Es ist so eine Sache mit den schönsten Orten dieser Welt. Ein Superlativ, der neugierig macht, die Sehnsucht weckt und Reiselust auslöst. Auch ich konnte nicht widerstehen, als von Österreich Tourismus die Einladung zum Besuch des schönsten Platz Österreichs ins Haus flatterte. Seit 2014 kürt der österreichische Rundfunk (ORF) am Vorabend des österreichischen Nationalfeiertages Ende Oktober im Rahmen der Sendung «9 Plätze – 9 Schätze» den schönsten Platz Österreichs. Der aktuelle Sieger befindet sich unweit der Schweizer Grenze. Seit Oktober 2015 dürfen sich der Formarinsee und die Rote Wand im Lechquellengebirge in Vorarlberg mit diesem Titel schmücken.
Gespannt, ob die Erwartungen erfüllt werden, machen wir uns am Donnerstagabend bei schönstem Wetter mit dem Zug auf den Weg nach Lech am Arlberg. Lech gilt als mondänes Skigebiet und dementsprechend herausgeputzt präsentiert sich das Dorf auch im Sommer. Im Gegensatz zur Wintersaison geht es in den Sommermonaten beschaulicher zu und her. Zürs gleich daneben verkommt im Sommer komplett zur Geisterstadt, was einen seltsamen Eindruck hinterlässt. Eigentlich schade, die Region bietet eine tolle und geologisch spannende Berglandschaft mit unzähligen Wanderwegkilometern.
Auf dem Lechweg ins Lechquellengebirge
Zu den unzähligen Wanderwegkilometern gehört der Lechweg, der von der Quelle der Lech beim Formarinsee in 120 Kilometern bis zum Lechfall in Füssen im Allgäu führt. Die erste Etappe startet auf 1’850 m ü. M. beim Formarinsee und endet 14 Kilometer später und 600 Höhenmeter tiefer in Lech. Den Ausgangspunkt auf der Formarinalpe erreicht man mit dem Wanderbus ab Lech. Da sich unser Tagesziel – die Freiburger Hütte – vis-à-vis der Roten Wand oberhalb vom Formarinsee befindet, zotteln wir in umgekehrte Richtung los. Statt talwärts, wandern wir den Lechweg bergwärts. Die Wanderung ist in entgegengesetzte Richtung gut in vier bis fünf Stunden machbar.
Im Gegensatz zum Vorabend zeigt sich das Wetter von seiner unbeständigen Seite. Der angekündigte Regen hält sich galant zurück und setzt erst auf dem letzten Kilometer zur Hütte ein. Der Wanderweg führt mehrheitlich mit einer konstanten Steigung direkt am Wasser entlang durch eine idyllische gelegene Tallandschaft. Abenteuerlich wird es beim Durchqueren des Golfplatzes bei Zug. Dort wird mit Schildern vor «Lebensgefahr durch fliegende Bälle» gewarnt. Wer seinen Füssen eine Erfrischung gönnen möchte, findet unweit von Zug am Wegrand eine schön angelegte Kneipanlage. Ein Pflichtstopp – meiner Meinung nach (das hat uns im Gegensatz zum schönsten Platz niemand angepriesen) – ist die Gastwirtschaft Älpele auf halbem Weg zwischen Lech und Formarinalpe. Eigentlich waren wir noch nicht pausenreif, aber so zügig unterwegs, dass wir ohne Pause zu schnell beim Ziel angelangt wären. Der Jausestopp im Älpele kam somit gerade recht. Von aussen nichts Besonderes, bekam ich beim Blick ins Innere beinahe Schnappatmung. Grossartig. Genauso sollte eine gemütliche Alpbeiz aussehen.
