„Lausanne organisiert so viele kostenlose Events für seine Bevölkerung. Theater, Oper, Konzerte und kulinarische Spaziergänge. Von Juni bis Ende September. Sie können sich vorstellen, was das für einen Stress für mich ist“, sprudelt es aus unserer Tischnachbarin nur so raus, die heute samt Tochter und Schwiegersohn und 19 weiteren Gästen in Allaman am Anlass «Übergeil: un aller-retour Lausanne-Zürich» teilnimmt. Wir können uns ab diesem Redeschwall ein Schmunzeln nicht verkneifen. Dass Lausanne aber im Schweizer Städtevergleich ausgesprochen viele und innovative Events auf die Beine stellt, ist unbestritten. Dazu gehört auch „Lausanne à table“, hier wird vom Picknick über den Funky Brunch bis hin zu kulinarischen Stadtspaziergängen die breite Bandbreite an Genusserlebnissen angeboten. Eine tolle Sache, wie ich finde.
Am vergangenen Freitag durften wir in die Eventreihe hineinschnuppern, und zwar passenderweise in einen Anlass, der die kulinarischen Besonderheiten entlang der Strecke Zürich-Lausanne in den Fokus stellt. Man darf sich quasi einmal quer über den Röstigraben essen. Wir nahmen den Titel des Anlasses wörtlich und setzten uns am Freitagabend um 16:00 Uhr in Zürich in den Zug. Auf nach Lausanne. Knappe drei Stunden später erreichten wir das idyllisch gelegene Château Rochefort in Allaman bei Lausanne. Im warmen Licht der letzten Sonnenstrahlen des Tages präsentierte sich die waadtländer Rebenlandschaft von ihrer schönsten Seite.
Die Initialzündung dieses „trans-Röstigraben-Experiments“ wurde in Zürich gelegt, wo die „Welschanschauung-Serie“ von der Westschweizerin Alessandra Roversi gestartet wurde. Begeistert von der Vielfalt der Westschweizer Produkte, wollte sie auch die Deutschschweizer ännet dem Röstigraben an den Genüssen der Romandie teilhaben lassen. In Lausanne ist es nun gerade andersrum. Für die Romands kochen die Deutschschweizer Kreativköpfe Valentin «Valefritz» Diem und Laura Schälchli ein Potpourrie aus kulinarischen Entdeckungen entlang der Bahnstrecke Zürich-Lausanne
Wir stossen auf der Schlossterrasse mit einem Glässchen Chasselas an und knabbern dazu salzige Flûtes aus Fribourg und köstlichen Bauernspeck (bescheiden als „le meilleur du monde“ bezeichnet) aus dem Dörfchen Begnins, das unweit von Allaman liegt. Bei dieser schönen Aussicht ein wahrlich würdiger Start ins Wochenende.
Zum Essen geht’s dann hinein die warme Stube. Nicht ins Schloss, wie ich zuerst gedacht habe, sondern in ein bescheidenes Nebengebäude mit einer nicht minder gemütlichen Stube. Es ist eng gestuhlt. Bei Lausanne à table soll nicht nur der kulinarische Genuss, sondern auch der soziale Austausch gelebt und gepflegt werden. Als einzige Deutschschweizer am Tisch fallen wir natürlich auf und werden von allen Seiten angesprochen.
Als amuse-bouche wird uns Kalbszunge aus Zürich und fangfischer Flusskrebs aus Allaman aufgetischt. Nirgends am Genfersee habe es so viele Fischer wie in Allaman, erzählt uns Alessandra. Interessante Kombination, obwohl Kalbszunge und ich wohl nie dicke Freunde werden.
Hecht aus dem Zürichsee zu Weisswurst verarbeitet und in einer Safran-Hecht-Suppe serviert folgt auf den Startschuss. Ebenfalls ein sehr ausgefallenes Gericht, das meine Geschmacksknospen nicht zu 100% überzeugen mag.
Als Drittes folgt ein köstlicher Klassiker aus der Deutschschweiz, den auch die Romands am Tisch radibuz verputzen. Nüsslisalat mit einem Ei an Rüeblisauce und Eierschwämmli. Halleluja ist das gut!
Auf den Nüsslisalat folgt eine ganz geniale Kreation, die uns vom Geschmack her total verblüfft hat. Getrocknete Bohnen und geräucherter Sellerie, die in dieser Kombination geschmacklich an eine Berner Platte erinnern. Beide Daumen hoch. Grandios!
Als Hauptgang folgt Schweinsbauch mit Randen und Zwiebel. Ein kunterbunter Produktemix aus der Deutschschweiz und dem Welschland.
Die Käseplatte, die folgt, bringt alle ins Schwelgen. Bester Vacherin au lait cru, alter Greyerzerkäse, Capriflocon, Blauschimmelkäse und Schnebelhorn. Und siehe da, auch die beiden Deutschschweizer am Tisch lernen an diesem Abend noch etwas dazu – das Schnebelhorn ist nämlich der höchste Gipfel im Kanton Zürich und der gleichnamige Käse schmeckt super gut. Dazu gibt’s frisches Birnenbrot.
Abgerundet wird der Abend mit der Freiburger Spezialität «Poire à botzi», Lauch und einem gefüllten Bretzeli. Der Lauch verleiht dem Dessert eine ganz unerwartet herbe Geschmacksnote.
Zu jedem Gang wurde ein passender Wein kredenzt – mit zwei Ausnahmen: zum Nüsslisalat wurde ein Degen Bier aus Trimbach bei Olten ausgeschenkt und zum Dessert ein Cidre aus Fribourg. Ich habe an diesem Abend endlich wieder einmal mein holperig gewordenes Französisch hervorgeholt. Wir haben geschlemmt, gelacht und überraschende Kombinationen probiert.
Pünktlich um 23:22 Uhr ging es für uns wieder retour nach Zürich. Einmal Lausanna à table aller-retour. Ich kann euch diesen kulinarischen Exkurs wärmstens empfehlen.
Hinweis: Lausanne Tourisme hat uns zu diesem kulinarischen Event eingeladen. Vielen Dank hierfür! Meine Leser dürfen wie immer sicher sein, dass ich stets meine Ansichten und Begeisterung vertrete.
Die Sitzgruppe im Freien, sieht so schön aus. Da Abends sitzen oder morgens frühstücken, muss ganz herrlich sein :)