin in drei Tagen quer durchs älteste Wildschutzgebiet Europas gewandert. Was, euch sagt das nichts? Dabei befindet sich diese schöne Rundwanderung gut erreichbar mitten im Glarnerland und bietet alles, was das Wanderherz begehrt.
1. Wandertag: von Mettmen zur Leglerhütte
Ausgangspunkt unserer Rundwanderung auf dem Kärpf Trek ist die Seilbahnstation Kies oberhalb von Schwanden. Die anstehenden Wandergäste füllen an diesem sonnigen Freitagmittag die kleine Kabine gleich zweimal. Und so warten wir, bis wir mit der zweiten Ladung nach Mettmen hinaufbefördert werden. Oben angekommen kehren wir als erstes auf der Sonnenterrasse des Berghotels Mettmen ein. Das Berghotel hat Ende 2016 seinen Betrieb aufgenommen und präsentiert sich sowohl von aussen als auch von innen stimmig. Die bestellte Tagessuppe mit Glarner-Schabziger Brötli und die regionalen Rauchwürste überzeugen ebenfalls – ein feiner Start in unser Wanderwochenende.
Zu unserem Tagesziel, der Leglerhütte, führen ab Mettmen verschiedene Wege. Auf der Diretissima dauert’s gerade Mal 2.5 Stunden. Der Kärpf-Trek dagegen führt mit Umwegen ans Ziel. Mit einem letzten Blick auf den grün schimmernden Stausee Garichti folgen wir dem ausgeschilderten Bergweg Richtung Aueren. Und nach einem ersten kurzen Aufstieg geht’s sogleich wieder steil talwärts. «Irgendwie müssen wir ja auf die tausend Höhenmeter kommen», meint der Freund und ich denk mir nur, «das müssen wir alles wieder rauf». Das Tolle an diesem Umweg ist, dass ihn niemand ausser uns wandert und wir auf weiter Flur alleine durch die Gegend marschieren. Über wunderschöne Hochmoorwiesen, an idyllisch gelegenen Alphütten vorbei und an fröhlich plätschernden Bächen entlang folgen wir dem Bergweg ab Aueren wieder bergwärts. Oben auf dem Schönaufurggeli angelangt gibt’s einen herrlichen Blick Richtung Linthal inklusive Glärnisch. Dem Grat folgend geniessen wir die herrliche Aussicht und die kurze Verschnaufpause, was die Höhenmeter anbelangt. Die letzten zähen 400 Höhenmeter hinauf zur SAC-Hütte warten hinter den idyllisch gelegenen Bergseen in der Senke zwischen Fätschenhorn und Sunnenberg. Der schmale Pfad windet sich steil zwischen den Felsflanken hindurch und will nicht enden. «Wann sind wir endlich oben?!» Und dann ist es geschafft. Leider haben die Tagesausflüger schon den ganzen Aprikosenkuchen verputzt und wir müssen uns zur Belohnung mit einer Schoggi-Kokos-Schnitte begnügen. Auch gut. Sehr schön ist auch unser Viererschlag mit Ausblick aufs Kärpfmassiv und den Tödi. Ich werde heute sehr gut schlafen.
Etappe 1:
9 Kilometer | 1’100 Höhenmeter bergwärts | rund 4h Gehzeit
2. Wandertag: übers Chalchstöckli zur Bischofalp
Die Schlafprophezeiungen sollten sich bewahrheiten. Nach einem feinen Hüttenznacht und netter Unterhaltung mit den Tischgschpänli bin ich in Nullkommanichts eingeschlafen. Die erste positive Überraschung am nächsten Morgen sind die Sonnenstrahlen, die die Berggipfel beleuchten. Das Wetter ist weit besser, als es vorausgesagt wurde. Gut für uns. Kurz vor 8 Uhr nehmen wir die zweite Etappe in Angriff. Das «Filetstück» sozusagen und der Abschnitt, der mir im Vorfeld am meisten Kopfzerbrechen bereitete. Von der Leglerhütte folgt der Kärpf-Trek einem weiss-blau-weiss markierten Alpinwanderweg, bis er auf dem Richetlipass in einen weiss-rot-weiss markierten Bergwanderweg mündet.
Update 2023: Der Wanderweg von der Leglerhütte zum Richetlipass ist nun durchgehend weiss-rot-weiss markiert und beinhaltet keine weiss-blau-weisse Passage mehr. Da der Wegverlauf aber immer noch derselbe ist, hat auch nachfolgender Beschrieb weiterhin Gültigkeit.
Bis zum Chalchstöckli ist der Weg gut ausgeschildert und in einwandfreier «Wegqualität». An einer einzigen Stelle musste ich beim Aufstieg für eine kurze «Kletterpartie» die Hände zu Hilfe nehmen. Am meisten Respekt hatte ich vor dem Abstieg vom Chalchstöckli zum Richetlipass. Das erste Steilstück ist aber mit Seilen bestens gesichert. Danach führt der Weg in steilem Zickzack über eine Geröllhalde talwärts. Das geht ziemlich in die Knie und Stöcke sind von Vorteil – technisch ist es aber nicht schwierig. Abgesehen davon ist dieses Wegstück schlichtweg phänomenal. Die schroffen Felsflanken, um die sich die Wolkenfetzen winden, der spiegelglatte Milchspüelersee am Abgrund zum Linthtal und die sattgrüne Hochebene der Wichlenmatt mit dem Glarner Vorab im Hintergrund. Wow! So wahnsinnig schön und so wenig begangen! Wir sind auf der ganzen Wegetappe exakt fünf Personen begegnet (und das war im Abschnitt Richetlipass – Elm). Nebst den fünf Personen haben wir an den Flanken des Leiterberges dank dem Klang von aufeinanderprallenden Hörner zwei kämpfende Steinböcke entdeckt.
