Ich erinnere mich lebhaft an meine Gurtenbesuche als Dreikäsehoch. Aussicht hin oder her, das Interesse galt einzig und allein der Kleineisenbahn im Spielpark. Die Fahrt damit das Highlight auf dem Gurten und das, was mir bis zum heutigen Tag in Erinnerung blieb. Wir nutzten die Neueröffnung des Restaurants Gurtners (vormals Bel Etage) als Gelegenheit, uns wieder einmal auf Entdeckungstour auf dem weitläufigen Parkgelände auf stolzen 858 m ü. M. hoch über der Stadt Bern zu begeben.
Gurten – Park im Grünen
Das Faszinierende am Gurten ist, dass man tatsächlich im Handumdrehen dem Stadtgewusel den Rücken kehrt und sich mitten in einer grünen Oase wiederfindet. Allein dieser Effekt ist die Fahrt mit dem Gurtenbähnli Wert (das übrigens im GA inkludiert ist). Ansonsten hat sich auf dem Gurten einiges getan. Der Spielpark ist um zahlreiche Attraktionen erweitert worden und die Kleineisenbahn dreht nun in schicker BLS-Miniaturform ihre Runden. Wer zu alt ist, um sich in die Eisenbahn zu setzten (und keine Kinder als gute Entschuldigung dabei hat), der kann sich auf dem Gurtenpark auf einen Kunstspaziergang begeben. Draussen im Grünen finden sich Kunstinstallationen von Ursi und Bernhard Luginbühl sowie Silvio Matteoli. Weitere Kunstwerke sind in den verschiedenen Räumlichkeiten zu finden. Der Spaziergang führt uns zu einem weiteren Highlight: der Gurtenturm. Vom 23 Meter hohen Aussichtsturm gibt es eine prächtige Rundsicht über das Schweizer Mittelland bis hin zu Eiger, Mönch und Jungfrau.
Restaurant: zNacht im Gurtners
Kulinarisch hat sich der Gurten bisweilen vor allem als schöner Ort für einen Sonntagsbrunch einen Namen gemacht. Mit der gelungenen Neuausrichtung des ehemaligen Bel Etage Restaurant im ersten Stock hat der Gurten nun auch eine richtig lässige Location für ein feines Essen mit der Familie, Freunden oder romantisch zu zweit inklusive Ausblick auf die grün glitzernde Aare und das Bundeshaus. Meinen Geschmack hat das Gurtners mit dem frischen Design und vielen Holzelementen zumindest getroffen. Die Abendkarte ist angenehm simpel gehalten. Zur Auswahl steht ein viergängiges Abendmenü für 85 CHF sowie fünf à la Carte Hauptgänge von Chateaubriand bis zum Belper Saiblingsfilet. Nach dem Motto «Gutes mit Liebe gemacht» stehen Rezepte der Berner Bauernküche im Fokus. «Wie vom Grosi», erklärt uns dann auch die Servicemitarbeiterin wie wir uns das Kalbsvoressen vorstellen müssen. Insgesamt haben uns das Konzept und das Essen begeistert – das sensationelle Kalbsvoressen ist für mich Grund genug, mal wieder im Gurtners einzukehren. Was ich dafür nicht verstanden habe – oder konzeptionell meiner Meinung nach nicht dazu passt – ist das Blumenkohlgärtli mit Riesencrevetten zur Vorspeise. Ich glaube, mein Grosi wusste nicht einmal, was Crevetten sind.
äuä oder ieu?
Nach dem Abendessen gibt es zwei Alternativen. Entweder ihr fährt mit dem Gurtenbähnli wieder hinunter ins Stadtleben – oder aber, ihr verlängert das Gefühl von einer Bergauszeit einfach um eine Nacht und legt euch zwei Stockwerke über dem Gurtners in ein weiches Bett und lässt euch am nächsten Morgen vom Vogelgezwitscher wecken. Früher gab es auf dem Gurten einige Hotelzimmer, übrig geblieben sind zwei Stück: äuä und ieu – beinahe eine exklusive Geschichte. Wir schliessen mit dem schweren Schlüssel die Tür zum Zimmer «ieu» auf und wissen in dem Moment: genial! Die beiden Zimmer sind in einem zeitgemässen Design gestaltet, bieten viel Fläche und vor allem einen phänomenalen Ausblick auf die Altstadt von Bern. Dazu kommt, dass im Zimmerpreis die Benutzung der reichhaltig ausgestatteten Minibar sowie ein Picknickkorb voller feinen Sachen inklusive ist. Der Spass kostet am Freitag und Samstag faire 315 CHF pro Doppelzimmer. An den übrigen Tagen beträgt der Preis 265 CHF. Berghotel Flair in Stadtnähe: ein echter Gurten-Geheimtipp.
Wandern vom Gurten: Auf dem Gürbetaler Höhenweg heimwärts
Einziger Hacken bei einer Übernachtung auf dem Gurten: Das Frühstück gibt es erst ab neun Uhr, wenn die Türen zum Restaurant Tapis Rouge auch für die externen Gäste öffnen. Perfekt für Langschläfer. Als Frühaufsteher wissen wir uns zu helfen. Der Inhalt des reichhaltigen Picknickkorbes steht nämlich noch beinahe unangetastet vor dem Bett. Wir schnappen uns diesen und setzen uns vor dem Gurtenturm auf die grüne Wiese. Ein schöner Start in den Tag. Motiviert schnüren wir im Anschluss die Wanderschuhe, packen unsere Siebensachen zusammen und marschieren los. Der Gurten ist nicht nur ein toller Ausflugsberg, sondern auch ein schöner Ausgangspunkt für Wanderungen durchs Gürbetal. Wir folgen der Wanderwegmarkierung Richtung Kehrsatz, passieren das idyllische Gurtendörfli und biegen danach bei Breitägerte auf den Gürbetaler Höhenweg ab. Als gebürtige Gürbetalerin stand für mich der seit rund zehn Jahren existierende Gürbetaler Höhenweg schon länger auf der Bucket List. An diesem Tag liess sich das perfekt mit dem Gurtenausflug kombinieren. In insgesamt 27 Kilometer führt der Höhenweg von Kehrsatz bis Wattenwil. Die Wanderzeit für die gesamte Strecke dauert rund 7.5 Stunden. Ich hatte die Befürchtung, dass die Wanderung landschaftlich «langweilig» sei. Weit gefehlt, wie ich an diesem Tag feststelle. Wir passieren schöne Weiler, bewundern das stetig wechselnde Panorama, wandern durch verwunschene Bachtobel und beobachten einen Fuchs beim Mäusefang. Und ich wiederhole mich unterwegs immer wieder mit «oh, so schön – schau mal!» Da aktuell der Abschnitt beim Pfaffenloch gesperrt ist (was Schade ist, weil das einer der spannendsten Abschnitte ist), steuern wir den Bahnhof Toffen an und überwinden die letzten Kilometer bis zum Grillplausch im Elternhaus mit dem Zug. Fazit: pure Begeisterung! Wenn ihr mal einen Tag Zeit, dann zottelt doch einfach in Kehrsatz los!
Mehr Infos zum Gürbetaler Höhenweg: Routenverlauf auf Schweiz Mobil / Informationsseite vom Naturpark Gantrisch
Hinweis: Der Gurten – Park im Grünen hat uns zu diesem Aufenthalt eingeladen. Alle Meinungen und Eindrücke sind wie immer die unseren.