Wilhelm Tell und sein treffsicherer Apfelschuss. Ich würde meinen, in jeder Schweizer Schullaufbahn gibt es früher oder später ein Intermezzo mit unserem «Nationalheld». Mir war damals Schillers klassisches Drama trotz all den Heldentaten zu trocken und dementsprechend wenig Details – mit Ausnahme von Apfelschuss und dem Rütlischwur – blieben über die Jahre im Langzeitgedächtnis haften. Letztes Wochenende haben wir uns auf Spurensuche begeben und die Erinnerungen aufgefrischt.
Tatort Tell – auf Spurensuche rund um Altdorf
Mit dem Geländespiel «Tatort Tell» hat Uri Tourismus dieses Jahr ein interaktives Geländespiel für kleine und grosse Spürnasen lanciert. Das Spiel verteilt sich mit insgesamt 15 Stationen von Bürglen über Altdorf bis zur Tellsplatte bei Sisikon am Urnersee. Im vergangenen Jahr hatten wir Altdorf auf der Urner Seilbahnwanderung am Rande gestreift. In Bürglen und auf der Tellsplatte war ich noch nie. Das Spiel bot die perfekte Gelegenheit, die Region näher kennenzulernen.
Wir starten unsere Spurensuche bei der Touristeninformation im Zentrum von Altdorf, wo uns Spielplan, Tatort-Karten, Kommissarausweis und einen gut gefüllten Rucksack überreicht wird. Wir schultern den Rucksack mit den Forschungsgegenständen und schreiten zügig Richtung Bürglen voran. Da die Stationen nicht nummeriert sind, kann die Reihenfolge der Posten nach Lust und Laune angegangen werden.
«Tricky, tricky»! Zugegebenermassen hatten wir uns das Ganze einfacher vorgestellt. Doch bereits der erste Tatort stellt uns auf Probe. Adleraugen sind gefragt. Wir rätseln hin und her und scheitern kläglich. Falscher Blickwinkel gewählt (der Gockel ist schuld). Dafür werfen wir einen Blick in die Kirche St. Peter und Paul von Bürglen und bestaunen das schöne Chalet vis-à-vis der Tellstatue. Beim zweiten und dritten Tatort in Bürglen ist Geduld gefragt. Nicht meine Stärke, doch der Ehrgeiz vom Freund ist geweckt. Millimeter und Millimeter suchen wir den Boden ab, bis wir auf die Lösung stossen. Im Tellmuseum gleich daneben tauchen wir im Anschluss in die Welt von Mythos Tell ein.
Mit zwei richtigen Spuren im Sack kehren wir nach Altdorf zurück. Insgesamt sieben Tatorte warten hier auf vife Spürnasen. Unterwegs treffen wir auf weitere KommissaranwärterInnen und helfen einer deutschen Familie, die den Rucksack bereits abgeben musste, mit unseren Forschungsgegenständen aus. «Ein tolles Spiel – auch für die Kinder», schwärmen sie und erzählen von ihrer erlebnisreichen Spurensuche, die wir noch vor uns haben. Ich war zu Beginn kritisch, ob es mich wirklich packt. Doch spätestens im Türmli, wo für die Lösungsfindung ein treffsicherer Schuss gefordert wird, ist mein Ehrgeiz geweckt.
Tellspiele Altdorf
Eigentlich ist «Tatort Tell» als Tagesausflug konzipiert. Wir unterbrechen das Spiel in der Halbzeit, um die Tellspiele anzuschauen. Am 18. Oktober 1898 beschloss eine Volksversammlung in Altdorf einstimmig, Schillers Version von Wilhelm Tell aufzuführen. Seither wird Wilhelm Tell in der Regel alle vier Jahre von einem neuen Regisseur interpretiert und während rund zwei Monaten aufgeführt. Der deutsche Regisseur Philippe Becker hat bei der diesjährigen Neuinszenierung den Fokus auf die Gemeinschaft gelegt. Ein dreistündiges, fulminantes Theaterspiel, das packende Szenen bereithält. Am 22. Oktober ist die Dernière – wer kurzfristig Zeit für einen Abstecher ins Tellspielhaus Altdorf hat: Es lohnt sich. Ansonsten wird uns in vier Jahren ein neuer Regisseur bestimmt wieder mit einem neuen Blickwinkel auf Schillers Wilhelm Tell überraschen.
Tatort Tell – Finish auf der Tellsplatte
Frisch und munter führen wir die Spurensuche am nächsten Morgen bei wolkenverhangenem Wetter fort. Das Tolle an der Spurensuche ist, dass sie uns quer durch Altdorf zu den Sehenswürdigkeiten führt: hinein ins Türmli und hoch hinauf zum ältesten Kapuzinerkloster nördlichen der Alpen.
Für die letzten vier Rätsel machen wir uns auf den Weg zur Tellsplatte. Entweder kann man von Flüelen auf dem Weg der Schweiz dorthin wandern, oder mit Zug und Bus anreisen. Wir entscheiden uns in Tell-Manier für Letzteres. Die vier Tatorte auf der Tellsplatte klären wir mit Bravour und weisen zum Schluss 12 von 15 richtig gelöste Spuren vor. Die Beförderung zum Hauptkommissar haben wir uns hiermit gesichert. Ein äusserst kurzweiliger Ausflug nach Altdorf, der nicht nur alte Geschichten auffrischte, sondern uns auch an spannende Orte rund um Altdorf führte. Der Freund und ich haben geknobelt, getüfelt, gesucht, gewerweisst und vor allem: Oft gelacht. Ja, Tatort Tell war trotz dunklen Wolken absolut erheiternd.
Tipps rund um Altdorf
- Übernachtet haben wir diesmal im Hotel Goldener Schlüssel direkt neben dem Tellspielhaus und waren positiv überrascht, ab den schlichten aber komfortablen Zimmer. Eine Übernachtungsalternative ist das Hotel Restaurant Höfli, wo wir im letzten Jahr nächtigten.
- Feines aus der Region wird im Restaurant zum Schwarzen Löwen aufgetischt. Ebenfalls empfehlenswert ist das Restaurant Fomaz – ein Integrationsprojekt vom Schweizerischen Roten Kreuz
- Weitere Informationen zum Tatort Tell könnt ihr hier nachlesen
- In Bürglen lohnt sich der kurze Abstecher ins Tell-Museum
- Bei schönem Wetter empfehle ich euch eine Verschnaufpause auf der Terrasse vom Seerestaurant Tellsplatte
- Auf dem Weg der Schweiz lässt sich die Gegend rund um den Urnersee ebenfalls entdecken
Uri Tourismus hat unseren Aufenthalt in Altdorf unterstützt. Vielen Dank hierfür. Alle Eindrücke/Meinungen sind wie immer die unseren.
Oh cool, das tönt lässig! Eine kleine Frage: Kann man die Tatorte auch mit einem ca. 1-jährigen Kind im Schlepptau absolvieren (dh mit Kinderwagen etc) oder geht’s über Stock und Stein?
Die meisten Strecken sind gekiest/geteert und relativ eben. Teilweise hat es Treppenstufen. Meiner Meinung nach ist es aber durchaus gut mit Kinderwagen machbar :)