Nach Terceira – der Insel mit mehr Kühen als Einwohnern – und dem hübschen Inselpaar Pico und Faial, stand als Abschluss unseres einwöchigen Azoren Inselhoppings die «grüne Insel» auf dem Programm. Mit einer Länge von 62 Kilometern und einer maximalen Breite von beinahe 16 Kilometern ist São Miguel die grösste Insel des Archipels – und auch diejenige mit dem grössten Besucherandrang. Verständlicherweise, denn São Miguel bietet auf einer Insel quasi einen «best of Azoren» Auszug. Brodelnde heisse Quellen, lauschige Wasserfälle mit Dschungelfeeling, wilde Küstenabschnitte und ein Grün, wie man es nur hier am äussersten Zipfel Europas findet.
Fulminanter Inselwesten – Miradouro da Boca do Inferno
Naturliebhaberinnen können ohne Weiteres zwei Wochen auf São Miguel verweilen. Es mangelt nicht an tollen Wanderstrecken (im Rother Wanderführer sind alleine 18 Touren beschrieben), herausfordernden Biketrails, atemberaubende Aussichtspunkten und sehenswerten Fischerdörfchen. Mit gut 2.5 Tagen, die uns für die Erkundung der Insel zur Verfügung standen, mussten wir Prioritäten setzen. Und deshalb war von Beginn weg klar, dass wir als Allererstes das unbestrittene Highlight von São Miguel ansteuern. Das Naturschutzgebiet Baica de Sete Cidades im Inselwesten mit den beiden Seen «Lagoa Verde» und «Lagoa Azul» gehört zu den «sieben Naturwunder Portugals» und ist auf jedem zweiten Azorenprospekt abgebildet. Auf dem Weg von der Inselhauptstadt Ponta Delgada zu den beiden pittoresken Seen, gibt’s unterwegs alte, überwucherte Aquädukte zu entdecken. Bald darauf erreichen wir den Parkplatz beim Lagoa do Canario. Von hier führt ein Wanderweg zum Miradouro da Boca do Inferno mit gigantischem Blick über die Kraterlandschaft der Sete Cidades. Unweit davon befindet sich der Miradouro da Vista do Rei. «Ponta da Vista de Grande Interese» kündigt das Strassenschild kurz davor den Aussichtspunkt bescheiden an. Und siehe da: Der Parkplatz ist proppenvoll und wir rätseln, woher denn plötzlich all die Leute her sind. Abgesehen davon hat der Reiseführer nicht zu viel versprochen – die Aussicht ist grandios. Getoppt wir das Ganze noch von einer leerstehenden Hotelruine direkt daneben. Das ehemalige Luxushotel «Monte Palace» ist ein exemplarischer «Lost Place» – spooky, aber sehenswert. Wir setzen unseren Roadtrip danach auf Nebensträsschen Richtung Mosterios fort. Der Freund hat sich das charmante Fischerdorf als Sonnenuntergangs-Fotolocation rausgesucht – aber: Das Azorenhoch ist an diesem Tag gerade über dem europäischen Festland beschäftigt und beschert und eine eher wolkige Abendstimmung.
Überraschender Inselosten
Am nächsten Morgen klingelt uns der Wecker in aller Herrgottsfrühe aus dem Bett. Wir wollen uns den Sonnenaufgang an der östlichsten Inselspitze beim Farol do Arnel angucken. Das Wetter lässt uns leider weiterhin im Stich, dafür erinnert mich die düstere Stimmung an Bilder von den Färöer Inseln. Auch ohne goldenes Morgenlicht imponiert die wilde Ostküste mit ihrer mehrere hunderte Meter abfallenden Steilküsten. Grün und Blau, soweit das Auge reicht. Als möchte sich São Miguel für die bescheidene Wetterperformance entschuldigen, folgt auf dem Weg nach Provocao noch ein unerwartetes Highlight. Ich hatte in Ponta Delgada bereist Ansichtskarten mit wunderschönen Baumalleen gesehen. All die Bilder stammen aus der Gegend rund um Furnas. Aber die Alleen in Furnas sind im Vergleich zu dem, was mir spontan irgendwo im nirgendwo ins Auge stach ein Pappenstiel. Quer durch die grüne Hügellandschaft oberhalb von Provocao säumt eine kilometerlange, traumhafte Baumallee eine Nebenstrasse. Wie aus einer anderen Welt! Nach einem Bummel durch die Gassen von Provocao und einem Kaffeestopp in einem Café beim Hauptplatz folgen wir der Strasse zurück Richtung Ponta Delgada. Gegen den Mittag kehren wir oberhalb von Lagoa ins «Agriturismo» Paladares da Quinta ein, wo uns inseltypische Gerichte aufgetischt werden.
