Bevor ihr jetzt die Hände über euren Köpfen zerschlagt und dabei denkt „jesses, 24 Stunden reichen doch nie und nimmer, um Marrakesch zu besichtigen“ eins vorweg: Selbstverständlich reichen 24 Stunden nicht, um all die Facetten der heimlichen Hauptstadt Marokkos zu erleben. Und selbstverständlich könnte man in einem einzigen der unzähligen Souks einen ganzen Tag vertrödeln. 24 Stunden reichen aber, um einen ersten Einblick in die Stadt zu erhalten, die nämlich – abstrahiert man mal das Gewusel aller Verkehrsteilnehmer – einen kompakten Stadtkern bildet, in dem man alle klassischen Sehenswürdigkeiten gut zu Fuss erreicht.
Seid ihr bereit, für eine Tour durch den faszinierenden Schmelztiegel von fernöstlichen und westlichen Kulturen und Gebräuchen? Auf geht’s!
9.00 – Palast-Hopping in Marrakesch
All die Märchen rund um 1001 Nacht haben einen wahren Kern. Noch heute gibt es nebst dem königlichen Palast zahlreiche Prachtsbauten, die an die prunkvollen Zeiten erinnern.
Bahia Palast
Ein solcher Prachtsbau ist der Bahia Palast mit einer beeindruckenden Grundfläche von 8.000 m². Der Komplex setzt sich aus über 160 Räumen, unzähligen Patios und lauschigen Riads zusammen. Die Liebe zum Detail springt einem an jedem Eck ins Auge. Eine sehr beliebte Sehenswürdigkeit, die man sich – wenn man Pech hat – mit zahlreichen Touristengruppen teilen muss. (Eintrittspreis 10 DH)
El-Badi Palast
Weit weniger Touristen sind im El-Badi Palast anzutreffen. Obwohl nur noch Ruinen erhalten sind, ist der Bau, der von Sultan Ahmed el-Mansour erstellt worden war, rein aufgrund seiner gewaltigen Dimensionen ein beeindruckender Ort. Hier sind übrigens auch zahlreiche Störche und ihre Nester zu beobachten und es gibt die Möglichkeit, von einem der Türme die tolle Fernsicht über das rote Häusermeer der Altstadt bis zum Atlas zu bestaunen. (Eintrittspreis 10 DH)
Saadier Gräber
„Wo wollt ihr hin?“
„Zu den Gräbern der Saadier.“
„Ach, die haben dort aber gerade Siesta. Kommt doch mit mir auf den Berber-Markt!“
Nun, wenn wir genügend Zeit gehabt hätten, dann wären wir dem jungen Herrn, der angeblich für seine Mutter Arganöl auf dem Berber-Markt kaufen wollte, gefolgt. Da wir aber keine Zeit dafür hatten, peilten wir trotz der Siesta-Warnung das Mausoleum, wo vier Sultane und ihre Angehörige aus dem 16. Jahrhundert ruhen, an. Und oha! Was für eine Überraschung. Die Saadier Gräber sind durchgehend für Touristen geöffnet. Nichts mit Siesta. Unser Fazit: knapp einer Touristenfalle entronnen.
11.00 – Durch die Medina von Marrakesch
Eine hohe, rote Mauer umgibt die Medina, den Altstadtkern von Marrakesch. Ruhe ist hier drin ein rares Gut. Bewegt man sich auf den Hauptgassen, wird man auf Schritt und Tritt von Mopedgeknatter begleitet. Auch sonst ist überall was los. Laut rufende Markthändler, Touristen, Fahrradfahrer, lotterige Eselkarren, Pferdekutschen – ein buntes Gewusel. Da hilft nur eins: sich darauf einlassen, nicht den Strassennamen folgen (die sind sowieso meistens falsch) und auch die ruhigeren Seitengässchen erkunden (und dabei öfters in Sackgassen landen). Im Notfall gibt es zwischendurch immer wieder riesengrosse Wandbeschriftungen, die einem in Richtung Hotspots lotsen. Auch wenn die verwinkelten Gassen auf der Karte auf den ersten Blick systematisch kaum einzuordnen sind und wie ein undurchdringbares Wirrwarr erscheinen, haben wir uns erstaunlich gut zurecht gefunden.