Formarinsee – So schön ist der schönste Platz Österreichs
Das erste Aufeinandertreffen mit dem Formarinsee ist wenig berauschend. Der Nieselregen hat eingesetzt und die Nebelschwaden haben das Berggelände im Griff. So gönnen wir uns zuerst eine heisse Schoggi und hausgemachten Kuchen auf der Freiburger Hütte. Wir haben Zeit, um auf die angekündigte Schönwetterfront zu warten. Im Hinblick auf unser schlechtes Wettertiming in diesem Sommer schwindet die Hoffnung, dass es pünktlich zum Sonnenuntergang aufklärt. Doch das mystisch-magische Etwas, dass dem Formarinsee nachgesagt wird, macht an diesem Tag seinem Ruf alle Ehre und wir können unser Glück kaum fassen. Kurz nach acht Uhr abends verziehen sich die Wolken langsam und geben ein traumhaftes Panorama frei. Endlich sehen wir die markante rote Wand, die mit ihren 2’700 Höhenmetern die zweithöchste Erhebung im Lechquellengebirge ist und die grössten Steinbock Kolonien Europas beherbergt. Perfektes Licht, phänomenale Stimmung! Das Fotoherz hüpft vor Glück.
Nach einem zünftigen Hüttenznacht ist um zehn Uhr Nachtruhe angesagt. Die Freiburger Hütte ist komfortabel ausgestattet. Es hat Warmwasserduschen, Stromanschlüsse, WLAN und insgesamt 140 Schlafplätze verteilt auf Zimmer und Matrazenlager. Wir sind in einem Lager mit sechs Schlafplätzen und verhältnismässig viel Stauraum untergebracht. Für den Freund ist es eine kurze Nacht. Ihn klingelt der Wecker um 03:30 Uhr aus dem Schlaf, um den angekündigten Perseiden-Schauer mit einer Zeitraffer-Aufnahme festzuhalten. Kurz vor sechs Uhr morgens folge ich ihm nach draussen. Dass ein Superlativ durchaus hält, was es verspricht, zeigt die wunderbare Morgenstimmung, die mit Nebelschwaden über dem Seebecken und dem wolkenlos blauen Himmel, kitschig schön ist. Selbstverständlich braucht es dafür Wetterglück – aber das haben wir uns in diesem Sommer hart verdient.
Von der Freiburger Hüte talwärts ins Klostertal
Der darauf folgende Abstieg auf dem neu eröffneten Themenwanderweg «Stebok-Wäg» von der Freiburger Hütte hinunter ins Klostertal war zugegebenermassen mehr Pflicht als Kür. Steinböcke sieht man auf dem Weg hinunter ins Tal kaum. Dafür informieren neun Stationen über Land- und Alpwirtschaft im Tal, über die besondere Geologie und den Formarinsee. Wer an dieser Stelle noch keine Lust verspürt, ins Tal abzusteigen, dem sei die Hüttentour über den Gehrengrat zur Ravensburger Hütte ans Herz gelegt. Wir dagegen wandern tapfer talwärts und lassen das karge Felsmassiv der Roten Wand hinter uns.
Begleitet werden wir auf dem Abstieg von Wanderleiterin Andrea Fritze, die uns noch eine Überraschung beschert. Kurz nach der Mustrinalpe taucht der Wanderweg in den Wald ein und führt unweit eines plätschernden Bergbaches vorbei. Während der auf der gegenüberliegenden Talseite liegende Fallbach, einer der grössten Wasserfälle im Westen Österreichs, beinahe tausend Meter zu Tale stürzt, ist der Wasserfall unweit des Stebok-Wäg ein gut gehütetes Geheimnis. In naher Zukunft soll er mit einem Weg erschlossenen werden. Andrea hat uns über einen Trampelpfad durchs Dickicht zu diesem gut versteckten Platz geführt.
Im Tal angekommen, treffen wir im Gasthof Post in Dalaas auf einen Altbekannten. Seit sich Gustav Jantscher für die Küche verantwortlich zeichnet, hat sich der Gasthof zu einem Geheimtipp unter Geniessern gemausert. Wir durften seine feinen Kreationen bereits im Hotel Paradies in Ftan geniessen und der hausgemachte Postburger kann die hohen Erwartungen diesbezüglich erfüllen.
