Und das soll eine Hauptstadt sein? Der Grat zwischen Vorortsgefühl und städtischem Flair verläuft in Reykjaviks Gassen nach einem unsteten Muster. Mal steht man ehrfürchtig vor der massigen Hallgrímskirkja oder spaziert im vorweihnachtlichen Trubel entlang der Laugavegur und zwei Minuten steht man irgendwo zwischen bunten Häuserzeilen einer Wohnstrasse.
Nördlichste Hauptstadt mit Dorfgefühl
Das Grundmuster Reykjaviks hat mich an amerikanische Kleinstädte erinnert. Überall stehen riesige Karossen herum und die Hafenpromenade mit dem spektakulären Konzerthaus Harpa wird durch eine mehrspurige Durchgangsstrasse vom Rest der Stadt abgetrennt. Schade. Der Charme Reykjaviks ist nicht auf den ersten Blick fassbar. Nebst dem Konzerthaus, das als architektonisches Highlight hervorsticht, sind mir in Reykjavik vor allem die bunten Street-Art Kunstwerke und Design Stores, die gefährlich ins Geld gehen können, positiv aufgefallen. Eine bunte Stadt, auch in den dunklen Wintermonaten.
Viel Zeit für Sightseeing blieb uns nicht. Die vier Tage wollten dazu genutzt werden, um einmal so richtig in Island reinzuschnuppern. Und dafür ist Reykjavik als Ausgangspunkt prädestiniert. Wir buchten zwei Nächte im Icelandair Hotel Reykjavik Marina, direkt am Hafen gelegen. Die dritte Nacht verbrachten wir in Grundarfjörður auf der Halbinsel Snaefellsnes – mit dem Ziel, dort die Nordlichter zu fotografieren. Leider nahm die Sonnenaktivität nicht Rücksicht auf unseren schön durchdachten Plan.
Snæfellsnes – Island en miniature
Die beliebteste Tour von Reykjavik aus ist der Golden Circle, den wir am zweitletzten Tag in Angriff nahmen. Landschaftlich ebenso reizvoll ist die Fahrt in Richtung Norden zur Halbinsel Snaefellsnes. Hier findet der Reisende ein Island im Kleinformat – Fjorde, Vulkane, Lavafelder, Steilküsten, Wasserfälle, Fischerdörfchen mit unaussprechlich langen Namen, Islandpferde in allen möglichen Farbmusterungen und Wind. Viel Wind. Wer genügend Zeit mitbringt, der fährt mindestens einmal um den Hvalfjörður zwischen Kjalarnes und Akranes und bewundert die schöne Kulisse. Alternativ führt ein zeitsparender, mautpflichtiger Tunnel unter dem Fjord durch auf direktem Weg nach Borganes.
Für Schmusestunden mit den Islandpferden nahmen wir zusätzliche Umwege auf Schotterpisten in Kauf. Die Pferde sind total neugierig, und wenn man an einem Zaun stehen bleibt, kommt die ganze Herde angeprescht. Was gäbe es Schöneres, als ein Pferdetrekking durch Island? Ich vertagte diese Idee aber auf wärmere Sommertage. Bei dem fiesen Wind wären meine Finger spätestens nach zehn Minuten auf dem Pferderücken steif gefroren gewesen. Ebenfalls vertagt haben wir den Stopp auf dem Bjarnarhöfn beim bekanntesten Hakarl Hersteller der Insel. Ich würde meinen, das Kosten der fermentierten Haifisch-Häppchen gehört in die Kategorie «Für Fortgeschrittene».
Die Nordlichter liessen uns im Stich. Der Abstecher nach Grundarfjördur war es dennoch Wert. Zum einen gehört der Berg Kirkjufell zu den beliebtesten Fotomotiven Islands und ist auch im Winter ein echter Hingucker. Zum anderen haben wir im Restaurant Bjargar-stein einen herrlichen Abend verbracht. Am nächsten Tag haben wir unsere Reise bis an die westliche Spitze der Halbinsel fortgesetzt und sind danach durch die winterliche Einsamkeit des Nationalpark Snaefellsjökull Richtung Reykjavik zurückgefahren. Aufgewärmt haben wir uns mit einer feinen Blumenkohlsuppe auf halber Strecke im Hotel Budir, das mitten im Nirgendwo steht. Eine traumhafte Location. Genauso stelle ich mir einen Rückzugsort für SchriftstellerInnen vor.
So schmeckt Reykjavik – Meine Restaurant Tipps
Was in Reykjavik nicht zu kurz kam, war der kulinarische Part. Vom leckeren Sonntagsfrühstück im Bergsson Mathus, über den perfekt gebrauten Kaffee bei Reykjavik Roasters bis zum isländischen Pizzaplausch, haben wir uns durch ausgewählte Restaurants geschlemmt. Die Tipps dazu steckte mir Reykjavik-Kenner @kusito. Einmal mehr hat sich gezeigt, dass sich meine Twitter Bekanntschaften durch einen guten Geschmack auszeichnen. Für einen Apéro oder einen späten Drink kann ich zudem die Bars im Icelandair Hotel Reykjavik Marina und im Kex Hostel empfehlen – hier halten sich auch die Locals gerne auf.
Frühstücksglück | Bergsson Mathus, Templarasund 3
Das Frühstück mit Müesli, Brot, Hummus und Ei gibt’s für 1’790kr. Wer den grossen Hunger mitbringt, wählt die Option «Brunch». Frisch gepresste Säfte und Smoothies stehen ebenfalls zur Auswahl.
Wärmendes | Reykjavik Roasters, Kárastígur 1 / Bakari Sandholt, Laugavegur 36
Den besten Kaffee wird aktuell bei Reykjavik Roasters ausgeschenkt und die beste heisse Schoggi gibt’s meiner Meinung nach in der Bäckerei Sandolt an zentraler Lage.
Hipsterig | Pizza with No Name, Hverfisgata 12
Das namenlose Pizzarestaurant gehört zum gleichen Inhaber wie das legendäre Restaurant Dill. Statt dem Vordereingang wählt man einfach die Hintertür. Die Küche ist dieselbe und die Pizzas sind originell. Als Toppings stehen zum Beispiel Variationen mit Kabis, Walnüssen, Äpfel und Trüffelmayonnaise zur Auswahl.
Isländisch | Kopar Restaurant, Geirsgata 3
Das Restaurant Kopar befindet sich direkt neben dem Icelandair Hotel Reykjavik Marina auf dem Hafenareal. Hier werden aus traditionellen Zutaten spannende Menüs kreiert.
Kult Hotdog | Bæjarins Beztu Pylsur
Und dann ist da noch dieser Kult Hotdog. Eine einfache Bude in Hafennähe, vor der sich zur Tagesmitte schon mal eine Menschenschlange bilden kann. Wir haben beim «Probeessen» ehrlich gesagt den Unterschied zu einem banalen Hotdog nicht herausschmecken können. Aber Kult ist nun mal Kult.
Wir haben Island im Rahmen einer Kampagne der Reisesuchmaschine Kayak individuell bereist. Unter dem Hashtag #kayakhacksiceland teilen insgesamt sieben europäische Blogger ihre Erlebnisse aus Island.
Danke für die tollen Tipps! Hab ich mir gleich für meine Reise im September notiert :-) Kann es kaum erwarten! Deine Bilder machen die Vorfreude gerade noch größer :-)
Danke – das Feedback freut mich! Viel Spass :)