Travelita

Ertappt – Finger weg, du Bilderklauer! – Foto Urheberrecht

Diese Geschichte brennt mir schon länger unter den Nägeln. Die Anzahl an Webseiten, die mit geklauten Bildern oder einem laschen Umgang mit dem Urheberrecht Produkte bewerben und die damit verbundene Ungerechtigkeit gegenüber den Urhebern macht nachdenklich. Man nimmt sich, was gefällt und hübscht damit die eigene Webseite, seinen Online-Shop oder sein Magazin auf. Schampar praktisch diese Google Bildersuche. Was die Bilderklauer vergessen, hinter jedem Foto steckt ein Fotograf. Vielleicht war’s ein Schnappschuss, vielleicht hat er viel Zeit und Energie in das Bild gesteckt. Eigentlich egal. Der Bilderklauer findet das Bild «gut genug» für seinen Auftritt und so wär’s doch nur anständig dem Urheber seine Wertschätzung in Form einer korrekten Namensnennung, Verlinkung und je nach Nutzungsabsichten mit der Bezahlung einer Lizenzgebühr auszusprechen.

Ich weiss nicht mehr, wie wir die ersten Fälle mit von uns geklauten Bildern entdeckt haben. Purer Zufall. Noch gut in Erinnerung ist mir dagegen der erste grössere Fall, der das Bild vom Berggasthaus Aescher betrifft. Ich habe dieses Bild auf meinem 500px Profil gepostet. Von dort hat es jemand ohne Urheberangaben auf reddit geladen und von dort ging’s «viral» bis es schlussendlich auf 9gag – mit dem 9gag Wasserzeichen versehen – landete. Das Bild wieder in den Griff zu bekommen, war ein hoffnungsloses Unterfangen. Zu viele zwielichtige Portale, zu viele Sackgassen.

9gag

Wie merke ich, dass mir Bilder geklaut werden?

Rein aus Interesse testeten wir den Dienst vom systematischen Bildüberwachungstool Plaghunter*. Die kostenlose Version beinhaltet die Überwachung von bis zu fünf Bildern und alleine hier wurden uns diverse Fälle angezeigt. Basierend auf dieser Tatsache entschieden wir uns, testweise das kostenpflichtige Paket «Enterprise» (Überwachung von 10’000 Bilder) auszuprobieren. Das Ausmass des Bilderklaus macht sprachlos. Beinahe täglich entdecken wir neue Fälle. Unsere Bilder wurden ohne Namensnennung in Reisekatalogen abgedruckt, in Zeitungen publiziert und zur Bewerbung von Reiseangeboten eingesetzt. Man hat damit Tischsets gedruckt, Todesanzeigen bebildert und die Fotos als Corporate Content auf Social Media Kanälen genutzt. Und das alles, obwohl bei uns auf dem Blog im Impressum steht:

Die Urheber- und alle anderen Rechte an Inhalten, Bildern, Fotos oder anderen Dateien auf der Website gehören ausschliesslich Anita Brechbühl und Nicolas Glauser oder den speziell genannten Rechtsinhabern. Für die kommerzielle Verwendung ist die schriftliche Zustimmung der Urheberrechtsträger im Voraus einzuholen.

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Wie gehe ich bei Urheberrechtsverletzungen vor?

Wäre ich in Deutschland, wäre das Vorgehen wahrscheinlich unkomplizierter. Ich hätte meinen Anwalt des Vertrauens, der für mich die Lizenzgebühren inklusive Strafe einfordern würde. Bei uns in der Schweiz ist das Einfordern der Lizenzgebühr nicht ganz so unumstritten. Einerseits muss das Bild einen gewissen Grad an Individualität aufweisen, damit es überhaupt den urheberrechtlichen Schutz geniesst. Was das in der Praxis bedeutet, darüber ist sich die Rechtsprechung uneinig.

Andererseits kann ich nicht einfach allfällige Anwaltsgebühren und/oder Strafgebühren an den Verursacher überwälzen, sondern muss zuerst beweisen, dass mir einen Schaden entstanden ist und die Gegenseite vorsätzlich gehandelt hat. Somit wird das nachträgliche einfordern der Lizenzgebühr via Anwaltsschreiben in besten Fall zu einem Nullsummenspiel. Deshalb bin ich bisher jeweils so vorgegangen, dass ich die Schweizer Fälle direkt mit einer Rechnung mit der Bitte zur nachträglichen Bezahlung der Lizenzgebühr basierend auf den Ansätzen der Schweizerischen Arbeitsgemeinschaft der Bild-Agenturen und -Archive (SAB) angeschrieben habe. Die Antworten sind zum Haare raufen! Ein Auszug:

Nein, ich habe die Foto nicht aus Ihrer Homepage entnommen… habe Ihre Homepage noch nie gesehen…

Ja klar logisch. Das Bild gibt’s nur bei mir und nun bei Ihnen. Seltsam, seltsam…

Vielen Dank für Ihre Nachricht. Die Bilder sind morgen früh für immer aus unserer Webseite entfernt. Es handelt sich um ein Missverständnis, dass Ihre Bilder ohne Ihre Einwilligung online gingen. Wir werden Alternativen suchen, die günstiger sind und bitten Sie höflichst unser Vorgehen zu entschuldigen.

