Neun Jahre ist es her, seit wir in Euphorie getränkt am flach abfallenden Sandstrand von Calvi die bestandene Matur gefeiert haben. 12 Schuljahre und unzählige Prüfungen endlich „over and out“. Vor uns die Freiheit und Ungewissheit des Erwachsenseins. Für mich ist diese Rückkehr nach Korsika eine gedankliche Reise durch die letzten neun Jahre. Verrückt, wie schnell die Zeit vergeht. Irgendwie beruhigend, dass sich zumindest die Zitadellenstadt vor der beeindruckenden Kulisse aus hohen Gipfeln und azurblauen Buchten kaum verändert hat.
Von störrischen Eseln und der Liebe zu Korsika
Authentizität und Beständigkeit sind zwei grosse Stärken Korsikas und so ist eigentlich logisch, dass in dem von Österreichern aufgebauten Feriendorf «zum störrischen Esel» bis zum heutigen Zeitpunkt konsequent Deutsch gesprochen wird. Bergsteiger Willi Doderer vom Alpenverein Dornbirn legte den Grundstein zur Erfolgsgeschichte des Feriendorfs. Von der kontrastreichen Landschaft der Mittelmeerinsel hellauf begeistert, beschloss er nach einer Korsika-Reise, mit einer kleinen Gruppe wiederzukommen. Die Vielseitigkeit Korsikas sprach sich herum und so entwickelte sich im Pinienwald vor den Toren Calvis ein immer grösser werdendes Ferienlager. Von Anfang an mit von der Partie waren Grete und Kurt Müller. Wie sich die gemeinschaftlich organisierte Zeltsiedlung in ein beliebtes Feriendorf mit über 400 Betten entwickelt hat, ist eine schier unglaubliche Geschichte. Noch unglaublicher erscheint, dass Kurt Müller während all dieser Zeit seinen Lehrerberuf in Österreich nie aufgegeben hat.
„Ein Feriendorf ist etwas zwischen Campingplatz und Hotel“ erklärt uns Kurt Müller bei einem Cap Corse in der Bar des Feriendorfs. Die Bungalows sind spartanisch eingerichtet. Fernseher gibt’s keinen und der WLAN Empfang funktioniert nur rund um den Gartenbereich der Bar. „Es geht uns ums Beisammensein“, erläutert Kurt Müller die Philosophie. Die Gäste des störrischen Esels sind aktiv. Das Bungalow dient nur der Nachtruhe. Tagsüber wird über steile Felswände gekraxelt, durch die Balagnedörfer geradelt oder zu Fuss die Küste erkundet. Der schöne Sandstrand liegt fünf Minuten Fussmarsch entfernt und in der bunt blühenden Gartenanlage locken Liegestühle für die Siesta.
„Woher kommt den der Name?“, wollen wir von Kurt Müller wissen. In den Anfangsjahren tauchte die Idee auf, einen Esel als Maskottchen fürs Feriendorf zu kaufen. Gesagt, getan. Doch die Freude war von kurzer Dauer. Vor lauter Heimweh nach dem Bergdorf Sant’Antonino schrie der Esel die ganze Nacht durch. Das vergraulte den Gästen die Laune. Der Esel wurde zurückgebracht, der Name blieb. Heute werden die Gäste von einer Eselsstatue am Eingangstor begrüsst.
Wandern entlang der Küste
Das Feriendorf bietet seinen Gästen täglich ein abwechslungsreiches Programm aus geführten Wanderungen, Bergtouren und Velotouren an. Besonders beliebt ist dabei die Küstenwanderung, auf der man zu Fuss die naturbelassenen Buchten zwischen Sant’Ambrogio und Calvi erkundet. Betörend duftend präsentiert sich die Macchia in den Monaten Mai und Juni. Unter den hier wachsenden Pflanzen befindet sich unter anderem die gelb blühende Mittelmeer-Strohblume, heiss begehrt bei Parfumherstellern. Ebenso typisch die Myrte. Besonders beliebt in flüssiger Form als Likörspezialität. Die offene Buschlandschaft, die salzige Luft und die wunderschönen Sandstrände machen die Wanderung zu einem besonderen Erlebnis.
In den Rucksack gehört da nebst genügend Wasser auch das Badezeug. Hier reiht sich nämliche eine einsame Traumbucht an die Nächste. Eine Wanderung, die sowohl für Einsteiger auch als auch Wanderexperten geeignet ist. Den Ausgangspunkt in Sant’Ambrogio erreicht man mit dem „feurigen Elias“. Der Küstenzug tuckert in gemächlichem Tempo durch die Küstenlandschaft bis nach Ile Rousse.
