Dass wir letzten Samstag durchs Val Sinestra stapften, beruht auf einem Zufall. Das kleine Seitental des Unterengadins wäre von mir wahrscheinlich noch lange unbeachtet geblieben, hätten wir uns nicht wenige Tage vor unserem sowieso geplanten Wochenende in der Region Scuol aufgrund eines kulinarischen Fotoshootings ausgiebig mit den «Cullas da Vnà» beschäftigt. Was exotisch tönt, ist eine feine Spezialität aus dem gleichnamigen Bergdorf, das oberhalb von Ramosch am Eingang zum Val Sinestra liegt. Neugierig geworden – dieser östliche Zipfel des Engadins kannte ich nämlich noch überhaupt nicht – planten wir spontan einen Abstecher ins Val Sinestra in unser Scuol-Wochenende mit ein. Eine gute Entscheidung.
Bei unserer Ankunft krallen sich noch die letzten Nebelfetzen an die Talflanken. Doch schon der Dorfrundgang durch Vnà ist ein Erlebnis. Mit an Hauswänden angebrachten Schildern können Ausdrücke auf Romanisch mit den deutschen, englischen und italienischen Wörtern verglichen werden. Wir lassen das Dorf hinter uns und stapfen durch den knirschenden Schnee Richtung Talende. Üppig sind die Schneemengen bei Weitem nicht. Da und dort blinzeln keck Gräser hervor und unter den Tannen ist der Waldboden trocken geblieben. Die Wolken verziehen sich langsam und geben Stück für Stück die Gipfel des Unterengadins frei. Schöne Aussichten! Der Weg führt uns in einem gemächlichen Auf und Ab durch Tannenwälder. Auffällig ist die Stille. Kein Autolärm, keine Flugzeuge, auch kein Vogelgezwitscher ist hier hinten im Val Sinestra zu hören. Nur einmal dringt das Rotorengeräusch eines Helikopters vom Inntal bis zu uns vor.
So schön der Weg auch ist, insgeheim haben wir an diesem Tag nur ein Ziel – den Weiler Zuort. Gasthof, Stall, Chalet und Kapelle tauchen auf einer Lichtung vor uns auf. Die Geschichte des historischen Komplexes lässt sich bis in die Neusteinzeit zurückverfolgen. Wir werden von einem vorwitzigen Hund begrüsst, der uns an der Waldlichtung abpasst und bis zum Gasthof begleitet. Und da es uns auf der Sonnenterrasse etwas zu fest um die Ohren zieht, machen wir es uns in der urigen Gaststube – neben dem Kachelofen – gemütlich und teilen uns ein Plättli mit Käse, Salsiz, Salami und Bündner Trockenfleisch.
Als wir unseren Rückweg starten, präsentiert sich das Val Sinestra im strahlenden Sonnenschein. Die letzten Wolken haben sich aufgelöst und das schöne Panorama freigegeben. Und Vnà macht dem Ruf der malerischen Unterengadiner Bergdörfer im späten Nachmittagslicht alle Ehre. Zum Glück haben uns die «Cullas da Vnà» und meine Neugier hierhin gelotst.
Praktische Infos und Tipps zur Winterwanderung von Vnà nach Zort
Der Routenverlauf kann nachfolgender Karte entnommen werden. Die Wanderung von der Postautostation Vnà Jalmèr zum Hof Zuort und zurück ist rund 9 Kilometer lang, beinhaltet eine Steigung von 250 Höhenmetern und ein Gefälle von 250 Höhenmetern. Der Weg ist gepfadet und es sind bei normalen Schneeverhältnissen keine Schneeschuhe nötig. Die reine Laufzeit beträgt rund 2.5 Stunden. Den Ausgangspunkt erreicht man ab Scuol in rund 30 Minuten mit der Postautolinie Richtung Samnaun mit umsteigen in «Ramosch Fermada». Je nach Tageszeit wird die Linie Vnà – Ramosch nur im Zweistundentakt bedient (Fahrplan vorher konsultieren).
Der Hof Zuort hat täglich geöffnet. Weitere Infos zum Hof und zu den Öffnungszeiten findet ihr hier.