Die Lonza rumort an diesem Morgen gewaltig. Wir hören, wie das Wasser schwere Steine der Bachsohle entlang talwärts mitschleift. Der reissende Bergbach, der am Langgletscher entspringt, durchfliesst das Lötschental, wird unterwegs von zig seitlich einmündenden Bergbächen gespiesen und mündet 22 Kilometer später bei Gampel in die Rhone. Die heissen Temperaturen der letzten Wochen haben dem Gletscher zugesetzt und dementsprechend viel Wasser fliesst diese Tage talwärts.
Start der Wanderung in Blatten zur Fafleralp
Am Vorabend hatten wir durch die Fenster des heimeligen Restaurants vom Hotel Nest- und Bietschhorn, von wo aus wir an diesem Wochenende das Lötschental erkunden, die dicken Regentropfen des Sommergewitters beobachtet. Der Niederschlag war so heftig, dass zwischen Blatten und Fafleralp ein Murgang die Strasse überflutete und auf einer Länge von knapp 100 Metern komplett zudeckte. Am nächsten Morgen ist der Schaden noch nicht behoben und so bedient das Postauto vorübergehend nur die Strecke bis Blatten. Wir hatten uns mit meinen Eltern zur Rundwanderung Fafleralp-Anenhütte verabredet. Die Naturgewalten haben uns nun unerwartet ein sportlicheres Programm auferlegt. Statt ab der Fafleralp, starten wir die Wanderung bereits ab Blatten. Das hinterste Dorf des Lötschentals präsentiert sich an diesem Morgen mit seinen sonnengebräunten Walliser Speichern in mystischer Stimmung. Die Talflanken sind in Nebelschwaden gehüllt und die dunklen Wolken ziehen sich langsam in Richtung Hochgebirge zurück. Die Luft ist frisch und angenehm kühl. Nach den letzten heissen Wandertagen eine willkommene Abwechslung.
Wir durchqueren den Dorfkern von Blatten und wandern anschliessend der linken Talseite entlang bergwärts. Bald einmal passieren wir die Stelle oberhalb des „Problembachs“, der einen Teil der Strasse unter sich vergraben hat. Der Postautochauffeur meinte noch „am Mittag sei die Strasse wieder offen“. Wir zweifeln bei diesem Anblick an dieser optimistischen Ankündigung. Vorbei an den Weiler Eisten und Kühmad erreichen wir nach rassigem Marsch eine Stunde später die Fafleralp.
Ursprünglich geplante Wanderung von der Fafleralp zur Anenhütte
Ab hier beginnt unsere ursprünglich geplante Rundwanderung mit dem Aufstieg zur Anenhütte. Als Erstes passieren wir die Alp Guggistafeln und wandern anschliessend über Stock und Stein Richtung Guggisee. Hier folgt die erste Pause des Tages. Oberhalb des kleinen Bergsees weiden Eringer und der See selbst entzückt mit den Spiegelungen der umliegenden Bergflanken. Postkartenidylle par excellence.
Anschliessend folgt das härteste Stück der Tour. Vom Guggisee bis zur Anenhütte müssen noch 350 Höhenmeter bewältigt werden. Wir folgen dem schmalen Pfad in Richtung Langgletscher. Vor uns präsentiert sich die Landschaft hochalpin und hinter uns öffnet sich der Blick auf die Alpweiden des Lötschentals.
Kurz bevor mir der Schnauf ausgeht, erreichen wir die Anenhütte auf 2‘358 m ü. M. Es ist die einzige privat geführte und autark funktionierende Berghütte im UNESCO-Gebiet Schweizer Alpen Jungfrau-Aletsch-Bietschhorn. Architektonisch ein äusserst interessanter Bau und im Vergleich zu anderen Berghütten eine eher exklusive Sache. Wir genehmigen uns ein wohlverdientes Stück Aprikosenkuchen und geniessen die majestätische Lage hoch über dem Lötschental.