Günstigere Alternativen?! Keine Frage, die gibt es, aber das hätten Sie sich vielleicht früher überlegen müssen.

Wir werden Ihrer Rechnung nicht nachkommen und bezahlen, da wir das Bild sofort wieder gelöscht haben und Ihnen sicherlich kein Schaden entstanden ist.

Ich liebe solche Argumentationslinien.

Die Angelegenheit ist uns natürlich gar nicht recht und wir haben noch nie ein Bildrecht verletzt. Aber bereits vorne weg: hier muss ein Irrtum vorliegen, denn wir wissen von nichts! Das von Ihnen beschriebene Bild stammt ganz sicher nicht von uns, denn es befindet sich nicht in unserer Datenbank.

Oh Magic, das Bild hat sich wahrscheinlich selbst reingeschlichen. Und dieses «noch nie» soll mich jetzt milde stimmen oder was?

Im Falle Ihres Fotos ist es so, dass der Facebook- & Google+-Post von einem (in der Branche unerfahrenen) neuen Praktikant ausgeführt wurde.

Leider ist dem mit der Bildsuche beauftragten Lehrling entgangen, dass er ihr Bild nicht nutzen kann – er dachte, es handle sich bei Ihrer Seite um ein öffentliches touristisches Angebot.

Lehrling, Praktikant, neuer Mitarbeiter. Ja und? Das ist doch keine Entschuldigung.

ich habe Ihr Bild gewählt weil es a) bei google zuoberst kam und b) das Schönste war.

Toll! Und jetzt kommt das geklaute Bild bei Ihnen auf der Webseite bei Google zuoberst. Ich fühl mich geehrt.

ich habe die Webseite für das Restaurant […] erstellt und bin auf der Suche nach einem Bild (Vermicelles) auf Ihres gestossen.Da das Bild keinen Copyright – Hinweis enthielt, habe ich mir erlaubt das Bild zu verwenden.

Kopf Tisch. Du erstellst für Kunden Webseiten und klaust dir dafür das Bildmaterial zusammen. Und diese «da hat’s kein Copyright drauf » Entschuldigung ist einfach nur erbärmlich!

Ich habe ihr Bild im Google-Bild System entdeckt ohne ihren Namen irgendwo darauf gesehen zu haben. Ich bitte nochmals um Entschuldigung und würde mich freuen Sie auf ein Tee einladen zu dürfen.

Tolle Sache dieses Google-Bild System! Und ähm nein. Ich möchte nicht zum Tee eingeladen werden. Merci fürs Verständnis.

Und jetzt?

Es ist unschwer zu erkennen, dass das Einfordern einer Lizenzgebühr (wohlverstanden nur bei Seiten, die die Bilder kommerziell verwenden) eine zermürbende Angelegenheit ist. Einige wenige sind einsichtig und zahlen die Lizenzgebühr. Bei den ausländischen Fällen nutzen wir den Dienst von ImageRights. Dort können Fälle an Anwälte übergeben werden, die nur im Falle eines Erfolges einen prozentualen Anteil als Honorar abziehen. Auf diesem Weg konnten wir schon nachträgliche Lizenzgebühren im vierstelligen Bereich einfordern. In der Schweiz habe ich bisher einmal den Weg via Anwaltsbrief eingeschlagen. Es ging konkret um drei Bilder, die für die Bewerbung eines online Reiseangebots genutzt wurden. Die Person zeigte sich uneinsichtig und ignorierte meine Zahlungsaufforderung. Kaum flatterte der Anwaltsbrief ins Haus, wurde der geforderte Betrag anstandslos überwiesen. Aber wie gesagt, zieht man die Aufwendungen für den Anwalt ab, lohnt sich das erst ab höheren Lizenzsummen.

Du machst es den Leuten aber auch einfach!

«Mach einen deutlichen Copyright-Hinweis auf deine Bilder!» «Lade sie nicht in einer so hohen Auflösung auf den Blog!» Danke für diese nett gemeinten Ratschläge. Sie sind meiner Meinung nach aber nicht zielführend. Die Bilder auf dem Blog sind für die Anzeige auf Bildschirmen mit HD-Auflösung optimiert. Sie sind 1920 px x 1280 px gross. Mit einer Auflösung von 300 dpi kann das Bild 16.3 cm x 10.8 cm gross abgedruckt werden. Ich fände es schade, die Bilder mit weniger Pixel hochzuladen, weil die Bilder unser Markenzeichen und für uns genauso wichtig sind, wie der Text.

