Schon drei Jahre sind seit unserem letzten Abstecher in den Regionalen Naturpark Schaffhausen vergangen. Damals sind wir über den plateauartigen Höhenzug namens «Randen» gewandert und haben vom Schleitheimer Randenturm die Aussicht über die weitläufigen Laubwälder genossen. Ich mag mich erinnern, wie ich damals zum Freund sagte «diese Landschaft sieht bestimmt auch im Herbst zauberhaft aus». Und nach unserem heutigen Abstecher in den Reiat kann ich bestätigen: Das tut sie! Der nordöstliche Zipfel der Schweiz hat uns bewiesen, dass er auch ein veritabler Kandidat für eine schöne Herbstwanderung ist.
Der Reiat – Idylle im Schaffhauserland
Zu den fünf Regionen, die Teil des Regionalen Naturparks Schaffhausen sind, zählt auch der Reiat. Der Name geht auf einen Flurnamen zurück, der seit dem Mittelalter als Landschaftsbezeichnung für das Gebiet nördlich der Stadt Schaffhausen (Büttenhardt, Lohn, Thayingen, Herblingen, Stetten, Altorf, Bibern, Hofen und Opfertshofen) verwendet wird. Und wenn du jetzt mit dem Begriff «Reiat» so rein gar nichts anfangen kannst – willkommen im Club. So geht es vermutlich den meisten. Auch wenn sich im Reiat keine klassischen Sehenswürdigkeiten oder besondere Attraktionen verstecken, hat die liebliche Hügellandschaft doch den einen oder anderen Trumpf auf Lager. Zum einen findet sich im Reiat der nördlichste Weinberg der Schweiz und zum anderen geniesst man von hier aus Panoramblicke auf die schönen Hegauer Kegelvulkane.
Am besten lässt sich die Region auf dem rund 19 Kilometer langen Reiatweg erkunden. Mit Start- und Endpunkt in Thayngen führt er einmal rund um die kompakte und dennoch überraschend weitläufige und vielfältige Region. Unterwegs erwarten einem tolle Aussichtspunkte mit gemütlichen Liegen, spannenden Geschichten zur Kultur und Natur und idyllische Ortskerne mit historischer Bausubstanz.
Laubwälder, Nebelschwaden und Vulkanblick
So ganz sicher waren wir uns nicht, ob die Höhenlagen des Reiats ausreichen, um an diesem Novembermorgen die Wanderung bei Sonnenschein in Angriff zu nehmen. Und zum Glück haben wir uns darauf vorbereitet, dass der Nebel die Dörfer des Bibertals bei unserer Ankunft um 8:00 Uhr noch fest im Griff haben könnte. Nicht weiter tragisch. Wir starten unsere Wanderung am Bahnhof Thayngen. Aromat-Fans sollten sich hier der Besuch des Fabrikladens im einstigen Produktionsgebäude (heute Unilever) nicht entgehen lassen (wobei dieser erst um 11:30 Uhr öffnet und somit wohl eher auf dem Rückweg angesteuert wird).
Wir folgen einer Quartierstrasse bis zum Ortsteil Hüttenleben, wo sich der offizielle Ausgangspunkt des Reiatwegs befindet. Hier verlassen wir die Teerstrasse und folgen einem schmalen Waldweg in die Hochebene des «oberen Reiat». Wie schon vor drei Jahren vermutet, steht dem Naturpark Schaffhausen das herbstliche Gewand ausgesprochen gut. Obwohl sich die Sonne noch hinter den Nebelschwaden versteckt, lassen die farbigen Blätter den Wald nämlich regelrecht erleuchten. Und bald macht sich auch die Höhendifferenz zwischen dem Talboden in Thayngen und der Hochebene rund um «Oberholz» bemerkbar. Der Nebel lichtet sich beziehungsweise staut sich an der Hangkante und dann ist da plötzlich auf der einen Seite strahlender Sonnenschein und auf der anderen Seite gucken die Kegelvulkane neckisch aus dem Nebelmeer.
Vom ersten Aussichtspunkt mit Hegaublick führt der Waldweg in einem abwechslungsreichen Auf und Ab am Rand der Hochebene entlang bis nach Opfertshofen. Auf den ersten Aussichtspunkt folgen noch zwei weitere ausgeschilderte «Känzeli» mit Panoramablick hinüber nach Deutschland. Doch an diesem Morgen sorgt weniger die schöne Aussicht, sondern vielmehr das Spiel zwischen Sonne und Wolken für Wow-Momente. So knapp an der Hochnebelgrenze entlang zu wandern hat halt schon auch ihre besonderen Reize.
