Bei all den Gemeinsamkeiten sei doch jede der sieben bewohnten Ostfriesischen Inseln anders, versicherte man mir vor meiner Reise nach Ostfriesland. Da lag es auf der Hand, dass ich herausfinden wollte, ob die Insulaner auf den verschiedenen Inseln tatsächlich unterschiedlich ticken. Und so machte ich mich nach zwei wunderbaren Postkartentagen auf Langeoog auf den Weg nach Spiekeroog. Die Nachbarinsel hatte ich einen Tag vorher bereits von der Beobachtungsplattform bei Osterhook aus erspäht. Die Distanz zwischen Langeoog und Spiekeroog nicht weit, aber das Wattenmeer definitiv zu kalt, um rüberzuschwimmen. Obwohl sich das Wattenmeer bei Ebbe weit zurückzieht, sind die Bereiche zwischen den Inseln immer mit Wasser bedeckt. Deshalb ist es zwar möglich, bei Ebbe von den Inseln zum Festland zu laufen, aber nicht zur nächsten Insel. Und so führt mich mein Inselhopping zuerst von Langeoog aufs Festland zurück. Die Fähren nach Spiekeroog legen im Hafen von Neuharlingersiel an und der Fahrplan variiert – im Gegensatz zum Fährbetrieb nach Langeoog – in Abhängigkeit mit den Gezeiten. Wer früh dran ist, dreht am besten eine Runde durch den idyllischen Fischerhafen und bestaunt die bunten Kutter.
Der grösste Unterschied zwischen Langeoog und Spiekeroog ist die Tatsache, dass auf Spiekeroog tagsüber das Velofahren verboten ist. Während auf Langeoog von klein bis gross alles radelt, ziehen die Gäste auf Spiekeroog mit Handwagen umher. Entschleunigung pur. Was Spiekeroog besonders auszeichnet, ist der idyllische Dorfkern mit zahlreichen alten Klinkerhäuschen. Die Langeooger pflegen darüber zu witzeln, dass es auf Spiekeroog immer regnet. Nun, wenn ich mein Wetterglück auf Langeoog mit den trüben und nassen Tagen auf Spiekeroog vergleiche, könnte daran was Wahres sein. Aber es ist nicht weiter tragisch, wenn der Himmel über Spiekeroog grau in grau ins Wattenmeer übergeht. Mein Tipp: Besucht als Erstes die Buchhandlung Inselzauber, stattet euch mit einem spannenden Krimi aus, sucht ein gemütliches Plätzchen in einem Café und bestellt einen Sanddorngrog.
Ein fauler Tag auf Spiekeroog
Da Velofahren verboten ist und das trübe Wetter nicht nach draussen lockte, waren meine Inseltage auf Spiekeroog ziemlich faul und genussreich. Die Bäckerei und Inselrösterrei Backbord hatte ich im Nu als Lieblingsplatz fürs Frühstück auserkoren. Das Lokal ist sensationell eingerichtet und bietet eine richtig leckere Frühstücksauswahl. Gleich hinter dem Kaffee beginnen die Spazierwege durch die Dünenlandschaft. Bei einer Länge von zehn Kilometern gibt es viele Möglichkeiten für lange Strandspaziergänge oder Inselrundwanderungen. Ich wähle eine kurze Runde und laufe zum Aussichtspunkt «Utkieker» hoch. Danach stärke ich mich im alten Inselhaus mit Ostfriesentee und Eierlikörsahnetorte und lasse mich im DünenSpa bei einer «Thalasso für den Rücken» Behandlung verwöhnen. InselBad und DünenSpa sind eine tolle Alternative für Schlechtwettertage und der Wellnessbereich ist richtig schön gestaltet. Nebst einer Thalassobehandlung kann ich die Dünensauna zuoberst auf dem Dach empfehlen. Hier schwitzt man mit Traumblick über die Dünenlandschaft.
Ab ins Wattenmeer
Von der Sauna ordentlich aufgewärmt, bin ich bereit für einen Abstecher ins Wattenmeer. Nationalpark Wattführer Carsten Heithecker will uns auf einer Wattwanderung die einmalige von Ebbe und Flut geprägte Landschaft näher bringen. Dafür werden wir zuerst mit Gummistiefeln ausgestattet. Danach machen wir uns auf die Suche nach den Wattbewohnern – die zeigen sich nur, wenn man genau hinschaut und unter der Oberfläche wühlt. Die Helden des Watts sind Sandfresser, leben in einer u-förmigen Röhre und graben den sandigen Wattboden um. Zuerst halte ich die kleinen länglichen Sandhäufchen auf dem Wattboden irrtümlicherweise für den Wattwurm. «Nur Wattwurmkacke», interveniert Carsten Heithecker und sticht mit seiner Gabel in den Boden, um uns einen echten Wattwurm zu zeigen. Die Würmer bilden die Lebensgrundlage für viele andere Wattbewohner und sind – trotz ihres nicht so fotogenen Erscheinungsbildes – zur Symbolfigur des einzigartigen Ökosystems des Wattenmeers geworden. Nach zwei Stunden kehren wir mit sandigen Händen und vielen spannenden Eindrücken vom Watt zurück nach Spiekeroog. Zum Aufwärmen gönne ich mir an diesem Tag ein zweites kalorienreiches Tortenstück. Diesmal gibt es zum Ostfriesentee Sanddorntorte. Würde ich hier auf Spiekeroog eine ganze Woche Urlaub verbringen, müsste ich im Anschluss direkt eine Detox-Kur ansetzen. Denn trotz grossem Tortenstück bleibt genügend Appetit für ein feines Nachtessen im Capitänshaus. Für mich das kulinarische Inselhighlight (vielleicht vom netten «Grüezi» des Kellners beeinflusst, der charmant den einen oder anderen Schweizer Ausdruck in die Konversation einbaute). Ebenfalls eine feine Adresse ist das Cafe Teetied.
Einen Fahrradverleih sucht man auf Spiekeroog vergeblich, was der frappanteste Unterschied zu Langeoog darstellt. Spiekeroog punktet mit seinem hübschen Dorfkern, in dem sich das zu Fuss gehen lohnt, mit den vielen netten Cafés und dem weitverzweigten Fusswegnetz. Wer Ruhe sucht, der findet sie garantiert auf Spiekeroog.
Hinweis: Diese Recherchereise wurde freundlicherweise von der Nordseeinsel Spiekeroog und der Deutschen Zentrale für Tourismus unterstützt. Alle Eindrücke / Meinungen sind wie immer die meinen.