Wohlverdiente Strandzeit
In Calvi gibt’s den Fünfer und das Weggli – Strandferien in den Bergen. Was gibt’s Schöneres als nach einem schweisstreibenden Tag in der Balagne, den Nachmittag am Strand ausklingen zu lassen? Der breite Sandstrand ist öffentlich zugänglich. Schattenplätze sind spärlich und begehrt. Es besteht aber die Möglichkeit, einen Liegestuhl inklusive Sonnenschirm zu mieten. Die Füsse im Sand vergraben, Sandburgen bauen, ein spannendes Buch lesen und dem sanften Meeresrauschen lauschen. Zwischendurch wird die Ferienidylle vom lauten Dröhnen der Jetskis jäh durchbrochen. Vor neun Jahren gab’s die noch nicht. Jänu.
Calvi – Zitadellenstadt mit Flair
Vom Feriendorf nach Calvi dauert es zu Fuss rund 20 Minuten. Dabei kann man entweder dem Strand entlangspazieren, den zum Bahngleis parallel verlaufenden Holzsteg nehmen oder der Hauptstrasse entlang in die Innenstadt marschieren. Die viertgrösste Stadt Korsikas trumpft mit einer malerischen Hafenanlage und der mächtigen Zitadelle, die von weit her sichtbar ist. Für einen 360-Grad Blick über die Bucht und die dahinterliegenden steil ansteigenden Bergkuppen, begibt man sich zuerst am besten hinauf zur Zitadelle. Hier oben befindet sich angeblich auch das Grundstück, wo Christoph Kolumbus zur Welt gekommen ist. Wie viel Wahrheitsgehalt in dieser Legende steckt, ist nach wie vor unklar. Zu dieser Zeit war Calvi zwar genuesisch – und Kolumbus wäre als gebürtiger Calvese ein Genueser – doch es gibt noch weitere Städte im Mittelmeerraum, die sich als Geburtsort des Entdeckers Amerikas profilieren möchten.
Genussvolle korsische Küche
Nach dem schweisstreibenden Aufstieg zur Zitadelle hat man sich eine kühle Erfrischung am Hafen von Calvi verdient. Gleich dahinter liegen die «Shopping-Gässchen“. Zwischen den üblichen Touristenläden versteckt sich ein Eldorado für Feinschmecker. Das korsische Spezialitätengeschäft Annie Traiteur hat von der Wildschweinwurst über Ziegenkäse bis hin zur Kastanienkonfitüre allerlei Köstlichkeiten der Insel im Angebot.
Und wenn der knurrende Magen langsam nach einer Mahlzeit schreit, dann kann ich euch einen Abstecher zum Restaurant U Fanale (Quartier Mozello, Route de Porto) empfehlen. Es liegt etwas ausserhalb des Zentrums tischt dafür aber fantastische Gerichte inklusive Blick auf den Sonnenuntergang auf. Das Beste: hier essen die Einheimischen.
Zu dieser Reise wurde ich vom Korsika Spezialist Rhomberg-Reisen eingeladen. Vielen Dank hierfür! – Meine Leser dürfen wie immer sicher sein, dass ich stets meine Ansichten und Begeisterung vertrete.
Bei diesen wunderschönen Bildern fällt mir nur eines ein: «WOOOOWWW!!!»
Dankeschön!!! :)
Liebe Anita,
ganz wunderbare Bilder sind das. Ganz herrlich und treffen meinen Geschmack.
Eine kleine Frage: Mein Freund und ich wollen Anfang/Mitte Juni in die Balagne.
Calvi scheint wunderschön zu sein, wir sind allerdings sehr ruhebedürftig und trauen uns nicht, eine Unterkunft direkt in Calvi zu buchen.
Entsprechen denn die umliegenden Regionen gerade auch in Richtung Osten eher unserem Wunsch? Z. B. Spelancato? Wir werden mobil sein und direkte Strandlage ist uns nicht so wichtig.
Danke für eine kleine Rückinfo.
Debbie
Liebe Debbie besten Dank für deinen Kommentar. Calvi ist im Juni allgemein noch sehr ruhig – wenn euch aber Ruhe besonders wichtig ist, dann fahrt ihr mit einer Unterkunft in den kleinen Ortschaften in der hügligen Balagne richtig. Ich weiss aber leider nicht, wie das Angebot an Unterkünften in Speloncato aussieht.