13.00 – Pause über den Souks von Marrakesch
Terrasse des Epices – 15, Souk Cherifia
Das bunte Treiben lässt aber jeden zwischendurch mal nach einer kurzen Verschnaufpause japsen. Zahlreiche Dachterrassen bilden direkt über den geschäftigen Souks Ruheoasen. Perfekt, für eine kleine Stärkung und eine Siesta. Die Terrasse des Epices bietet nicht nur ein stilvolles Ambiente und eine tolle Aussicht, sondern auch gute, traditionelle Küche. Wir haben ein Tajine mit Rindsfleisch und einen Salat mit Grillgemüse bestellt (260 DH) – lecker!
15.00 – Orientalische Einblicke
Medersa Ben Youssef
Die Koranschule Medersa Ben Youssef gehörte einst zu den mächtigsten Orten der islamischen Welt. Heute ist der Eingang schwer zu finden. Uns begegnen einige herumirrende Touristen, die schlichtweg daran scheitern, die richtige Abzweigung zu erwischen. Die Suche lohnt sich aber. Die Architektur mit den aufwendigen Mosaiken, Stuckarbeiten, Fresken und Schnitzereien ist etwas vom Schönsten, was es in Marrakesch zu sehen gibt. (Eintrittspreis 50 DH)
Die Medina ist in einen südlichen und nördlichen Teil unterteilt. Die meisten klassischen Sehenswürdigkeiten befinden sich im südlichen Teil. Der nördliche Teil bietet hinter dem beeindruckenden Ben Youssef Komplex Einblicke in traditionellere Gassen. Wobei hier auch die Gefahr besteht, dass man eher einmal in brenzlige Situationen kommt – wir wurden beispielsweise auf der Suche nach dem Souk el Khemis um 100 DH „abgeknöpft“.
17.00 – Marrakesch in Bildern
In der Nähe der Ben Youssef Moschee befindet sich das Maison de la Photographie, das ebenfalls eine dieser willkommenen Ruheoasen in der Altstadt bildet. Im hübsch renovierten Riad werden wechselnde Fotografische Werke aus Marokko ausgestellt.
19.00 – Hippes Guéliz
Ab all den orientalischen Eindrücken innerhalb der Medina vergisst manch einer, dass es in Marrakesch auch einen interessanten modernen Stadtteil ausserhalb der Altstadtmauern gibt. Das lebhafte Quartier Guéliz schliesst an die Avenue Mohammed V an und überrascht uns mit Zara und McDonald‘s – um die Klischees zu nennen. Der Stadtteil lädt aber auch mit unzähligen Cafés und Restaurant zum Flanieren und Verweilen ein.
Le Grand Café de la Poste – Place du 16 Novembre
In einem der ältesten Gebäude dieses Stadtteils, gebaut 1925, befindet sich das Restaurant Le Grand Café de la Poste. Mit einer gekonnt in Szene gesetzten Einrichtung, die an die Kolonialzeit erinnert, und einem perfekten Service eine empfehlenswerte Location für ein Kontrastprogramm nach einem Tag gefüllt mit uralten Palästen und historischen Geschichten.
Wem im Sinne von „wenn schon denn schon“ nicht nach Kontrast ist, dem empfehle ich stattdessen im romantischen Riad des Maison Arabe (1, Derb Assehbé) ein traditionelles Nachtessen zu geniessen. Einmaliges Ambiente, das das Märchen von tausendundeiner Nacht wahr werden lässt.
Hinweis: Meine Reise nach Marrakesch wurde von La Mamounia unterstützt – Vielen Dank hierfür. Meine Leser dürfen wie immer sicher sein, dass ich hier stets meine Ansichten und Begeisterung vertrete.
Unglaublich, liebe Anita, dass Steine wie Gardinen aussehen können…
Jedenfalls danke dir für die Einstimmung! Jetzt freu ich mich noch mehr auf November.
Liebe Grüße, Elke
P.S.: Abgeknöpft? Mit welcher Methode?