Schöne Reblagen und verborgene Grenzübergänge
Am Ortsrand von Opfertshofen führt der Wanderweg an einem Restaurant (Reiatstube) vorbei. Vermutlich lag es am nebligen Novembertag, dass es bei uns einen nicht allzu einladenden Eindruck hinterliess. Ein Augenfang ist hingegen die hübsche Kirche im Ortskern von Opfertshofen. Während die ersten knapp 5 Kilometer mehrheitlich im Wald verliefen, geht es nun über Feldwege weiter ins Nachbardorf Altdorf. Hier leitet uns der Wanderweg durch den nördlichsten Weinberg der Schweiz in die nächste Anhöhe hinauf. Zwischenzeitlich hat sich der Nebel fast ganz verzogen und wir geniessen von einer schön platzierten Sitzbank oberhalb des Weinbergs die Aussicht über die Hügelzüge des Reiats.
Während der offizielle Reiatweg an dieser Stelle noch eine Zusatzschlaufe in den nördlichsten Zipfel der Region (und somit auch der Schweiz) unternimmt, kürzen wir kurzerhand ab und begeben uns auf direktem Weg Richtung Hofen. Der Wegabschnitt der «lisehaalde» entlang finde ich wiederum «u schön»! Knorrige Äste baumeln vom Wald – der sich schon auf deutschem Staatsgebiet befindet – hinüber in die Haldenwiesen auf Schweizer Seite. Der Weg führt an einem alten Grenzhäuschen vorbei und leitet uns dann zu einem wunderschön gelegenen Rastplatz.
Nach so vielen aussichtsreichen Kilometern hat die Wegstrecke zwischen Hofen und Bibern einen schweren Stand. Zwar können wir von hier nochmals die Vulkane der Hegau bestaunen, doch leider werden wir mehrheitlich über Teerstrassen geleitet. Diese zugegeben etwas öde «tschumpelei» verleitet uns dazu, die Rundwanderung nach gut vier Stunden Wanderzeit in Bibern zu beenden. Auch ohne das letzte Teilstück, welches dem Flusslauf der Biber zurück nach Thayngen führt, für uns ein rundum gelungener – und auch absolut empfehlenswerter – Wanderausflug. Das tolle am Reiat ist, dass sich die Gegend dank der Höhenlage zwischen 550 – 650 Meter über Meer hervorragend für (nebelfreie) Spätherbstwanderungen eignet.
Praktische Tipps für deine Wanderung durch den Reiat
Der Routenverlauf unserer Tour dem Reiatweg entlang von Thayngen nach Bibern kann nachfolgender Karte entnommen werden. Während der Reiatweg total 19 Kilometer Wegstrecke (mit Start in Hüttenleben) aufweist, haben wir mit unserer Version eine Distanz von gut 15 Kilometer absolviert. Eine Wanderung entlang dem Reiatweg lässt sich sehr flexibel gestalten.
In allen Dörfer bestehen Busverbindungen Richtung Schaffhausen. Zu beachten ist einzig, dass die Busse lediglich stündlich verkehren und der Fahrplan (Abfahrtszeiten) je nach Tageszeit variiert. Einkehrmöglichkeiten sind punktuell vorhanden. Je nach Saison/Wochentag lohnt es sich aber vielmehr, ein Picknick einzupacken und an einem der vielen schönen Rastplätze einen Stopp einzuplanen. Empfehlen kann ich zudem der Abstecher in das Hoflädeli der Wagis Farm in Bibern. Dort kann man verschiedene regionale Spezialitäten sowie Milch- und Fleischprodukte direkt ab Hof kaufen.
Eckdaten der Tour Thayngen – Altdorf SH – Bibern SH
Ausgangspunkt | Bahnhof Thayngen |
Länge | 15,1 Kilometer |
Höhenmeter | ↗ 497 m ↘ 473 m |
Dauer | 4:00 h |
Zielort | Bushaltestelle Bibern |
Gelungener Wandervorschlag mit liebevollen Details. Die Fotos sind wunderschön und laden zum Nachmachen ein.
Toller Artikel, vielen Dank 🤗
Liebe Rahel, danke für dein Feedback. Freut mich, dass dir der Beitrag gefällt :)
Wie wunderschön es so spät im Jahr noch sein kann!
Oh ja, der November hat durchaus auch seine Reize! :)