Bevor der diesjährige Bergsommer mit neuen grossartigen Mehrtageswanderungen aufwartet, wollen zunächst die Hüttentouren der letzten Saison vollständig dokumentiert sein. Neben unseren bereits verbloggten Touren in den Kantonen Graubünden, Uri und Tessin verbrachten wir auch wieder einmal ein paar Wandertage im Unterwallis. In drei aussichtsreichen Etappen wanderten wir hauptsächlich dem Alpenpässe-Weg folgend von Verbier bis nach Bourg-St-Pierre an der Passstrasse des Grossen Sankt Bernhards. Eine sportliche 3-Tages-Wanderung, die definitiv nicht mit Highlights geizt!
1. Wandertag: detour über den Sentiers des Chamois
Genau ein Jahr nach unserer gemeinsamen Wanderung auf dem Alpenpässe-Weg vom Bleniotal in die Leventina treffen wir uns mit meinen Eltern am Bahnhof Martigny. Die Wetterprognosen sind einmal mehr verheissungsvoll und wir dementsprechend voller Motivation, für drei weitere unvergessliche Wandertage. Von Martigny geht’s zuerst mit dem Zug und dann mit zwei Gondelbahnen weiter, bis wir die Bergstation Croix-des-Ruinettes hoch über Verbier erreichen.
Hier starten wir unsere erste Wanderetappe, auf der wir dem Sentier des Chamois folgend bis nach Fionnay wandern werden. Doch bevor wir losmarschieren, gibt’s zuerst den obligaten Startkaffee und selbstverständlich will auch das fantastische Panorama ausgiebig bewundert werden. Dieses begleitet uns auf den nächsten 14 Kilometer praktisch auf Schritt und Tritt! Besonders eindrücklich: Das schneebedeckte Massiv des Grand Combin, das meinen Blick magisch anzieht. Diesem werden wir am nächsten Tag noch bedeutend näherkommen.
Der Einstieg wird einem auf dieser Tour leicht gemacht. Die erste Stunde folgen wir der Bisse de Levron ohne nennenswerte Steigungen bis zur Alpage la Chaux. Hier wechselt die Markierung von Wander- auf Bergweg und der Pfad wird schmaler und steiniger. Wir befinden uns nun auf dem Sentier des Chamois, der bald einmal steil anzusteigen beginnt und uns im Zickzack über alpines Terrain bis auf 2’648 m ü. M. hoch führt. Trittsicherheit und Schwindelfreiheit sind hier von Vorteil – und ich kann mir gut vorstellen, dass sich Gämse und Steinböcke in diesem ausgesetzten Gelände pudelwohl fühlen. An diesem heissen Sommertag scheinen sie sich aber an schattigere Plätze zurückgezogen zu haben. Selbst den Murmeltieren ist es zu warm.
Auf dem höchsten Punkt der Tour – dem Col Termin – erwartet uns eine fantastische Aussicht ins Naturschutzgebiet des Haut Val de Bagnes und den tief unter uns glitzernden Louvie-See.
Genau dorthin steigen wir nun über einen nicht minder eindrucksvollen Pfad ab. Beim Lac de Louvie treffen wir zum ersten Mal auf den Alpenpässe-Weg. Dieser kommt von der Cabane de Prafleuri und führt danach hoch über dem Talboden von der Cabane de Louvie weiter bis nach Mauvoisin. Da wir nur drei und nicht vier Tage Zeit mitbringen, gibt’s für uns in der Cabane de Louvie lediglich einen kurzen Zwischenstopp für ein wohlverdientes kühles Softgetränk und ein Stück Aprikosenkuchen; dies gefolgt von einem steilen Abstieg nach Fionnay, wo wir die verbleibende Strecke bis nach Mauvoisin mithilfe des Postautos zurücklegen.
Der erste Wandertag endet im Hotel de Mauvoisin, wo wir in nostalgischen, sehr gemütlichen Zweibettzimmern übernachten.