Genauso schade ist es, die Fotos mit einem quer durchgehenden sichtbaren Wasserzeichen zu «verschandeln». Wir kennzeichneten unsere Fotos eine Zeit lang mit einem sichtbaren Wasserzeichen am Bildrand, liessen es dann aber weg, weil wir Fälle entdeckten, wo es weggeschnitten wurde. Ein aktueller Fall zeigt exemplarisch, dass das Wasserzeichen-Argument nicht zieht.

Über eine online Publikation der Schweizer Illustrierten entdeckten wir eines unserer Matterhorn-Bilder in einer Bildserie. Dank eines Tweets erhielt ich die Kontaktdaten der online Redaktion. Diese meldete mir, dass das Bild 1:1 aus der Print-Ausgabe übernommen und keine Einschränkungen für die online Nutzung gemeldet wurden. Da ich über die Nutzung in der Printausgabe ebenso wenig informiert war, bat ich um eine Rückmeldung der Bildredaktion. Diese meldete sich bei mir mit den Worten «die Bildstrecke haben wir vom Alpinen Museum erhalten». Wie bitte?

500’000 Leute haben dein Bild gesehen, nur du weisst von nichts.

Jetzt ist es so, dass mein Matterhorn Bild im Rahmen der «The Matterhorn Family» Pop Up Ausstellung des Alpinen Museums von Anfangs Juni bis Ende Oktober auf dem Gornergrat ausgestellt war. Das Beste: Die 22 Doppelgänger-Exemplare wurden bis Ausstellungsende auf über 350’000 Fotoblätter für die Besucher zum Mitnehmen abgedruckt. In den Medienberichten wird als Urheber zwar «travelita.ch» genannt. Wir wurden aber nie für diesen Nutzungszweck angefragt und auf den Bildern ist zumindest auf der Vorderseite kein Urheberhinweis angebracht. Das Wasserzeichen wurde einfach mal frech weggeschnitten, ohne uns auch nur annährend über die Nutzung zu informieren. Was mich an diesem Fall am meisten ärgert, dass nun da draussen Tausende Leute ein Abziehbild mit meinem Matterhorn besitzen und ich nicht mal ein Belegexemplar in die Hände bekommen habe. Gopfridstutz wie kann das passieren? Die Google-Bildersuche ist kein Selbstbedienungsladen!

Zermatt_RIffelsee

Mit diesem Wasserzeichen wurde das Bild bei mir auf dem Blog publiziert (hier)

Matterhorn

und so wurde es für die Ausstellung genutzt (schnipp, schnapp, Wasserzeichen ab)
Bild unten: Kristian Voldheim 

Aktueller Stand:

Das Alpine Museum hat sich in der Zwischenzeit bei mir gemeldet und sich für diesen Vorfall entschuldigt. Bei der Bildauswahl wurde mit externen Personen zusammengearbeitet, die es verpasst haben, mich als Urheber über den Verwendungszweck zu informieren.

Wie weiter?

Wir werden weiterhin die Bilder überwachen und die Schweizer Fälle in einem ersten Schritt direkt anschreiben. Meine Hoffnung ist, dass diese Leute in Zukunft zumindest den Urheber kurz anschreiben und die Bedingungen für die Nutzung abklären. Der Anteil der Leute, die ohne Anwaltsschreiben bereit sind, die Bilder nachträglich richtig zu lizenzieren, bewegt sich in einem Bereich, wo Plaghunter kostendeckend ist und von Zeit zu Zeit ein neues Objektiv drin liegt.

Schöner fände ich, wenn jeder, der unsere Bilder für kommerzielle Zwecke nutzen möchte, zuerst bei uns anklopft und auf dem sauberen Weg die Nutzungsrechte erwirbt. Und wer die Bilder ungefragt für redaktionelle Zwecke verwendet, der sollte zumindest die Grösse zeigen, nicht nur den Namen zu nennen, sondern auch auf unsere Seite zu verlinken. Das gilt auch für Blogger, die ihre Berichte teilweise mit nicht selbstgemachten Fotos bebildern oder diese für Social Media Posts benutzen und dabei die Urhebernennung stiefmütterlich behandeln.

Hilfreiche Tools und Links zur Bildüberwachung und dem Schweizer Urheberrecht:

Einen kreativen (und kommunikativ sympathischen) Lösungsansatz, um Bilderklauer auf die Urheberrechte aufmerksam zu machen, könnt ihr bei Bastian anschauen. Probiert mal dort, Bilder zu klauen ;) mit Dank an Bastian für dieses Beispiel.

Über den Autor

Artikel

Hallo ich bin Anita, leidenschaftliche Weltenbummlerin und Hobby-Fotografin. Ich liebe es, neue Flecken auf unserer wunderbaren Welt zu entdecken. Dabei gilt, das Abenteuer beginnt direkt vor der Haustür! So bin ich nicht nur in exotischen Ländern sondern auch oft in der Schweiz unterwegs.
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