Aus dem Alltag ausbrechen, die eigene Spontanität testen und sich überraschen lassen? Zugegeben – ich war kritisch, als mich das Team von bbacksoon anfragte, ob ich Lust hätte, ihr Spontanreiseangebot zu testen. Doch das Konzept tönt spannend und so liess ich mich auf das Experiment ein.
Bbacksoon bietet von «b surprised» bis «b offline» verschiedene Überraschungspakete, die Übernachtung, Verpflegung und Transport (bei Auslandreisen) beinhalten. Beim Buchungsvorgang gibt man als Erstes die Sehnsucht für den Kurztrip an. Ich entschied mich für «b outdoors» – bei meinem Ausbrechen möchte ich zwar einen Gang runterschalten, aber dennoch aktiv sein. Danach kann man optional seine Leidenschaften ergänzen, die Anzahl teilnehmenden Personen angeben, die Destination auswählen (Schweiz, grenznahes Ausland, Europa, Welt) und sich für ein Komfort-Level von Basic über Komfort bis Luxus entscheiden. Zusammenfassend hiess das für mich: Zu zweit, Schweiz, Komfort. Danach kam der tricky Part der Buchung. Spontan verreisen bedeutet, dass man sich nicht fix auf einen Zeitraum festlegt. Deshalb will bbacksoon bei der Buchung nur die «No-Go Tage» wissen. Gar nicht einfach, da mein Terminkalender für die nächsten zwei bis drei Monate wenig Spielraum zulässt. Doch ich fand Lücken zwischen all meinen «No-Go» Daten.
Go! – mein Ausbrechen beginnt
Wohin einem die Spontanreise bringt, erfährt man erst wenige Stunden vor der Abreise. Da mein erst möglicher Termin ohne ominöse «Go-SMS» verstrich, konnte ich zumindest den Zeitraum der Reise grob einordnen. Die Schwierigkeit, die sich uns stellte, war, dass wir bereits einen Tag vor dem voraussichtlichen Termin der Spontanreise für einen Anlass nach Lausanne reisten. Das stellte mich beim Packen vor Herausforderungen. Was nehme ich alles mit? Ich entschied mich für leichte Sommerkleider (der Wetterdienst meldete durchgehend sonnig und warm) und ergänzte diese mit meiner Basisausrüstung fürs Wandern und einem Bikini. So sollten wir für alle Eventualitäten gerüstet sein.
Die Befürchtung, irgendwo zu landen, wo wir erst gerade waren oder an einen Ort geschickt zu werden, der mir nicht entspricht, bereitete mir im Vorfeld sorgen. Wird da wirklich was Cooles zusammengestellt? Da ich mich viel mit der Planung von Reisen und Wanderungen beschäftige, bin ich zugegebenermassen «picky» geworden.
Als auf dem Weg nach Lausanne mein Natel mit einem Vibrieren die «Go-SMS» ankündigte, konnte ich meine Neugier kaum mehr zügeln. Im gleichzeitig verschickten Mail fand ich im Anhang die Reiseunterlagen, die mir verrieten, wohin es geht. Auf den Gotthardpass. In ein Felsenhotel. Ich war baff. Bbacksoon hat es meinen Befürchtungen zum Trotz geschafft, für meine Spontanreise ein total lässiges und auf mich zugeschnittenes Paket zusammenzustellen. Nicht nur der Übernachtungsort in einer ehemaligen Bunkeranlage, sondern auch der Hinweis auf die 5-Seen-Gotthardwanderung steigerte die Vorfreude auf den spontanen Wochenendtrip.
b outdoors – Übernachtung auf dem Gotthardpass erwartet uns
Am nächsten Morgen machten wir uns von Lausanne mit dem Zug via Brig und Andermatt auf dem Weg Richtung Gotthardpass. Wahrscheinlich bin ich als Kind schon einmal über die Passstrasse gefahren. Daran erinnern, kann ich mich nicht. Als Erstes schauten wir uns die Serpentinen der kopfsteingepflasterte «Tremola» an der Südflanke des Gotthardpasses an und kehrten danach zur Stärkung im Albergo San Gottardo ein. Das dort servierte Plättli war mittelmässig. Umso köstlicher war der Blick auf das rege Kommen, Gehen und Posieren der Durchreisenden. Ein Touristenort, der alle Klischees erfüllt.