Eckdaten der Wanderung Verbier – Cabane de Louvie – Fionnay
Nachfolgender Karte könnt ihr den Routenverlauf der Wanderung von Verbier über den Col Termin zur Cabane de Louvie und weiter nach Fionnay entnehmen. Es handelt sich mit Ausnahme der ersten 2.5 Kilometer entlang der Bisse de Levron um einen weiss-rot-weiss markierten Bergwanderweg der Schwierigkeitsstufe T2/T3. Parallel zur Bisse de Levon verläuft der hindernisfrei Chemin des Ruinettes. Dieser könnte auch problemlos mit Kinderwagen begangen werden. Der Aufstieg zum Col Termin ist teilweise ausgesetzt – ebenso der Abstieg zum Lac de Louvie. Hier sind Schwindelfreiheit und Trittsicherheit wie auch gutes Schuhwerk gefragt. Beim Abstieg können zudem Stöcke von Vorteil sein.
Ausgangspunkt | Bergstation Luftseilbahn Croix-des-Ruinettes (2’191 m ü. M.) |
Erreichbarkeit | Mit dem öffentlichen Verkehr erreichbar |
Länge | 14,2 Kilometer |
Höhenmeter | ↗ 744 m ↘ 1’445 m |
Dauer | 5:30 h (ohne Pausen) |
Zielort | Bushaltestelle Fionnay (1’491 m ü. M.) |
Einkehrmöglichkeit | Cabane de Louvie |
2. Wandertag: von Mauvoisin zur Cabane Brunet (Alpenpässe-Weg, Etappe 31)
Nach einer herrlich ruhigen Nacht starten wir am nächsten Morgen zeitig in den zweiten Wandertag. Heute folgen wir der 31. Etappe des Alpenpässe-Wegs von Mauvoisin über den Col des Otanes bis zur Cabane Brunet. Die ersten knapp drei Stunden kennt der Weg nur eine Richtung: Bergauf! Schritt für Schritt überwinden wir die gut 1’000 Höhenmeter hinauf zum höchsten Punkt dieser Etappe. Dabei legen wir auch die eine oder andere Verschnaufpause ein und geniessen die Aussicht auf den türkis schimmernden Lac de Mauvoisin und den majestätischen Mont Fort.
So richtig spektakulär wird es aber auf dem Col des Otanes. Hier öffnet sich uns ein unvergleichlicher Blick auf den vom Massiv des Grand Combin umrahmten Corbassière-Gletscher. Ja – da hat sich die Anstrengung definitiv gelohnt! Ist dieser Höhepunkt erreicht, ist es auch nicht mehr allzu weit bis zur Cabane FXB-Panossière. Hier gönnen wir uns zur Stärkung für die noch folgenden sieben Kilometer bis zum Tagesziel eine Suppe.
Auch die verbleibende Strecke bis zur Cabane Brunet hält nochmals Nervenkitzel bereit – zum Beispiel beim Überqueren der Gletschermoräne auf einer 190 Meter langen Hängebrücke in luftigen 70 Meter Höhe. Ist diese überwunden, wird die Landschaft wieder lieblicher und grüner. Ich finde dieses Wegstück, das der Westflanke des Bagnestals entlang und über den Torrent de Sery bis zur Cabane Brunet führt, besonders reizvoll.
In der Cabane Brunet werden wir in ein gemütliches 4-Bett-Zimmer einquartiert. Die letzten Sonnenstrahlen des Tages geniessen wir draussen vor der Hütte mit einem Apéroplättli und erfreuen uns ab der Aussicht übers Val de Bagnes bis zu den Dents du Midi. Was für ein krönender Abschluss dieses zweiten Wandertages!