Danke dir Elke, es wird dir gefallen :)
Abgeknöpft insofern, als dass uns einige Typen folgten – wahrscheinlich weil wir etwas «verloren» gewirkt haben. Als wir dann im gleichen Moment, wo sie in eine Richtung zeigten, etwas fotografierten, bedrängten sie uns so lange, bis wir ihnen Geld gaben.
Wieder mal unfassbar tolle Fotos, Anita! Wir hatten auch nur 48 Stunden in Marrakesch und ich würde es jederzeit wieder machen! Danke auch für die Erwähnung :-) Liebe Grüße, Jana
Gut, wir waren insgesamt volle drei Tage in Marrakesch – zum Glück :) – aber es lohnt sich auf alle Fälle ein, zwei Tage in Marrakesch zu stoppen, bevor man beispielsweise in den Atlas fährt… und klar doch! Wir sind dank deinem Beitrag auf das Museum aufmerksam geworden.
haha schöner Post. Uns wollten sie von den Saadiner Gräbern vorher erst zu einer Berber Apotheke schicken. Aber auch wir sind direkt zu den Gräbern und haben vermutlich alles richtig gemacht :)
:D ich sag dazu nur: «Schlingel» ;)
Wirklich strammes Programm, aber doch einiges geschafft.
Wie schön, dass du trotzdem Zeit für die vielen schönen Detailfotos hattest :)
Die Zeit für Detailfotos nehmen wir uns immer :D
Hach, wie schön!
Wirklich schade, dass es nur 24h waren, aber ich denke ihr habt eine Menge «mitgenommen». Während unseren 2,5 Tagen sind wir meistens nur durch den Souk gestromert. ^__^ Und dennoch fand ich sie einfach nur genial. (Ich hoffe du hast meine Posts gesehen. ;D)
Liebe Grüße
Christina
Klar habe ich deine Posts gesehen :) und wir waren ja zum Glück nicht nur «24 Stunden» sondern volle drei Tage vor Ort (der Titel ist etwas irreführend ;))
Wir waren dieses Jahr auch in Marokko – auch u.a. in Marrakesch. Und wenn ich den Vergleich zu den anderen atemberaubenden Städten und Gegenden ziehe, ist Marrakesch auf dem letzten Platz – leider. Fés ist eine tolle Stadt, Essaouira ebenfalls und erst die Wüste. :) In Marrakesch wird man viel zu oft als «wandelnde Dollar-Note» betrachtet. Ständig muss man Einheimisse abwimmeln, die einem den Weg zeigen wollen, was sich dann aber auch noch als falsch herausstellt. Und verübeln kann man es ihnen auch nicht- die Jugendarbeitslosigkeit ist dort sehr hoch. Ich würde lieber mehr Zeit in der Sahara (Merzouga) als in Marrakesch verbringen oder mit dem Mietwagen durch den Hohen Atlas fahren. Marokko hat sehr viel zu bieten und daher sollte man nicht zu viel Zeit in Marrakesch «vertrödeln» :)
Viele Grüße Myriam
Liebe Myriam auf jeden Fall hat Marokko noch ganz viele tolle Landschaften und Städte zu bieten. Ich möchte zum Beispiel unbedingt einmal nach Chefchaouen. Trotzdem finde ich nicht, dass man seine Zeit in Marrakesch «vertrödelt» wenn man etwas länger bleibt. Die Stadt bietet extrem viel. Ich war übrigens sehr positiv überrascht, wie wenig wir als «wandelnde Dollar-Note» betrachtet wurden und während den drei Tagen vor Ort nur zweimal (wie im Beitrag erwähnt) «angehauen» wurden.
So wunderschöne, stimmungsvolle Bilder – da meine ich gleich schon wieder die Sonne auf der Haut zu spüren. Hast Du es in den weiteren 48h noch in den Jardin Majorelle geschafft? Einer meiner absoluten Lieblingsplätze in der Stadt – und eine Verkörperung des von Dir so schnön beschriebenen Schmelztiegels von West und Ost
Danke und genau, wir waren auch im Jardin Majorelle (Die Bilder dazu gibt’s hier http://www.travelita.ch/jardin-majorelle-bezaubernde-stadtoase/)