Aussichtsreiches Bergfrühstück
Unsere Kurzreise ins nachbarliche Vorarlberg endet – wie könnte es in Österreich anders sein – mit einem kulinarischen Leckerbissen. Den Sonntag starten wir mit einem feinen Bergfrühstück im Bergrestaurant Sonnenkopf mit Panoramablick auf die Rote Wand. Der Sonnenkopf ist mit seinem «Bärenland» vor allem bei Familien ein beliebtes Ausflugsziel. Uns ist der Trubel gegen den Mittag mit all den Ausflüglern, die an diesem prächtigen Sommersonntag auf den Berg strömen, zu viel des Guten. Zeit, sich auf den Heimweg zu machen und in Erinnerung an die wunderbare Stimmung am schönsten Platz Österreichs zu schwelgen.
Praktische Tipps rund um den schönsten Platz Österreichs
- In Lech haben wir im Hotel Aurora übernachtet, dass uns mit einem feinen Halbpensionsmenü am Abend überraschte
- Ab einer Übernachtung in Lech erhält man mit der Lech-Card freie Fahrt mit den Seilbahnen und Ortsbussen
- Wer zum Ausgangspunkt des Lechwegs mit dem Ortsbus fährt muss auch mit Lech-Card eine Gebühr von 5 Euro bezahlen, da die Strasse ins hintere Zugertal mautpflichtig ist
- Für nicht Alpenvereins-Mitglieder kostet die Übernachtung auf der Freiburger Hütte 19 Euro im Matrazen- und 21 Euro im Zimmerlager. Die Halbpension kostet 27 Euro. Aktuelle Preise findet ihr hier: Leistungen und Preise Freiburger Hütte
- Die grösste Chance auf Steinböcke zu treffen gibt es beim Aufstieg zur Roten Wand
- Hinter dem Gasthof Post in Dalaas versteckt sich Europas grösste künstlich angelegte Salzgrotte.
Hinweis: Unser Besuch in Vorarlberg fand im Rahmen einer Bloggerreise auf Einladung von Österreich Tourismus, Lech Zürs Tourismus und Klostertal Tourismus statt. Wie immer gibt es hier ausschliesslich meine persönlichen Eindrücke und Meinungen.
Zugegeben, bei den Bildern bekommt man sofort Lust auf einen kurzen Abstecher in unser Nachbarbundesland ;)
ja auch ännet dem Arlberg gibt es ganz hübsche Plätze ;)
WUUAAAAAHHH! Wieder so unglaublich schöne Bilder! So hätte ich auch den Formarinsee auch gerne gesehen!
Bergab geht es selbst untrainiert mit Essenspause am Älple locker in vier Stunden -> https://www.komoot.de/tour/10727350/zoom war meine Routendokumentation. Die Pause ist auch ersichtlich ;)
Aber auch für den Rest lohnt der Lechweg!
Ja wir hatten diesmal richtig grosses Wetterglück und sind auch mega happy :) und glaub ich gerne, dass auch die restlichen Etappen schön zu wandern sind. Wir waren wirklich positiv überrascht ab dieser wilden Flusslandschaft
Vielen Dank Anita für diesen wunderbaren Bericht über deinen Besuch in Lech mit dem Formarinsee. Die Bilder zeigen eindrücklich, wieso dieser Platz mit diesem Superlativ ausgestattet wurde. Hoffen, wir können dich blad mal wieder hier bei uns begrüßen, es wartet noch die ein oder andere geheime Überraschung in unseren Bergen!
Liebe Grüße aus Lech
Markus vom Lech Zürs Team
Bei euren Bildern fällt mir wirklich immer wieder das Kinn runter. Die sind einfach soooo schön, die gehen direkt in die Seele. Tausend Dank. Nadine
<3