Eckdaten der Wanderung Mauvoisin – Cabane FXB Panossière – Cabane Brunet
Nachfolgender Karte könnt ihr den Routenverlauf der Wanderung von Mauvoisin über den Col des Otanes bis zur Cabane Brunet entnehmen. Es handelt sich durchgehend um einen weiss-rot-weiss markierten Bergwanderweg der Schwierigkeitsstufe T2/T3. Teilweise führt der Wanderweg durch Stein-/Geröllfelder – er ist aber durchgehend gut markiert. Der Col des Otanes befindet sich auf 2’846 Meter über Meer. In diesen Höhenlagen kann bis weit in den Sommer hinein Schnee liegen, was bei der Tourenplanung (Ausrüstung) zu beachten ist. Der Aufstieg ist zudem konditionell fordernd.
Ausgangspunkt | Bushaltestelle Mauvoisin (1’841 m ü. M.) |
Erreichbarkeit | Ausgangspunkt mit dem öffentlichen Verkehr erreichbar / Cabane Brunet über Strasse erschlossen |
Länge | 13.8 Kilometer |
Höhenmeter | ↗ 1’239 m ↘ 979 m |
Dauer | 5:45 h |
Zielort | Cabane Brunet (2’102 m ü. M.) |
Einkehrmöglichkeit | Cabane FXB Panossière |
3. Wandertag: von der Cabane Brunet nach Bourg-St-Pierre (Alpenpässe-Weg, Etappe 32)
Auch der dritte Wandertag wartet mit blauem Himmel und einer perfekten Fernsicht auf. Heute folgen wir dem Alpenpässe-Weg weiter über den Col de Mille ins Val d’Entremont am Fusse des Grossen Sankt Bernhard. Auf den ersten Kilometern geniessen wir den Panoramablick übers Val des Bagnes. Der Weg folgt hier in einem sanften Auf und Ab bis zur Alpage Chaux de Servay den Höhenlinien. Was uns hingegen etwas überrascht, ist die Wegbeschaffenheit – für dass der Wanderweg auf diesem Abschnitt gelb markiert ist, hält er einige grössere Steinblöcke und Wurzelstöcke bereit und ist keinesfalls ein langweilig, gerade verlaufender chaussierter Pfad.
Der vergleichsweise kurze, aber knackige Aufstieg zum Col de Mille startet nach der Alpage. Bei uns kommt erschwerend dazu, dass wir ausgerechnet während des E-Bike-Festivals vor Ort sind und die Organisatoren die grandiose Idee hatten, über den Wanderweg die Mont-Blanc E-Tour zu führen. Und was soll ich sagen: Ein steiler Passaufstieg, bei dem du alle 30 Sekunden einem E-Bike-Fahrer aus dem Weg hechten musst (und links und rechts des Weges de facto keine Ausweichmöglichkeiten hast), ist alles andere als spassig.
Immerhin vermag uns die Kulisse auf 2’473 Meter Höhe am Fusse des Mont Rogneux zu besänftigen. Die Weitsicht auf das Mont Blanc Massiv ist gigantisch. Vor dem langen Abstieg nach Bourg-St-Pierre stärken wir uns in der Cabane de Mille mit Suppe und Kuchen. Danach ist etwas Durchhaltewille gefragt – der Wanderweg schlängelt sich nämlich über Alpweiden über tausend Höhenmeter bis ins Val d’Entremont bergab.
Eckdaten der Wanderung Cabane Brunet – Col de Mille – Bourg-St-Pierre
Nachfolgender Karte könnt ihr den Routenverlauf der Wanderung von der Cabane Brunet über den Col de Mille nach Bourg-St-Pierre entnehmen. Die ersten rund sechs Kilometer verlaufen über einen gelb markierten Wanderweg. Wegtechnisch würde ich diesen aber eher als weiss-rot-weiss markierten Bergwanderweg (T2) einstufen und nicht empfehlen, ihn mit Turnschuhen zu begehen. Der Abschnitt über den Col de Mille bis zur Alpage Boveire d’en Bas ist dann effektiv als weiss-rot-weiss markierten Bergwanderweg ausgeschildert (Schwierigkeitsstufe T2/T3). Die letzten knapp fünf Kilometer verlaufen dann über eine gelb markierte Forststrasse (breiter Kiesweg). Diese Etappe ist von der Wegbeschaffenheit deutlich weniger alpin als die zwei ersten Etappen. Mit einer Länge von 19 Kilometer erfordert sie aber eine entsprechende Grundkondition.