Während unserer Pause konnte sich draussen die Sonne endgültig gegen die letzten hartnäckigen Wolkenfetzen durchsetzen. Beste Bedingungen für den Schlenker zum Anensee, der gleich hinter der Hütte liegt und dem anschliessenden Abstieg mit Blick auf die Gletscherzunge des Langgletschers.
Wir überqueren die Lonza und wandern durch einen lichten Lärchenwald talwärts Richtung Fafleralp zurück. Zwischendurch fühlen wir uns in dieser unberührten Berglandschaft ein bisschen wie in der Wildnis Kanadas. Beim Grundsee dann meinen wir einstimmig „Diese Farben! Das sieht ja aus wie in der Karibik“. Das Wasser hier ist glasklar. Doch hinein trauen sich nur die ganz hartgesottenen Kerle. Wärmer als 12° Celsius wird der Grundsee selten. Die Sonne hat aber doch zahlreiche Wanderer ans Ufer gelockt, die nun zaghaft ihre Füsse hineinstrecken. Der Freund lässt den See links liegen und erfrischt sich ein paar Meter weiter vorne kopfüber im fröhlich vor sich hinplätschernden Brunnen.
Ein zweites Mal überqueren wir die Lonza, werden beim Parkplatz Fafleralp von einem furchterregenden Tschäggättä begrüsst und eilen in rekordverdächtigen 40 Minuten nach Blatten zurück, damit wir das passende Postauto erwischen. Die Strasse ist nämlich zu diesem Zeitpunkt immer noch gesperrt.
Zurück im Hotel Nest- und Bietschhorn lagern wir die müden Beine auf der Sonnenterrasse hoch, prosten uns mit einem hausgemachten Eistee zu uns sind uns einig: Das ist eindeutig die bisher schönste Wanderung der Saison. Wildromantische Berglandschaften, prächtige Panoramen, reissende Flüsse, Bergseen und offene Weidelandschaften. Hier stimmt alles.
Übrigens, ab 18:00 Uhr, war dann auch die Strasse zur Fafleralp wieder geöffnet. Chapeau, für diesen Einsatz.
Praktische Tipps zur Wanderung Blatten – Fafleralp – Anenhütte
Der Routenverlauf kann nachfolgender Karte entnommen werden. Mit Startpunkt Fafleralp ist die Rundwanderung Anenhütte rund 10 km lang, beinhaltet eine Steigung von 650 Höhenmetern und ein Gefälle von 650 Höhenmetern. Die reine Laufzeit beträgt rund 4 Stunden. Wer wie wir in Blatten startet, nimmt zusätzliche 9 Kilometer Laufdistanz und 350 Höhenmeter in Kauf. Die Wanderzeit verlängert sich so auf rund 6 Stunden. Ab Goppenstein fährt stündlich ein Postauto ins Lötschental.
Weitere Infos zur Tour findet ihr hier: Bergwanderwege Lötschental
Wanderung Blatten – Fafleralp – Anenhütte: Eckdaten unserer Tour
Ausgangspunkt | Blatten (Lötschen), Dorf |
Länge | 18.9 Kilometer |
Höhenmeter | ↗ 995 m ↘ 995 m |
Dauer | 6:05 h |
Zielort | Blatten (Lötschen), Dorf |
Einkehrmöglichkeit | Anenhütte |
Hinweis: Mein Ausflug ins Lötschental wurde vom Hotel Nest- und Bietschhorn unterstützt. Vielen Dank hierfür! Meine Leser dürfen wie immer sicher sein, dass ich stets meine Ansichten und Begeisterung vertrete.
Schöner Bericht und tolle Impressionen aus dem «magischen Tal»
… und ja, die Strasse zur Fafleralp war am Montag also wieder offen ;-)
LG Mel
Danke liebe Mel! Wir waren mega beeindruckt, wie schnell die Strasse wieder frei war. Hoffentlich kommt da nicht nur mehr runter.