Brodelndes São Miguel
Als Schlussbouquet haben wir uns die Inselmitte von São Miguel aufgespart. Hier ist der vulkanische Ursprung des Archipels allgegenwärtig. Sei es bei den brodelnden, nach faulen Eiern riechenden heissen Quellen von Furnas. Die Insulaner stellen ihre Schmortöpfe in die heissen Erdlöcher und lassen das Gericht von der vulkanischen Hitze kochen. Nebst dieser kulinarischen Besonderheit ist Furnas ein beliebter Ort für Wellnesstouristen. Sehr schön entspannen lässt es sich im Furnas Boutique Hotel Thermal Spa, dem wir aus Neugier eine Stippvisite abstatten. Ein beliebtes Tagesausflugsziel für Wandervögel und Naturliebhaber ist das Hochland rund um den Feuersee «Lagoa do Fogo». Der naturbelassene Krater entstand bei einem Vulkanausbruch im 16. Jahrhundert. Wer der Strasse in nördliche Richtung folgt, passiert die Caldeira Velha – einen Wasserfall mit warmem, eisenhaltigem Wasser, in dem man baden kann. Wir sind zwei Mal vorbeigefahren, aber jedes Mal war der Parkplatz derart hoffnungslos überfüllt, dass wir auf einen Besuch verzichteten. Stattdessen wanderten wir etwas weiter Richtung Ribeira Grande zu einem idyllisch gelegenen Wasserfall (mit normalen Wassertemperaturen) und besuchten danach noch die Teefarm Cha Gorreana. Die Teeplantagen auf São Miguel gehören zu den grössten Teeplantagen Westeuropas, wo «echter» Tee angebaut wird. Wer hier übrigens vom Grün- und Schwarztee probieren möchte, kann sich kostenlos bedienen.
Inselhauptstadt Ponta Delgada
Ausgangspunkt für unsere Tour kreuz und quer über São Miguel war die zentral gelegene Inselhauptstadt Ponta Delgada, die uns positiv überraschte. Es lohnt sich, durch die Altstadtgassen zu bummeln. Zu entdecken gibt es hübsche Fassaden, prunkvoll verzierte Türen und Torbogen sowie nette Cafés und Lädeli. Am nördlichen Stadtrand erwarten euch zudem die berühmten Ananasplantagen der Arruda Pineapple Plantation. Die Azoren-Ananas, die uns jeden Morgen versüsste (und die wir auch in Kombination mit Blutwurst gegessen haben – eine weitere typische Inselspezialität), wird in São Miguel in Gewächshäusern herangezogen. Eigentlich wollte ich unbedingt das berühmte Ananaseis kosten. Doch welch herbe Enttäuschung – das wird nur in den Sommermonaten produziert (wir müssen also nochmals hinreisen). Ansonsten hat uns Ponta Delgada kulinarisch äusserst positiv überrascht. Die Stadt hat einige lässige Restaurants im Angebot, wie das vegetarische Rotas Da Ilha Verde (Rua Pedro Homem 49, unbedingt reservieren!) oder das Restaurant Anfiteatro an der Strandpromenade. Und für den Drink danach empfehlen wir euch einen Abstecher in die hippe Rooftop Bar das Azur Hotels. Ihr seht, die «grüne Insel» wird locker allen Ansprüchen gerecht!
Praktische Tipps für São Miguel
- Anreise mit TAP Portugal (tägliche Verbindungen ab Zürich) über Lissabon auf die Azoren
- Zentral übernachten: Hotel Marina Atlantico oder Azor Hotel
- Übernachten mit Strandfeeling: Santa Bárbara Eco-Beach Resort in Riberia Grande
- Die Insel lässt sich gut mit dem Mietwagen erkunden. Wir haben das Auto bei Varela Rent a Car am Flughafen gemietet
Unsere Azoren-Reise wurde durch Amin Travel GmbH ermöglicht. Amin Travel ist spezialisiert auf Reisen nach Portugal mit den Azoren und Madeira, den Kapverdischen Inseln sowie Ägypten und Jordanien. Das kleine Team stellt gerne massgeschneiderte Programme zusammen. Für uns haben sie ein Programm für vier Inseln in 9 Tagen ausgearbeitet. Wer unser Inselhopping in gemütlicheren 14 Tagen nachreisen möchte, kann das inkl. TAP-Flügen, Hotelübernachtungen mit Frühstück und Mietwagen ab 1’725 CHF pro Person buchen
Wow, wunderschöne Photos! Und mit dem Wetter scheint ihr auch Glück gehabt zu haben. Ich hab damals oben vor lauter Wolken gar nichts mehr gesehen… Besonders schön find ich das Photo mit dem Blick hinunter auf den kleinen Hafen, die Serpentinen und der Brandung!