Ausgangspunkt | Cabane Brunet (2’102 m ü. M.) |
Erreichbarkeit | Cabane Brunet über Strasse erschlossen / Zielort mit dem öffentlichen Verkehr erreichbar |
Länge | 19,3 Kilometer |
Höhenmeter | ↗ 906 m ↘ 1’386 m |
Dauer | 6:15 h |
Zielort | Bushaltestelle Bourg-St-Pierre, Commune (1’632 m ü. M.) |
Einkehrmöglichkeit | Cabane de Mille |
Praktische Tipps für deine Wanderung auf dem Alpenpässe-Weg
- Da diese Mehrtageswanderung in Höhenlagen bis fast 2’900 Meter über Meer führt, empfiehlt sich eine Tour ab Mitte Juli bis Mitte September. Je nach Winter können an den Nordhängen noch länger Schneefelder liegen bleiben.
- In der Cabane de Louvie und im Hotel de Mauvoisin startet die Sommersaison Ende Mai.
- Im Hotel des Mauvoisin (Zielort des ersten Wandertages, Online-Reservation möglich) gibt es sowohl Mehrbettzimmer (dortoirs) wie auch Einzel-, Doppel- und Dreibettzimmer mit Etagen-WCs/Duschen. Für die Übernachtung in einem Doppelzimmer zahlt man 150 CHF. Die Halbpension (Abendessen und Frühstück) kostet 30 CHF pro Person.
- In der Cabane FXB-Panossière startet die Sommersaison Ende Juni und dauert bis Ende September. Die Tageskarte wird von 12:00 Uhr bis 14:30 Uhr serviert (wer vor 12:00 Uhr kommt, bekommt nichts Warmes zu essen).
- Die Cabane Brunet (Zielort des zweiten Wandertages, Online-Reservation möglich) startet Mitte Juni in die Sommersaison. Die Übernachtung inkl. Halbpension kostet für Erwachsene 80 CHF. Im Sommer ist die Cabane Brunet über eine Strasse erreichbar und ist damit auch bei Familien bei Kindern sehr beliebt.
- Die Cabane de Mille startet die Sommersaison gegen Ende Juni.
- Von Bourg-St-Pierre aus bestehen Postautoverbindungen Richtung Martigny. Konsultiert im Vorfeld der Tour den Fahrplan, um lange Wartezeiten zu vermeiden.
- Falls die Zeit für eine 3-Tages-Wanderung fehlt, kann die erste Etappe auch gut als Tageswanderung (Rückreise von Fionnay aus nach Martigny) und/oder Etappe zwei und drei in Form einer Zweitageswanderung umgesetzt werden.
Weitere Wandertipps fürs Unterwallis
Wir haben in den vergangenen Jahren weitere richtig tolle Mehrtageswanderungen und Tagestouren im Unterwallis unternommen. Nachfolgend sind unsere Favoriten verlinkt:
- Die Tour du Saint-Bernard schliesst nahtlos an dieser Wanderung an und führt von Bourg-St-Pierre über zwei weitere Etappen (33 und 34) des Alpenpässe-Weges nach La Fouly.
- Die Tour des Dents du Midi ist eine weitere empfehlenswerte Mehrtageswanderung in der Region.
- Wahlweise als Tagestour oder als Mehrtageswanderung lassen sich diese Wandertipps rund um Champex-Lac absolvieren.
- Eine wunderschön abwechslungsreiche Tagestour ins Unbekannte de Vallon de Réchy habe ich hier beschrieben.
- Eine weitere leichte Rundwanderung ist in diesem Ausflugstipp rund um den Lac d’Émosson integriert.
- Auch der Jardin Japonais bei Nendaz ist einen Abstecher wert.