Das Tal von Chamonix-Mont-Blanc bringt im Sommer wie Winter Alpinisten. Bergfreunde und Extremsportler gleichermassen zum Schwärmen. Für mich Grund genug, um den Mythos Chamonix im Rahmen eines Skiweekends genauer unter die Lupe zu nehmen. Wie fühlt es sich an, im Antlitz des höchsten Bergs der Alpen die Pisten runter zu flitzen?
Die Hochgebirgsstadt
Schon bei der Anfahrt entlockt mir der Ausblick einige „ah’s“ und „oh’s“. Bei der Taleinfahrt präsentiert sich uns Chamonix unter blauem Himmel im allerschönsten frisch verschneiten Wintergewand. Unbestritten, die beiden steil ansteigenden Talflanken mit den zerklüfteten Gipfeln, die mit dem Mont Blanc auf 4‘810 m ü. M. das Dach der Alpen bilden, wirken bereits aus der Ferne beeindruckend. Chamonix selbst versprüht Kleinstadtcharme. Einige hübsche Chalets befinden sich am Südhang des Tales. Im Zentrum ist die Bebbauung dagegen ganz klar städtisch.
Wir nutzen das wunderschöne Wetter am ersten Tag, um gemütlich durch die Stadt zu bummeln und uns einen ersten Überblick zu verschaffen. Das prächtige Bergpanorama ist in Chamonix allgegenwärtig. Es genügt den Blick kurz zu heben, um von kühnen Bergabenteuern zu träumen. Wer sich am Mittag statt auf der Piste so wie wir unten im Tal befindet, dem empfehle ich einen Abstecher ins Le Bistrot (151, avenue de l’Aiguille du Midi) zu unternehmen. Hier hat man die Gelegenheit in einem mit einem Michelin-Stern gekrönten Gourmetrestaurant für 20 Euro ein Mittagessen zu geniessen. Zur Wahl stehen entweder Vorspeise/Dessert oder Hauptgang/Dessert.
Die Skigebiete
Am nächsten Tag gilt es Ernst. Wir wollen auf die Ski. Doch oha, die Sonne versteckt sich an diesem Tag hinter dunklen Wolken, die gleichzeitig die mächtigen Berggipfel umhüllen. Ob wir heute den Mont Blanc sehen werden?
Doch zuallererst gilt es, das Skigebiet überhaupt zu verstehen. Beim Blick auf den Pistenplan herrscht bei mir noch anfängliche Verwirrung. Das Tal fasst nämlich mehrere Skigebiete zusammen, die nicht alle direkt miteinander verbunden sind, die aber alle mit dem öffentlichen Verkehr erreicht werden können. Einheimische schwärmen davon, dass jedes Skigebiet ein total anderes Fahrerlebnis bietet, da sie an unterschiedlichen Hanglagen und Höhen angeordnet sind. Für jeden Geschmack und Fahrstil ist was mit dabei. Wem also schnell langweilig wird, der kauft sich am besten den Mont-Blanc Unlimited Skipass für 58.50 Euro (1 Tag). Hiermit hat man freien Zugang zu insgesamt 470 Pistenkilometer verteilt auf 7 Skigebieten (übrigens auch Verbier, wenn man einen 6-Tages-Pass kauft). Günstiger ist der „Le Pass“ für 42.50 Euro, der den Zugang zu den beiden grösseren Skigebieten Brévent-Flégère und Les Montets sowie kleineren Gebieten in der Umgebung inkludiert.
Wir entscheiden uns für das nächstgelegene Gebiet Brévent-Flégère, das am westlichen Hang oberhalb von Chamonix liegt und eigentlich einen Panoramablick zum Mont-Blanc Massiv bieten würde. Die Talstation erreichen wir in wenigen Minuten mit dem Bus, dessen Benützung im Skipass inklusive ist. Von Chamonix geht’s mit der Gondelbahn direkt 2‘000 Meter nach Plan Praz hinauf. Hier oben erwarten uns überraschend gute Schneebedingungen.
Doch, «einen Meter braucht es noch, bis dann im Februar der grosse Ansturm an Touristen kommt», meint ein Herr neben uns. Vom Panorama sehen wir allerdings rein gar nichts. Die Wolken haben die Bergwelt an diesem Tag im Griff. Die Wetterbedingungen – weiss in weiss – sorgen dann auch dafür, dass wir uns etwas vorsichtiger die Pisten runtertasten. Eigentlich schade, denn es gäbe einige rasante Abfahrten, die bei schönem Wetter sicher fantastisch zu fahren wären. Nach einem Abstecher mit der Verbindungsbahn hinüber nach Flégère traversieren wir Richtung Plan Praz zurück. Was etwas überrascht, die Infrastruktur der Sessellifte weist ganz im Gegensatz zu den modernen Gondelbahnen ein etwas älteres Semester auf. Wer häufig in der Schweiz und Österreich unterwegs ist und Annehmlichkeiten wie Wetterschutzhauben und eine schnelle Beförderung als selbstverständlich anschaut, wird hier wohl kurz leer Schlucken. Zumindest in Brévent-Flégère haben die Sessellifte mit Retro-Touch die Überhand.
