Bei der Planung unserer fünftägigen Provence-Kurzferien hatten wir lange überlegt, wo wir welche Schwerpunkte setzen möchten. Sollen wir nach unserem Zwischenhalt in Saint-Rémy-de-Provence die historische «Hauptstadt» der Region, Aix-en-Provence, ansteuern oder doch lieber einen Abstecher in die unbekanntere Haute-Provence unternehmen? Wir entschieden uns für die Haute-Provence. Und das ganz unbewusst der Tatsache, dass wir mit unserem Reisezeitpunkt beinahe die begehrte Saison der Lavendelblüte getüpft hätten.
Die duftenden violett-blauen Blüten trafen wir unter der sengenden Juli-Sonne nur noch vereinzelt an. Dafür verzauberte uns die Haute-Provence mit ihren weiten Wäldern, schroffen Felsen und trutzigen Burgen. Und ich geb’s zu, ein bisschen ist mein Herz irgendwo auf der Strecke zwischen Thoard und Authon hängen geblieben. Wenn dir das jetzt so gar nichts sagt und du obendrein auch nicht recht weisst, wo du die Haute-Provence überhaupt verorten sollst und was es dort alles zu sehen gibt, dann lohnt sich das Weiterlesen. Ich bin nämlich zum Schluss gekommen, dass sich die Haute-Provence hervorragend als Kurzferien-Destination eignet.
Routeninspiration UNESCO Geopark Haute-Provence
Die Haute-Provence bzw. die Region Alpes-de-Haute-Provence liegt im Südosten Frankreichs nördlich der Städte Nizza, Cannes und Marseille und grenzt im Westen an den Luberon, den ich euch in meinem ersten Provence-Reisebericht vorgestellt habe. Eine der bekanntesten Sehenswürdigkeiten der Haute-Provence ist die Gorges du Verdon. Auf einer Distanz von 20 Kilometer hat sich der türkisfarbene Verdon teilweise bis zu 700 Meter tief in den Fels gegraben und eine einzigartige Schluchtenlandschaft geschaffen. Nebst diesem Highlight befindet sich in der Haute-Provence auch der erste von heute weltweit über 170 UNESCO Geoparks; geologische Stätten oder Landschaften von internationaler geowissenschaftlicher Bedeutung.
Hier in der Haute-Provence umfasst der Geopark ein Fläche von über 60 Gemeinden in einem Gebiet, das aufgrund seiner geologischen Gegebenheiten (Ablagerungen und Faltungen) über 300 Millionen Jahre Erdgeschichte erleben lässt. Oder andersrum formuliert: Eine Gegend, wo ich mir wünschte, meine Geologie-Pflichtstunden an der Uni würden nicht schon so lange zurückliegen.
Die Haute-Provence ist also ein ideales Ferienziel für alle, die sich gerne in der Natur bewegen, sich für Flora und Fauna interessieren und auch gerne mal ein paar Tage ganz entspannt verbringen. Wir haben uns vor Ort bei der Planung unserer Ausflüge vor allem auf der regionalen Website geoparchauteprovence.com. inspiriert. Daraus möchte ich euch nun fünf durch uns erprobte Aktivitäten vorstellen.
Unsere Tipps für Kurzferien in der Haute-Provence
1. In Château-Arnoux-Saint-Auban entspannen
Château-Arnoux-Saint-Auban ist auf den ersten Blick ein sehr durchschnittliches Dorf. Uns es hat es aus zwei Gründen hierhin verschlagen. Zum einen liegt die Ortschaft verkehrsgünstig an der A51, die Aix-en-Provence mit Sisteron verbindet und gleichzeitig ist von hier aus auch der Regionale Naturpark Verdon über die N85 recht gut erreichbar. Zum anderen stiessen wir bei unserer Recherche nach einer passablen Unterkunft östlich des Luberon auf das «La Bonne Etape» (Partnerlink). Das in Gehdistanz zum Durance-Ufer gelegene 4-Sterne-Hotel mit Pool und einem Gourmet-Restaurant (1 Stern) ist Relais & Châteaux Mitglied und schien uns eine geeignete Basis für einen zweitägigen Zwischenstopp in der Haute-Provence.