Liebe Grüße,
Jakob
Danke Jakob :) nun ja, das Wetter war solala. Erinnerte mich etwas an die Hochnebeldecke in Zürich, aber du hast Recht – es könnte noch schlimmer sein :D
Wunderschön! Leider habe ich immer noch keinen Flug auf die Azoren gebucht ;)
Liebe grüße,
Ela
Na dann – auf was wartest du noch? ;) :D
Hallo Anita,
habe mich sehr gefreut, deinen beitrag über die Azoren Insel Sao Miguel zu lesen! Genial! Ich werde ihn als Basis für meinen Besuch der Insel hernehmen. Flüge für März ab Zürich mit TAP sind gebucht…sogar relativ günstig mit 250 CHF.
Danach werde ich versuchen einen Beitrag auf meinem neuen Reiseblog zu veröffentlichen…
ich hoffe nun auf gutes Wetter Ende März 2018 :)
Viele Grüsse,
die Reisefanatikerin
Hallo Anita
Vielen Dank für deine interessanten Beiträge über die Azoren. Ich habe alle Teile mit viel Vergnügen gelesen.
Mein Freund und ich planen momentan unsere Sommerferien und die Azoren (und Madeira) stehen hoch oben auf unserer Liste. Sind sehr ambitionierte Landschaftsfotografen und möchten während unseren Ferien diese Leidenschaft ins Zentrum stellen. Die Azoren scheinen sich bestens dafür zu eignen. Trotzdem komme ich mit der Planung der Reise überhaupt nicht weiter. Welche Inseln würdest du fürs Fotografieren besonders empfehlen? Welche Spots?
Hoi Carol danke für deinen Kommentar. Ja die Azoren (und auch Madeira) sind natürlich super Destinationen für LandschaftsfotografInnen. Ich finde es relativ schwierig, pauschal irgendwelche Spots zu empfehlen, da es natürlich auch immer vom Wetter und den persönlichen Interessen abhängt. Sao Miguel bietet viele «klassische» Postkartenspots wie die Sete Cidades oder den Faro del Arnel – langweilig wird es dir hier bestimmt nicht. Mir persönlich hat die Kombi Faial/Pico sehr gut gefallen, weil die beiden Inseln etwas weniger touristisch sind und ich mir gerne «eigene» Motive suche und auch gerne schöne Dörfer/Kulturlandschaften fotografisch festhalte. Was du auf diesen beiden Inseln aber nicht findest sind schöne Wasserfälle. Wahnsinnig schön soll Flores sein – da waren wir leider nicht, bietet aber wunderschöne Motive. Wenn ihr den Fokus wirklich hauptsächlich auf Landschaftsfotos legt und ca. zwei Wochen Zeit habt, dann würde ich dir die Kombi Sao Miguel – Flores – Madeira empfehlen. Ich hoffe, das hilft dir weiter.
Liebe Anita, soeben zurück von den Azoren (Sao Miguel, Flores und Faial) möchte ich dir herzlich für deine Tipps danken. Während unserer Reise habe ich immer mal wieder deinen Blog konsultiert und so haben wir z.B. das Ananas-Eis auf der Ananas-Plantage probiert und waren im Anfiteatro (das vegetarische Resti war leider ausgebucht). Unser Highlight auf Sao Miguel war neben den vielen landschaftlichen Highlights das japanische Restaurant Otaka in Ponta Delgada und unsere Unterkunft in Furnas, das Quinta da Mo. Liebe Grüsse, Sabrina
Liebe Sabrina herzlichen Dank fürs Feedback und freut mich, dass der eine oder andere Tipp weitergeholfen hat – ich bin ja etwas neidisch, dass es bei euch Ananas-Eis gab ;) (und das Quinta da Mo hab ich grad gegoogelt – sieht wirklich sehr toll aus :))
Liebe Anita, habe gerade deinen Blogeintrag gelesen. Vielen Dank für die Tipps. Bei uns geht es am Samstag los, aber zuerst 1Nacht in Porto. Danach 1Woche auf San Miguel und ein Mietwagen haben wir schon organisiert. Sind sehr gespannt auf die Insel und freuen uns riesig. Irgendwelche Restaurant Tipps? liebe Grüsse Sandra aka SchoggoVino
Liebe Sandra – oh toll! Die Azoren sind echt toll und Sao Miguel bietet eine Fülle an lässigen Aktivsten. Bezüglich Restaurants sind meine Favoriten in Ponta Delgada das vegetarische Restaurant Rotas da Ilja Verde (Reservation empfehlenswert) sowie das Restaurant Anfiteatro.