Dafür überzeugt die Kulinarik am Pistenrand umso mehr. In der Bergerie de Plan-Praz, einem sympathischen kleinen Restaurant im Chalet-Stil, wärmen wir uns bei einem vorzüglichen Essen wieder auf.
Quasi zur Verdauung wagen wir uns dann trotz schlechter Sicht noch auf den höchsten Punkt dieser Seite – Le Brévent auf 2’525 m ü. M.. Die Schwarze Piste hinunter nach Plan Praz ist bei schönem Wetter sicher eine wahre Freude zum Fahren.
Zurück im Tal entscheiden wir uns zu fortgeschrittener Nachmittagsstunde noch spontan zu einem Ausflug auf den Aiguille du Midi. Im Sommer ein Touristenmagnet, strömen im Winter weit weniger Touristen auf den felsigen Vorpfosten des Mont-Blanc Massivs. Da die Fahrt auf den 3’842 m ü. M. hohen Gipfel sowieso in unseren Mont-Blanc Unlimited Skipass inklusive ist, machen wir uns trotz der schlechten Sicht auf den Weg nach oben. Viel sehen tun wir dann tatsächlich nicht, dafür spüren wir die Höhe umso mehr, was wahrscheinlich daran liegt, dass man innerhalb von wenigen Minuten von knapp 1‘000 m ü. M. auf beinahe 4‘000 m ü. M. katapultiert wird.
Après-Ski
Nach dem Höhenrausch kehren wir in unser Hotel zurück, das sich unmittelbar neben der Talstation der Aiguille du Midi Seilbahn befindet. Das 4-Sterne Hotel L’Héliopic ist genau der richtige Ort für alle diejenigen, die eine gelungene Kombination von Design und traditionellen Elementen schätzen. Nebst der grossen Lobby mit Barbetrieb (und kostenloser Popcornmaschine) bietet das Hotel für den entspannenden Start in den Après-Ski einen schönen Wellnessbereich. Hier kann man zum Beispiel bei einer 25-minütigen Massage die Muskeln nach dem Skifahren auflockern und sich in der Sauna aufwärmen. Schade ist einzig, dass bei der Planung wohl der Platz für den Ruhebereich vergessen ging. Wenn sich gerade am frühen Abend einige Leute im Spa aufhalten, fehlen die Liegemöglichkeiten.
Mit dem Einbruch der Dämmerung machen wir uns auf den Weg Richtung Restaurant. Bei einem Ausflug in die Haute-Savoie gehört das Kosten der lokalen Küche mit dazu. Im La Caleche, das zentral an der Einkaufsstrasse liegt, wird in urigem Ambiente ein Menu Savoyard serviert. Ich würde meinen, Zwiebel-Käse-Suppe und Tartiflettes sind ein würdiger Abschluss eines Skiweekends in Frankreich. Wobei, wir kommen bestimmt wieder, da wir ja erst eines der sieben Skigebiete erkundet haben. Dank dem Mont-Blanc Express, der Martigny mit Chamonix verbindet, ist die Anreise aus der Schweiz zum Glück nur ein Katzensprung.
Hinweis: Diese Reise wurde von Chamonix Mont-Blanc und Atout France unterstützt – Vielen Dank hierfür. Meine Leser dürfen wie immer sicher sein, dass ich hier stets meine Ansichten und Begeisterung vertrete.
Hallo Anita
Spannender Beitrag über Cham. Zeit, dass ich wieder mal hinfahre. Über das Skigebiet hast du relativ wenig geschrieben. Hast euch nicht aus den Socken gehauen?
Liebe Grüsse aus Grindelwald
Martin
Hallo Martin wir waren nur ein Tag auf den Ski und ein Tag mit den Schneeschuhen unterwegs, was somit etwas kurz ist, um wirklich alle Facetten des Skigebiets Brevent-Flegere zu «erfahren». Wie die Bilder zeigen, war am Skitag halt leider alles grau und da haut’s mich automatisch nicht gerade aus den Socken ;) Das grosse Potenzial der Region liegt meiner Meinung nach darin, dass sie eine wahnsinnige Vielfalt bietet und den Wochenendgast beim ersten Mal daher fast etwas überfordert. War zumindest bei mir so :)
Die Fotos sind wieder einmal spitze!
Danke dir! :)
Hey Anita,
Wie immer wundervolle Fotos von Dir!! Ich finde es jeweils super, dass Du auch Bilder vom Essen reinstellst. Da ich selber ebenfalls sehr gerne sehr gut esse, sind diese immer eine tolle Abwechslung in Deinen Berichten.
Ich freue mich, weiterhin von Dir zu lesen!
Lieber Gruss, Christian