Danach marschierten wir auf der alten Passstrasse rund zwanzig Minuten Richtung Hospenthal talwärts. Direkt unterhalb der mächtigen Staumauer das Lago Lucendro liegt der Eingang zur ehemaligen militärischen Festungsanlage San Carlo. 2004 wurde die Festung vom Künstler Jean Odermatt zum 4-Sterne-Hotel und Tagungszentrum la Claustra umgenutzt. Das Felsenhotel beeindruckt mit seiner Architektur und wurde von GEO Saison 2014 zu den 100 schönsten Hotels Europas gekürt. Trotz aller Raffinesse, horrende Stromrechnungen und fehlende Gäste führten zum Konkurs. 2012 wurde das Hotel für 1’000 CHF versteigert und wird seither vom Lichtensteiner Rainer Geissmann geführt. Mich hat die Anlage, die sogar einen kleinen Spa-Bereich hat, fasziniert. Schade ist, dass die Gäste weiterhin ausbleiben. Am ersten Abend waren wir zu viert im Restaurant, am zweiten Abend zu dritt. Bei insgesamt 17 Zimmer ist das für ein Sommerwochenende wenig Betrieb.
Rein von der Idee und Lokalität her ein bombastisches Programm von bbacksoon. In Realität eher so naja, weil ich mir komisch vorkomme, wenn ich an zwei Abenden praktisch alleine in einem Hotelrestaurant sitze und der Kellner bei jedem kleinsten Ding sofort an den Tisch springt. Der Entspannungsfaktor kommt so nicht richtig in die Gänge.
Wanderglück auf dem Gotthardpass mit der 5-Seen-Wanderung
Geschlafen haben wir in unserem Bunkerzimmer trotz allem herrlich. Nach dem zünftigen Frühstück nahmen wir die 5-Seen-Wanderung in Angriff. Die herrliche Morgenstimmung liess uns beim Lago Lucendro länger verweilen. Danach folgte an steiler Aufstieg zu den Laghi della Valletta. Das Hochplateau bietet einen tollen Ausblick Richtung Gotthardpass und die beiden Bergseen präsentierten sich in Postkartenmanier. Da das Wochenende im Zeichen der Spontanität entstand, entschieden wir uns beim Wegweiser kurzerhand anstelle der Rundwanderung via Gatscholücke nach Realp zu wandern. So liessen wir den Lago Orsino links liegen, genossen dafür das Panorama hoch über dem Urserental. Der steile Abstieg nach Realp führte durch prächtig blühende Alpenrosenfelder. Zur Belohnung gönnten wir uns vor der Rückfahrt auf den Gotthardpass ein Mittagessen am Aussenpool vom Chedi Andermatt. Das war zwar nicht Bestandteil des Überraschungspakets von bbacksoon, aber ich wollte die Gelegenheit nutzen, um 1.5 Jahren nach meinem Presseaufenthalt im Chedi zu schauen, wie sich das Luxushotel macht. Fazit: Top!
Mythos Gotthard
Zurück auf dem Gotthardpass machten wir noch einen Abstecher zur zweiten Festungsanlage «Sasso da Pigna», die nun «Sasso San Gottardo» heisst und Ausstellungen zu Gotthardthemen beherbergt. Eindrücklich ist die Fahrt mit der «Metro del Sasso» in die historische Festungsanlage, die zwischen 1941 und 1944 nach dem Réduit-Plan unter General Guisan gebaut wurde. Bis 2001 galt für diese Anlage die Geheimhaltungspflicht. Faszinierend ist das Felsengewölbe mit der Kristallgruppe, die 2008 auf der Göscheneralp gefunden wurde. Mit einer Ausdehnung von rund 3 Metern und einem Gewicht von 1.5 Tonnen ist dieses Prachtstück einen einmaligen Fund im Alpenraum.
Die zwei Tage Auszeit vergingen ruckzuck. Wir hätten auf dem Gotthardpass noch viel unternehmen können. Outdoorbegeisterte Leute haben hier oben ab all den Wanderrouten und Biketouren die Qual der Wahl. Ich schätzte bei der Spontanreise mit bbacksoon, dass ich im Vorfeld der Reise nicht wie üblich alles bis auf die letzte Minute verplanen konnte. Mich hat die Unwissenheit zwar kribbelig gemacht, vor Ort war es aber herrlich entspannend. Wir hatten keine «to do’s» und liessen uns nach Lust und Laune treiben.
Der Spontanreiseanbieter bbacksoon hat mich eingeladen, ihr Angebot zu testen. Alle Meinungen/Eindrücke sind wie immer meine eigenen.
Hört sich spannend an. Und ich liebe deine Bilder. Die machen sofort Lust auf Urlaub in den Bergen.