Von Cremona über Domodossola bis Verona, sind norditalienische Städte hier auf dem Blog gut vertreten. Und doch habe ich noch längstens nicht alle spannenden Stätten ännet dem Gotthard- und Simplonpass besucht. Einen Kurztrip nach Bergamo hatte ich vor längerer Zeit auf meine Reiseideenliste gesetzt, aber irgendwie kam immer was anderes dazwischen. Das Warten hat sich gelohnt – zwischenzeitlich ist auch die Unesco auf die prächtigen venezianischen Stadtmauern aufmerksam geworden und hat sie dieses Jahr in die Liste der Unesco Weltkulturerbe aufgenommen. Höchste Zeit also, Nägel mit Köpfen zu machen.
Gereist – Zürich-Bergamo unkompliziert
Ein Grund, wieso mir Bergamo schon vor längerer Zeit als mögliches Wochenendziel ins Auge stach, ist die gute Erreichbarkeit ab Zürich mit den öffentlichen Verkehrsmitteln. Mit den schnellsten Verbindungen dauert die Anfahrt mit einmal Umsteigen in Monza gerade einmal 4.5 Stunden. Wer sich also am Freitagmittag in den Zug setzt, kann mit einem Aperitivo auf der Piazza Vecchia aufs Wochenende anstossen. Bei uns lief es nicht ganz so rund, weil wir blöderweise auf der falschen Strassenseite auf die Buslinie Nr. 1A, die die Strecke Bahnhof – Città Alta bedient, warteten. Gut dreissig Minuten vergingen, bis wir unseren Fehler realisierten und feststellten, dass der Bus direkt beim ersten Busperron vor dem Bahnhofgebäude hält. Wer es von Anfang an richtig macht, muss nicht lange warten. Der Bus bedient die Strecke im 10- bis 15-Minuten-Takt.
Getan in Bergamo – Dolcefarniente und Sehenswürdigkeiten
Aussichtspunkte erklimmen |
Uns ziehen die Aussichtspunkte jedes Mal magisch an. So auch in Bergamo. Als Erstes lassen wir uns mit dem Funicolare San Vigilio auf den ehemaligen Schlosshügel der Stadt hinauf transportieren. Vom Schloss selbst sind heute nur noch Ruinen auszumachen. Wer oben auf dem Hügel steht, kann aber gut verstehen, wieso sich die früheren Herrscher dieses Plätzchen ausgesucht hatten: Die Aussicht über die Città Alta und das Umland ist toll! Der Weg zurück in die Altstadtgassen dauert keine 15 Minuten und ist ein schöner Spaziergang. Wem die 1.30 Euro für die Standseilbahn zu teuer scheinen, kann natürlich auch bergwärts marschieren.
Ein zweiter – lohnenswerter – Aussichtspunkt liegt mitten in der Altstadt. Im Torre Civica am Rande der Piazza Vecchia befindet sich die grösste Glocke der Lombardei. Und gleich darüber gibt’s den Vogelblick über die verwinkelten Gassen von Bergamo. Der Eintritt kostet 5 Euro und im Ticket inklusive ist der Eintritt ins überraschend interessant gestaltete Museum Storico dell’Età Veneta.
Durch die Altstadtgassen schlendern |
Nachdem wir uns aus der Vogelperspektive einen ersten Überblick verschafft haben, zieht es uns hinunter ins Gassengewirr. Um ehrlich zu sein, sind wir an diesem Wochenende gefühlt 100-mal die Via Bartolomeo Colleoni rauf und runter spaziert und haben die ausladenden Schaufensterdekorationen bestaunt und in spannende kleine Lädeli hineingeguckt. Ein Muss ist natürlich auch der Blick ins Innere der Basilika Santa Maria Maggiore – was für eine Prunkkirche! Es könnte übrigens gut sein, dass euch beim Herumstreifen die Shoppinglust packt.
Die venezianischen Festungsmauern erkunden |
Die imposanten venezianischen Festungsmauern kamen bei unserem Besuch etwas zu kurz. Das Wetter war nicht unbedingt so «amächelig». Es ist aber bestimmt herrlich von den Stadttoren aus im goldigen Abendlicht die Unterstadt zu überblicken oder den Festungsmauern entlangzuspazieren.
Kunst angucken |
Nach einem kurzen Stopp bei der imposanten Porta San Giacomo, früher das Eingangstor für alle, die aus der Gegend von Mailand nach Bergamo reisten, zieht es uns wieder ins Innere. Der Besuch der Accademia Carrara ist eine gute Schlechtwetteroption. Mit einer imposanten Sammlung gehört die Accademia zu Italiens bedeutendsten Gemäldegalerien (Eintritt 10 Euro für Erwachsene).
Gegessen – Bergamo für Foodies
Bar Flora | Aperitivo mit Stil
Wir landeten am ersten Abend direkt in der Bar Flora und blieben der netten kleinen Bar am Rande der Piazza Vecchia auch am zweiten Abend treu. Der Freund empfiehlt hier übrigens den – kräftigen – Negroni.