Das Hotel ist etwas in die Jahre gekommen und könnte eine sanfte Renovation vertragen. Und das Menü im La Bonne Etape ist dem Stil «alte Schule» zuzuordnen. Preis-/Leistung ist aber okay (Zimmerpreise ab 180 Euro), am Pool kann man bestens entspannen und die Lage ist super, um den Geopark Haute Provence zu erkunden. Wir ziehen somit ein positives Fazit. Übrigens: Auf dem Parkplatz gegenüber des La Bonne Etape gibt es zwei öffentliche Elektroladestationen.
2. Auf der «Route du Sud» nach Lavendelfelder Ausschau halten
Auf der Website von «Geoparc Haute Provence» werden fünf «Routes de Découvertes» vorgestellt, die von Digne-les-Bains und Sisteron aus durch unterschiedliche Ecken des Geoparks führen. Wir sind am ersten Tag der orangen Route – der «La route des galets, des saveurs et des lavandes» über kurvenreiche, schmale Passstrassen in südliche Richtung bis zum Dorf Sainte-Croix-du-Verdon gefolgt. Landschaftlich eine absolute Traumstrecke – und das selbst im Hochsommer. Wären wir zwei, drei Wochen früher unterwegs gewesen, dann wären uns entlang dieser Strecke unzählige fotogene Lavendelfelder begegnet.
3. Die schönsten Dörfer der Haute Provence besuchen
Tipp 1 Moustiers-Sainte-Marie
Wer der Route du Sud bis nach Sainte-Croix-du-Verdon folgt, der wird nicht nur in den Genuss der herrlichen Aussicht über den türkis schimmernden Lac de Sainte-Croix kommen, sondern auch die Gelegenheit erhalten, durch die kopfsteingepflasterten Gassen von Moustiers-Sainte-Marie zu schlendern. Die Route führt nämlich auch an diesem Bijou vorbei, das zu den schönsten Dörfer Frankreichs zählt.
Durch seine Nähe zur Verdonschlucht ist Moustiers-Sainte-Marie während der Sommersaison meist sehr gut besucht. Ein kurzer Spaziergang durch den Dorfkern lohnt sich meiner Meinung nach trotz des hohen Besucheraufkommens. Auf was wir jedoch verzichtet haben, ist der Aufstieg zur Chapelle Notre-Dame-de-Beauvoir, die hoch über dem Dorf zwischen Felsen eingeklemmt thront. Stattdessen haben wir und bei der Eisdiele L’Etoile Givrée ein köstliches, hausgemachtes Glacé geholt und von einer im Schatten liegenden Sitzbank aus das Treiben beobachtet.
Tipp 2 Simiane-la-Rotonde
Das Bergdorf Simiane-la-Rotonde haben wir auf der Fahrt von Saint-Rémy-de-Provence via Luberon nach Château-Arnoux-Saint-Auban passiert. Eine Besonderheit ist der runde Wehrturm als «Überbleibsel» einer Befestigungsanlage aus dem 12. Jahrhundert. Hübsch ist auch die einstige Markthalle aus dem 16. Jahrhundert in der sich heute ein Restaurant befindet und die einen tollen Blick in die umliegenden Landschaft bietet. Bei unserem Stopp hier schien uns der Dorfkern wie ausgestorben. Ein totaler Kontrast zu Roussillon oder auch Moustiers-Sainte-Marie.
Während der Lavendelblüte besteht hier zudem die Möglichkeit, typische Postkarten-Motive zu schiessen. Direkt vor dem pittoresken Dorf sind nämlich in der Regel von Ende Juni bis Mitte August blühende Lavendelfelder anzutreffen. Durch die Höhenlage dauert die Lavendelblüte hier auch meist länger als im Luberon. Aber eben: Auch hier macht sich der Klimawandel bemerkbar und die Lavendelernte findet immer früher statt. So waren bei unserem Besuch Ende Juli 2022 schon alle Felder rund um Simiane-la-Rotonde abgeerntet.
