„Huch, da biegt ja nochmals ein Weg ab“, rufe ich erstaunt und frage mich, ob mich der rechte oder linke Weg ans Ziel bringt. Der Freund ist inzwischen auch etwas missmutig. Er stapft mit den Sonntagsschuhen durch den feuchten Waldboden. Macht auch Sinn, denn wir wollten eigentlich auf ein Schloss. Das Schloss ist aber noch ausser Sichtweite, um uns herum ist nur fröhliches Vogelgezwitscher und das leise Blätterrauschen der Baumriesen zu hören.
Dabei hatten wir das Schloss ja eigentlich schon erspäht. Unser erster Stopp auf der Zeitreise durch die Schweiz hat uns nach Staad bei Rorschach geführt. Da der Bahnhof beim Hafen liegt, haben wir gleich nach der Ankunft noch die Abendstimmung am Bodensee genossen. Dort unten entdecken wir das Schloss Wartegg aus der Ferne. Kaspar von Wartensee, Vogt in Arbon erbaute das Schloss Wartegg 1557. Während 450 Jahren wurde es von Adelsträgern als Wohnort und Refugium genutzt. Zuletzt von Österreichs letzter Kaiserin Zita. Ihr Gatte, Karl, wurde mit „Grüezi, Herr Kaiser“ von den Nachbarn gegrüsst.
Grüne Oase
Das Schloss ist umgeben von einem Englischen Park, der um 1860 angelegt wurde und heute mit über 13 Hektaren einer der grössten Schlossparks der Schweiz und ein Kulturgut nationaler Bedeutung ist. Wüsste man es nicht, könnte man meinen, man sei im Wald. Und genauso fühlen wir uns nun. Aus der Ferne wirkt der Weg zum Schlosshügel wie ein Katzensprung. Kaum haben wir das Tor zum Park durchschritten, haben wir nicht nur den Alltag hinter uns gelassen, sondern auch die Orientierung verloren. Der Landschaftsarchitekt hat hier ein kleines Meisterwerk vollbracht und die Wege so angelegt, dass sie wie aus dem Nichts auftauchen, sich teilen, neu verzweigen und so eine Weitläufigkeit suggerieren, die es in dieser Form eigentlich gar nicht gibt.
Vom Dornröschenschlaf erwacht
Zwei Abzweigungen später haben wir das Schloss Wartegg plötzlich wieder im Blickfeld. Heute benötigen die Gäste hier keinen Adelstitel mehr zum Übernachten. Das Schloss wurde von der Familie Mijnssen zu neuem Leben erweckt und 1998 als Hotel, Restaurant und Veranstaltungsort neu eröffnet. Das Schloss strahlt eine zurückhaltende Eleganz aus. Prunk sucht man hier vergeblich. Historische und neue Elemente fliessen sanft ineinander über. Hinter der Fassade wurde eine wohnliche und individuelle Atmosphäre geschaffen, die anders als man vielleicht erwartet, überhaupt keine verstaubten oder gar museumsmässigen Eindruck erweckt. Hier wird gelebt, und zwar im Hier und Jetzt.
Unser Zimmer weist in seiner Schlichtheit schon fast klösterliche Züge auf. Nicht weiter schlimm, so wird man nicht durch unnötige Details von der tollen Aussicht über den Bodensee abgelenkt.
Nachhaltigkeit und biologische Produktion sind wichtige Bestandteile der Philosophie des Schlosshotels Wartegg. Es nennt sich «das Bio-Schlosshotel am Bodensee». Bei der Renovation wurde viel Wert auf die Verwendung von natürlichen Materialien gelegt. Zudem wurde hinter dem Schloss ein grosser Garten angelegt. Hier wachsen auf einer Fläche von rund 2‘500 m2 seltene Kräuter, Gemüse, Beeren und Blumen. Das hier ist auch Sandro Zimmermanns Reich. Wir treffen den Küchenchef höchstpersönlich beim Schneiden frischer Kräuter an. Was hier gedeiht, wird nämlich direkt im Restaurant verwendet.
Slow Food im Schlosshotel Wartegg
Uns knurrt nun langsam der Magen. Es wäre auch jammerschade, hätten wir keinen Hunger. Für die schöne Terrasse mit Parkblick ist es leider noch etwas zu kühl. Die Speisekarte beinhaltet auffällig viele vegetarische und vegane Gerichte. Es wird auch darauf hingewiesen, dass alle Produkte aus biologischem oder biologisch-dynamischen Anbau stammen.
Ich starte mit der „Vierzehn“ – bestehend aus Blätter, Topinamburpüree, Süsskartoffel und Sellerie-Chips (12 CHF). Tönt gesund, schmeckt lecker, passt! Das darauffolgende Duett vom Angus-Rind (42 CHF) wird hübsch präsentiert und ist eine wahre Gaumenfreude. Zum Schluss kann ich dem verlockend klingenden Rhabarbar-Törtli mit Sauerrahm-Sorbet (11.50 CHF) nicht widerstehen. Zum Glück!
Nach dem Abendessen besuchen wir noch ein besonderes Juwel, das sich ganz bescheiden hinter einer schlichten Holztüre versteckt. Hier befindet sich das 1928 erbaute Türkische Bad mit freiem Blick auf die Baumriesen des Parks. Das Bad steht am Morgen den Hotelgästen zur Verfügung. Man kann es auch exklusiv mieten.
Und danach ist für uns Bettzeit. Schliesslich müssen wir am nächsten Tag fit sein, für die zweite Etappe der Zeitreise. Und wo schläft es sich besser als sanft gebettet in einem Schloss, wo schon die Kaiserin genächtigt hat?
Infos und Tipps rund um das Bio-Schlosshotel Wartegg
- Erstes Swiss Historic Hotel in der Ostschweiz
- Doppelzimmer Hauptsaison ab 265 CHF/Nacht
- Im Schlosshotel finden zahlreiche kulturelle Veranstaltungen statt
- ab Bahnhof Staad in 7 Minuten zu Fuss erreichbar
- Ausflugsziel in der Nähe: Markthalle Altenrhein, ein Architekturprojekt von Hundertwasser
Hinweis: Meine Zeitreise wurde von Schweiz Tourismus und Swiss Historic Hotels unterstützt. Meine Leser dürfen wie immer sicher sein, dass ich stets meine Ansichten und Begeisterung vertrete.
Das sieht ja himmlisch aus! Da würde man ja am liebsten gleich Urlaub machen =D
Viele Grüße
Fiona
Kann ich auf jeden Fall empfehlen :D
Wow das Treppengeländer. Die Gegend ist wirklich sehr grün, verziert mit bunten Blumen :) Schöner Ort
Ich finde das Treppengeländer auch super :)