Ristorante Hosteria | zwischen historischen Mauern dinieren
Hinweis Juli 2021: das Restaurant Hosteria hat leider geschlossen.
Am ersten Abend ergatterten wir spontan noch einen Tisch im Restaurant Hosteria, das zum Relais San Lorenzo gehört. Überzeugt hat uns das Ambiente (das Restaurant ist zwischen den Ausgrabungen alter Stadtmauerfragmenten platziert), die sehr aufmerksame Bedienung und die feine Auswahl vegetarischer Gerichte. Ich bin keine Vegetarierin – habe aber an diesem Abend aufgrund der leckeren Optionen (wie Randen-Tatar) kein Fleischgericht bestellt.
Ristorante DaMimmo | regionale Kost
Wer Lust auf regionale Kost hat, der findet im Ristorante DaMimmo (zentral an der «Hauptgasse» der Citta Alta gelegen) eine Auswahl typischer bergamasker Gerichte. Mein Tipp: probiert die hausgemachte Smaiassa Glacé, die mich vom Geschmack her an Farina Bona Produkte, die ich vom Valle Onsernone her kenne, erinnerte.
Ristorante Casual | Fine Dining
Für den Samstagabend suchten wir uns ein spezielles Lokal aus. Und zwar reservierte ich einen Tisch im Ristorante Casual, das mit einem Michelin-Stern ausgezeichnet ist. Chef Enrico Bartolini führt insgesamt drei Michelin-Sterne-Restaurant (dasjenige in Mailand hat drei Sterne). Das günstigste Tasting Menu mit vier Gängen kostet 45 Euro (was ich einen absolut phänomenalen Preis finde). Wir entschieden uns für das 7-Gang Menü mit Weinbegleitung (150 Euro pro Person) und liessen uns überraschen. Und während ich beim Amuse Bouche noch salopp meinte: «sofern keine Froschschenkel oder Schnecken kommen, esse ich alles». Wurden uns doch tatsächlich als Zwischengang Schnecken vorgesetzt. Die schmeckten überraschend gut, aber mein Kopf machte da nicht ganz mit. Ansonsten ein grossartiger Abend inklusive spannendem Streifzug durch die Welt der autochthonen italienischen Rebsorten.
Restauranttipps für die Città Bassa |
Kurz vor der Heimreise sind wir im strömenden Regen noch kurz durch die Altstadtgassen der Unterstadt spaziert, die ebenfalls eine wunderhübsche Fussgängerzone im Angebot hat. In puncto Kulinarik ging unser Plan leider nicht auf. Wir steuerten frohgemut die Trattoria Camozzi (etwas ausserhalb des Stadtkerns) an, um dort festzustellen, dass das Restaurant für den Sonntagmittag schon komplett ausgebucht war. Gut für euch, denn wir können nun bestätigen, dass die Trattoria ein echter Einkehrtipp unter Einheimischen ist, und dass man unbedingt im Vorfeld reservieren sollte! Etwas betrübt begnügten wir uns stattdessen mit Espresso und Dolce im l’Art Caffe Torrefazione. Auch keine schlechte Wahl – hier gibt es nicht nur guten Kaffee, sondern auch einen lauschigen Innenhof.
Geschlafen – unser Hoteltipp für Bergamo
Hinweis Juli 2021: das Relais San Lorenzo hat leider geschlossen.
Übernachtet haben wir im Relais San Lorenzo mitten in der Città Alta von Bergamo. Ich hatte das stylische 5-Sterne Stadthotel bereits vor längerer Zeit einmal entdeckt und für einen allfälligen Bergamo-Trip im Hinterkopf behalten. Für zwei Übernachtungen in der Zimmerkategorie «Superior Room» zahlten wir von Freitag auf Sonntag 486 Euro inklusive Frühstück. Im Zimmerpreis inbegriffen ist auch eine kostenlose Stunde im Wellnessbereich des Hotels. Dieser ist relativ klein und kann daher nur auf Voranmeldung besucht werden (man ist dafür dann auch maximal zu viert drin). Wir sind aber zeitlich nicht dazu gekommen, dies auszuprobieren. Das Frühstücksbuffet ist nicht üppig, es werden aber nach Wunsch ohne Zusatzkosten frisch zubereitete Eispeisen angeboten. Wir können das Hotel allen empfehlen, die ihren Weekendtrip nach Bergamo mit einem Hauch «Luxus» kombinieren möchten.
Oh, da beim Lesen wird die Sehnsucht nach Italien mal wieder sehr groß. Wie gern würde ich jetzt in der Bar Flora bei einem Aperitivo sitzen.
Danke fürs Mitnehmen,
Sarah
Das San Lorenzo ist inzwischen Dauerhaft geschlossen…War wohl etwas zu stylisch…
Besten Dank für den Hinweis – werde dies im Beitrag aktualisieren. Die letzten 1.5 Jahre waren für die Hotellerie im allgemeinen bzw. im Speziellen in Bergamo aber auch nicht einfach…