Tipp 3 Banon
Banon befindet sich knappe 12 Kilometer von Simiane-la-Rotonde entfernt ebenfalls an der Strecke Richtung Château-Arnoux-Saint-Auban. Und auch hier erwarten euch – je nach Saison – blühende Lavendelfelder. Und wer Ziegenkäse mag, der sollte auf der Durchfahrt bei der Fromagerie de Banon einen Zwischenstopp einlegen. Der hiesige Ziegenkäse gilt als Spezialität und befindet sich auch im Sortiment von bekannten Schweizer Käse-Affineuren wie Rolf Beeler.
4. Auf der «Route du Temps» in die eindrucksvolle Bergwelt eintauchen
Der Facettenreichtum der Haute-Provence offenbart sich uns auf der «Route du Temps». Dies ebenfalls eine der fünf Geopark-Themenrouten. Wie die Route du Sud führt uns auch diese zuerst der N85 folgend Richtung Digne-les-Bains. Der Hauptort der Präfektur des Départements Alpes-de-Haute-Provence haben wir uns auf dem Retourweg der Route du Sud natürlich auch noch kurz angeschaut.
Aber irgendwie wurde ich mit der als «historischen Hauptort des Lavendels» bekannte Kleinstadt nicht warm. Viele Gebäude wirkten heruntergekommen, die meisten Geschäfte hatten geschlossen und ausser uns schienen sich auch kaum Touristen hierhin zu «verirren». Wir konnten nicht einmal eine nette Einkehrgelegenheit ausfindig machen. Eventuell lag es aber auch einfach an den heissen Temperaturen und des fortgeschrittenen Nachmittags – wer weiss… Auf der Route du Temps zweigt ihr aber sowieso vor Digne-les-Bains Richtung Berge ab und folgt einer schmaler werdenden Strasse via Champtercier nach Thoard im Vallée des Duyes.
Auf dem Routenbeschrieb der Geoparc-Website findet ihr zahlreiche Sehenswürdigkeiten verortet als auch verschiedene Wandertipps. Um alles zu besichtigen, müsstet ihr entlang der Route mindestens einen Zwischenhalt einlegen. Am besten klickt ihr euch durch die Tipps und markiert euch auf Google Maps (oder eurem favorisierten Planungstool) die spannenden Spots. Mein Highlight war die kleine Aussichtsplattform auf dem Col d’Hysope, die einen gigantischen Panoramablick über das Vallée des Duyes bietet.
5. die Zitadelle Sisteron besichtigen
Wer die Route du Temps wie wir mit ausgewählten Sightseeing-Stopps von Digne-les-Bains her mehr oder weniger direkt Richtung Sisteron abfährt, der wird für die Strecke rund zwei bis drei Stunden benötigen. Die eindrucksvoll auf einem Felsvorsprung hoch über Sisteron platzierte Zitadelle werdet ihr bereits aus der Ferne entdecken. Kein Wunder, wurde an dieser strategisch günstigen Lage bereits im frühen Mittelalter eine Festung errichtet. Das heutige Erscheinungsbild erhielt die Zitadelle im 16. Jahrhundert unter der Federführung des Festungsbaumeisters Jean Errard de Bar-le-Duc.
Die Festungsanlage kann von Ende März bis Anfangs November täglich besichtigt werden. Die Öffnungszeiten variieren je nach Monat. Erwachsene bezahlen 7.10 Euro Eintritt. Weitere Informationen findet ihr auf der offiziellen Website der Citadelle de Sisteron.
Für die Besichtigung der Festungsanlage empfiehlt es sich, zwei Stunden einzuplanen. Und stellt euch auf viele Treppenstufen ein. Wer es bis nach ganz oben schafft, wird mit einem eindrucksvollen Tiefblick auf die Durance belohnt!
Hallo Anita
Danke für die tollen Bilder und Berichte von dir.
Liebe Doris Danke für das positive Feedback