Nach gut vier Stunden Wanderzeit gönnen wir uns in der Skihütte Obererbs eine Erfrischung. Von hier bis zum Tagesziel dem Berghotel Bischofalp folgt der Wanderweg für gut eine Stunde dem Elmer Höhenweg, der von Obererbs nach Ämpächli führt. Die zweite positive Überraschung an diesem Tag ist unser Zimmer im Berghotel Bischofalp. Wir haben eine eigene Dusche! Und Ausblick auf die Tschingelhörner! Später erfahren wir im Gespräch mit dem Initiator des Berghotels Bischofalp, Samuel Hefti, was für ein Durchhaltewille bis zur Realisierung nötig war. An Ideen mangelt es dem umtriebigen Elmer nicht. Barfusswanderweg, Ferien im Heuspeicher… wir sind gespannt, mit welch tollen Attraktionen die Bischofalp in den nächsten Jahren aufwarten wird. Bis dahin werden die Gäste von Gastgeberin Silvia Hefti auf der Sonnenterrasse mit Blick auf die Gipfel der Tektonikarena Sardona fürstlich verwöhnt. Hier hat’s ganz zu meiner Freude auch noch ein Stück Aprikosenkuchen übrig. Mit den sieben grosszügigen und hellen Zimmern inklusive Bad/WC ist das Berghotel Bischofalp genau das Richtige für alle, die nach einer Bergtour den Komfort in einer herrlichen Umgebung nicht missen möchten. Wer wie wir im früheren Nachmittag am Etappenziel ankommt, der hat die Möglichkeit dem Wildheuerweg zu folgen (eine Route, wo man gemäss Samuel Hefti oft Gämsen oder Rehe sieht) oder einen Ausflug in den Riesenwald Elm zu unternehmen, der nur zwanzig Minuten Fussmarsch entfernt in Ämpächli liegt.
Etappe 2:
13.5 Kilometer | 645 Höhenmeter bergwärts – 1’300m talwärts | rund 5h Gehzeit
3. Wandertag: via Wildmadfurggeli nach Mettmen zurück
Wettertechnisch gleicht der letzte Wandertag einer Lotterie. Die Berghänge sind an diesem Morgen wolkenverhangen. Aber immerhin: Der angekündigte Regen lässt auf sich warten. Die letzte Etappe führt uns von der Bischofalp zuerst wieder steil bergwärts zum Chüebodenseeli. Die Temperaturen sind richtig angenehm und wir überwinden die Höhenmeter zügig. Oben beim Chüebodenseeli folgt ein weiterer Höhepunkt: Wir entdecken unten beim See zwei Gämse. Leider blieb das Zoomobjektiv auf dieser Tour zu Hause – daher reichte es nur für eine Aufnahme der mystischen Nebelschwaden rundherum. Schöner wurde es an diesem Tag nicht mehr. Auf dem Abstieg Richtung Mettmen finden wir uns plötzlich in stockdichtem Nebel wieder und lassen die Kärpfbrücke (eine Naturbrücke, die zu den Hauptattraktionen der Glarner Hauptüberschiebung zählt) links liegen. Dank guter Wegbeschilderung erwischen wir kurz vor Mettmen die richtige Abzweigung zum Naturfreundehaus. Dort haben wir nämlich noch ein sehr willkommenes Stück Kuchen und ein Getränk (passend zum Wetter bestelle ich Tee) zugute. Ein schöner Abschluss einer absolut fantastischen dreitägigen Tour. Ihr hättet mich unterwegs hören sollen – alle paar Meter rutschte mir ein «soooooo schön!» heraus.
Etappe 3:
11.5 Kilometer | 750 Höhenmeter bergwärts – 800m talwärts | rund 4.15h Gehzeit
Praktische Infos und Tipps zum Kärpf Trek
Der Kärpf Trek führt in drei Etappen quer durch den Freiberg Kärpf. Die Distanz der Rundwanderung beträgt insgesamt 35 Kilometer. Dabei ist eine Steigung von 2’500 Höhenmeter zu überwinden. Die reine Wanderzeit der einzelnen Etappen variiert zwischen vier und fünf Stunden (die Details stehen unter den einzelnen Etappen). Mehrheitlich folgt der Kärpf Trek gut ausgeschilderten Bergwegen. Der Abschnitt Leglerhütte – Richetlipass folgt einem blau-weiss-blau markierten Alpinwanderweg. Übernachten kann man sowohl in der Leglerhütte, im Berghotel Bischofalp und in der Skihütte Obererbs (diesen Sommer aufgrund Umbauarbeiten geschlossen).
Die Ferienregion Elm bietet den Kärpf Trek als Pauschalangebot für 250 CHF pro Erwachsene an. Darin inkludiert sind 2 Übernachtungen mit Halbpension, Lunchpakete sowie die Busfahrt Schwanden-Kies und die Seilbahnfahrt Kies-Mettmen (retour). Mehr Infos zum ältesten Wildschutzgebiet Europas findet ihr hier: Freiberg Kärpf
Hinweis: Diese Reise wurde von der Ferienregion Elm unterstützt – Herzlichen Dank dafür. Alle Meinungen und Eindrücke sind wie immer die unseren.